Münster. Fans von Münster zeigen Zivilcourage bei einem rassistischen Vorfall. Der leidtragende Spieler Kwadwo findet deutliche Worte im TV.

Mit Zivilcourage gegen Rassismus. Fans von Preußen Münster haben ein vielbeachtetes und ermutigendes Zeichen gegen die anhaltende Hetze im deutschen Fußball gesetzt. Auf die Affenlaute und Beleidigungen eines Zuschauers gegen den Gäste-Profi Leroy Kwadwo (23) reagierten sie am Freitag beim Drittliga-Spiel gegen die Würzburger Kickers nicht nur mit "Nazi raus"-Rufen. Darüber hinaus halfen sie den Ordnungskräften, den Mann ausfindig zu machen. Laut Polizei soll eine Anzeige wegen Volksverhetzung gestellt werden.

Dank dieser solidarischen Aktion empfand der in Deutschland geborene Kwadwo, dessen Eltern aus Ghana stammen, nach eigener Aussage bei aller Wut "auch schon fast eine Genugtuung". "Das hat mir geholfen, da noch ruhiger zu bleiben", sagte er im ZDF-"Sportstudio". "Die Fans haben da schon einiges an Arbeit geleistet, dafür bin ich dankbar. Wenn so etwas passiert, dass man dann im Verbund so etwas im Keim erstickt und solchen Leuten keine Chance lässt."

Würzburg wollte Platz geschlossen verlassen

Nur einen Tag nach dem Vorfall wirkte Kwadwo erstaunlich sortiert bei seinem ersten größeren TV-Auftritt. "Medial und sozial" werde schon viel gegen Rassismus unternommen, sagte Kwadwo. Als Beispiel, wie die Gesellschaft in Zukunft mit dem Thema umgehen soll, nannte er das Motto zur WM 2006: "Zu Gast bei Freunden". "Dieses Motto müssen wir jeden Tag leben und jeder Einzelne muss dafür kämpfen – egal, was für eine Hautfarbe oder Herkunft er hat."

Der Linksverteidiger erzählte zudem, dass Würzburg-Kapitän Sebastian Schuppan nach den rassistischen Beleidigungen in Münster das Spielfeld verlassen wollte. "Ich hätte das mit durchgezogen", sagte Kwadwo, der sich in Zukunft genau so ein Zeichen von den Teams wünscht – sofern die Zuschauer eben nicht mit einer so bemerkenswerten, aber auch notwendigen Zivilcourage wie in Münster reagieren.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Zuschauer beleidigt Kwadwo aufs Übelste

Schon vor seinem Auftritt im ZDF hatte sich Kwadwo in einer ausführlichen Stellungnahme zu Wort gemeldet und das Verhalten der Fans in einem Beitrag bei Instagram gelobt: "Eure Reaktion ist vorbildlich – Ihr könnt Euch gar nicht denken, was diese mir und auch allen anderen farbigen Spielern bedeutet." Am Ende seines Eintrags schrieb er zudem: "Danke für Eure Menschlichkeit."

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Nach Angaben der "Westfälischen Nachrichten" handelt es sich bei dem Zuschauer um einen 29-Jährigen aus Steinfurt. Dessen Beleidigung hatte Kwadwo "einfach nur traurig und wütend" gemacht. Wie der "Spiegel" berichtete, soll der Mann dem Spieler auch zugerufen haben: "Geh zurück in dein Loch."

"Ich habe zwar eine andere Hautfarbe, aber ich bin hier geboren", schrieb Kwadwo. Der 23-Jährige forderte ein konsequentes Handeln aller Beteiligten: "Der Fußball hat eine große Macht. Wir sollten dann alle zusammenrücken, sagen, so geht es nicht weiter, dann spielen wir nicht."

Nationalspieler Rüdiger zeigt Anteilnahme

Der deutsche Nationalspieler Antonio Rüdiger vom FC Chelsea twitterte: "Wahnsinn... und schon wieder ein Vorfall. Unfassbar. Aber Respekt vor den Reaktionen der Zuschauer." Im Dezember war Rüdiger selber Opfer von rassistischen Schmährufen einzelner Tottenham-Anhänger.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Der DFB verurteilte die Tat, lobte die Reaktionen und verwies auf das richtige Handeln von Fifa-Schiedsrichterin Katrin Rafalski. "So traurig und beschämend der rassistische Vorfall gegenüber Leroy Kwadwo" gewesen sei, "so vorbildlich waren die sofortigen Reaktionen darauf", twitterte der DFB auf seinem Account zur Dritten Liga.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Rafalski habe gemäß der Drei-Stufen-Regel der Europäischen Fußball-Union (Uefa) eine Stadiondurchsage veranlasst und versucht, Kwadwo zu beruhigen. Auf Fotos ist zu sehen, dass Kwadwo die Unparteiische aufmerksam machte und in Richtung Tribüne zeigte.

Fall Kwadwo beschäftigt die Politik

Auch aus der Politik gab es positive Reaktionen auf die Zivilcourage der Fans. "Stark von den Preussen-Fans, den rassistischen Pöbler der Polizei auszuliefern. Und so machen wir’s jetzt bitte überall in unserem Land. Beherzt eingreifen: Opfer schützen & Volksverhetzer stellen! Für Rassisten braucht’s ein Stadionverbot – überall", twitterte Cem Özdemir (Die Grünen).

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die Gastgeber entschuldigten sich sofort bei Kwadwo und den Gästen aus Würzburg. "Das ist nichts, was auf den Fußballplatz und schon gar nicht in unser Stadion gehört. Solche Leute wollen und brauchen wir hier nicht", sagte Preußen-Vereinspräsident Christoph Strässer, der von 2002 bis 2017 für die SPD im Bundestag saß und von 2014 bis 2016 Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung war.

Auch die Würzburger hoben die Reaktion von Zuschauern und Club hervor. "Das hat nirgendwo etwas verloren, das tolerieren wir als Verein nicht, und niemand in Deutschland sollte so etwas tolerieren. Wir sagen Danke an die Zuschauer, wie die Reaktion darauf war", sagte Kickers-Trainer Michael Schiele auf der Pressekonferenz.