Hamburg. Der Sportbetrieb in Hamburg ruht bis mindestens zum 30. April. Die Clubs drohen Einnahmen zu verlieren – und wichtige Mitarbeiter.

Wer beim AMTV Hamburg einen Fitnesskurs besuchen will, muss neuerdings zunächst den Computer einschalten. Etwa fünf Minuten vor Beginn meldet sich dann der Trainer per Skype und erklärt, was geplant ist. Auf dem Bildschirm können die Kursteilnehmer einander bei den Übungen zusehen – fast so wie in den Rahlstedter Vereinsräumlichkeiten.

Von Aerobic über Ballett, Stuhlgymnastik, Kindertanz, Ju-Jutsu bis hin zu Zumba reicht das Online-Kursangebot "Fit trotz Corona", mit dem der AMTV der Pandemie-Krise trotzt. Am Sonntag hat die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz den Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen bis zum 30. April untersagt. Sport treiben geht jetzt nur noch im öffentlichen Raum – oder eben in den eigenen vier Wänden.

Zumindest einen kleinen Teil ihrer Bewegungsangebote können Hamburgs Sportvereine dank moderner Kommunikationstechnik aufrechterhalten. Sie sind allerdings nur eine Aufgabe, die von den Clubs geleistet wird. "Unser zweiter Daseinszweck ist das Vereinsleben, die soziale Gemeinschaft", sagt Ulrich Lopatta, der Vorstandsvorsitzende des Walddörfer SV. "Für einige unserer Mitglieder ist dieser Aspekt fast wichtiger als der eigentliche Sport."

Coronavirus: Vereine sorgen sich um freiberufliche Trainer

Um den sozialen Kontakt zwischen seinen 9000 Mitgliedern nicht abreißen zu lassen, arbeitet auch der Walddörfer SV an einem Alternativangebot. Übungsleiter sollen in Whats-App-Gruppen Instruktionen geben, und dann wird virtuell gemeinsam trainiert.

Die Angebote werden allerdings kaum reichen, damit sich die vielen freiberuflichen Trainer finanziell über Wasser halten können."Wie gehen wir mit den vielen Menschen um, die von uns abhängig sind?" Für Jürgen Hitsch, den Geschäftsführer von Grün-Weiß Eimsbüttel, ist das jetzt die zentrale Frage.

Er könnte sich die Antwort einfach machen: Wer nicht arbeiten kann, kann auch nichts in Rechnung stellen. Aber das wäre zu kurz gedacht. "Wir brauchen unsere Übungsleiter ja wieder, wenn der Sportbetrieb hoffentlich bald wieder losgeht", sagt Hitsch. Kurzarbeit, Freistellungen, Überstunden abbummeln, Urlaub vorziehen: Für Hitsch, Lopatta und ihre Kollegen gilt es jetzt Lösungen zu finden, mit und von denen die Mitarbeiter leben können.

Können Mitglieder Beiträge kürzen?

Immerhin: Die meisten Vereine haben durch die Corona-Krise bislang keinen dramatischen finanziellen Einbruch zu beklagen – jedenfalls noch nicht. Ihre wichtigste Einnahmequelle sind die Mitgliedsbeiträge, eine Austrittswelle ist offenbar ausgeblieben. "Es gab bis Montag rund ein Dutzend Nachfragen wegen einer möglichen Rückerstattung", berichtet Lopatta, der auch Sprecher der Hamburger Topsportvereine ist. Verglichen damit, dass bei Beitragserhöhungen bis zu 60 Rückfragen kämen, "ist das total normal und im Rahmen".

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Auch bei Grün-Weiß Eimsbüttel hätten schon ein paar der 2800 Mitglieder angekündigt, ihre Zahlungen zu stornieren. Hitsch hofft aber auf Solidarität: "Wir sind ja kein kommerzieller Betrieb, sondern eine gemeinnützige EInrichtung." Im Übrigen dürfte es keine rechtliche Grundlage dafür geben, die Mitgliedsbeiträge einzubehalten, weil es keine vertraglich festgeschriebene Gegenleistung gibt.

Anders sieht es bei kommerziellen Anbietern wie Fitnessstudios aus: Hier müssen Kunden die Leistung während der Schließung nach Angaben von Verbraucherschützern nicht weiterbezahlen. Das Gleiche gilt aber auch für die vielen Zusatzangebote, mit denen die Vereine in den vergangenen Jahren dem Mitgliederschwund erfolgreich entgegengewirkt haben: Spezialkurse und Workshops müssen jetzt ersatzlos entfallen, die ausbleibenden Einnahmen reißen ein Loch in die Kasse. Allein beim Walddörfer SV sind 40 Angebote betroffen.

Sportvereine hoffen auf staatliche Hilfe

Und was, wenn jetzt auch die Vereinseintritte ausbleiben? "Dann hätten wir große wirtschaftliche Probleme", sagt Lopatta. Große Rückstellungen dürfen die Vereine nicht bilden, wollen sie ihre Gemeinnützigkeit nicht aufs Spiel setzen. Was auf der hohen Kante liegt, ist für konkrete Maßnahmen reserviert – und nicht für den Katastrophenfall. Zugleich müssen die Sportanlagen weiter gepflegt und finanziert werden.

Hitsch sieht hier auch die Politik in der Pflicht: "Die Vereine sind ein Kitt der Gesellschaft und leisten wichtige Arbeit auch bei der Integration. Wir wünschen uns die Unterstützung der Sportstadt Hamburg." Sportsenator Andy Grote hat die bereits am Sonntag signalisiert. Man werde "alles tun, dass Active City durch diese Zeit kommt", kündigte er bei Twitter an: "Gerade jetzt braucht es Zusammenhalt im und Solidarität mit dem Sport."

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Die nächsten Wochen werden zeigen, ob das nur Worte bleiben.

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