Berlin. Nach der enttäuschenden EM soll der langjährige Erfolgscoach des THW Kiel die Nationalmannschaft zu Olympia führen.

Trainerbeben im deutschen Handball: Elf Tage nach dem Ende der EM hat der DHB am Donnerstag die Trennung von Bundestrainer Christian Prokop verkündet und den früheren Kieler Meistertrainer Alfred Gislason als Nachfolger vorgestellt. Trotz aller Treuebekenntnisse während der EM, bei der die deutsche Mannschaft das Ziel Halbfinale verfehlte und mit Platz fünf abschloss, muss Prokop zweieinhalb Jahre nach seinem Amtsantritt im Sommer 2017 seinen Platz für Gislason räumen.

„Wir haben diese schwere Entscheidung nach reichlicher Abwägung und einer ganzheitlichen Analyse aus Verantwortung für den deutschen Handball getroffen“, ließ sich Andreas Michelmann, Präsident des Deutschen Handballbundes, in einer Pressemitteilung des Verbandes zitieren: „Bei Christian Prokop bedanken wir uns ausdrücklich für die geleistete Arbeit und insbesondere für das Auftreten unserer Nationalmannschaft bei den letzten Turnieren.“ Man sei allerdings „auch in der Analyse der Europameisterschaft davon überzeugt, dass wir unsere kurzfristigen Ziele nur mit einem neuen Impuls erreichen können“.

Gislasons Vertrag gilt bis 2022

Den soll nun also Alfred Gislason setzen, der 60-jährige Isländer gilt als einer der renommiertesten Trainer weltweit. Im Sommer 2019 hatte er nach elf erfolgreichen Jahren beim deutschen Rekordmeister THW Kiel seinen Platz für seinen früheren Meisterschüler Filip Jicha geräumt. Mit Kiel gewann Gislason zweimal die Champions League, sechsmal die deutsche Meisterschaft und sechsmal den DHB-Pokal. Zuvor trainierte er unter anderem den SC Magdeburg (1999 bis 2006) und den VfL Gummersbach (2006 bis 2008).

Gislason erhält einen Vertrag bis zur EM 2022 in Ungarn und der Slowakei, sein erster Arbeitstag wird der 9. März. Das erste Länderspiel steht am 13. März in Magdeburg gegen die Niederlande auf dem Programm. Erster Höhepunkt wird das Olympia-Qualifikationsturnier gegen Schweden, Slowenien und Algerien vom 17. bis zum 19. April in Berlin.

Harte Kritik von Welthandballer Stephan

Prokop war während der EM nach der Niederlage im Hauptrundenspiel gegen Kroatien und der damit verpassten Halbfinal-Teilnahme unter Druck geraten. Er sei „nicht der Richtige, er hat zu wenig Erfahrung, die drei Bundesliga-Jahre in Leipzig sind nicht genug“, hatte der frühere Welthandballer Daniel Stephan, einer von Prokops schärfsten Kritikern, im Gespräch mit dem SID gesagt.

Prokop, so Stephan weiter, habe „taktisch nichts Neues entwickelt, es ist dasselbe Angriffsspiel wie vor einem Jahr, es gibt nach wie vor kein Konzept gegen eine offensive Deckung, und die Wechsel tragen zur Verunsicherung bei.“ Seit der WM 2019 sei Deutschland „keinen Schritt nach vorne gekommen, das ist alles sehr ernüchternd“.

Daraufhin hatte der DHB in Person seines Sportvorstands Axel Kromer eine Jobgarantie für Prokop ausgestellt. „Wir werden natürlich mit Christian in Richtung Olympia gehen. Wir sind überzeugt davon, mit Christian einen hervorragenden Weg eingeschlagen zu haben“, hatte Kromer gesagt und auf die „vielen Statements von gnadenlos überzeugten“ Spielern verwiesen: „Wir stellen klar, dass es intern nie eine Diskussion darüber gab, mit welchem Trainer wir zukünftig die Nationalmannschaft prägen wollen.“