Mönchengladbach. Damen und Herren erfüllen bei Olympiaqualifikation in Mönchengladbach mit vier Siegen ihre Pflicht souverän.

Es ist eine komplizierte Sache geworden in Deutschland mit der Pflichterfüllung. Die Autoindustrie trickst mit ihren Abgasanlagen, die Banken mit unserem Geld. Die Hauptstadt schafft es nicht, einen betriebsfähigen Flughafen zu bauen, und auch am Sonnabend gelang es der Deutschen Bahn wieder einmal nur deshalb, den Kunden mit den gebuchten Zügen an sein Ziel Mönchengladbach zu bringen, weil auf beiden Umsteigebahnhöfen die Anschlusszüge genauso unpünktlich waren wie der Zug, der schon in Hamburg verspätet abfuhr. Deutsche Effizienz, dieser Eindruck drängt sich leider auf, entsteht oft nur noch daraus, dass Minus und Minus Plus ergibt.

Was das mit Sport zu tun hat? Ganz einfach: Bei der Olympiaqualifikation im Feldhockey tat es am Wochenende im Mönchengladbacher Hockeypark gut, deutsche Damen und Herren zu betrachten, die effizient ihre Pflicht erfüllten. Die Damen lösten mit 2:0- und 7:0-Siegen über Italien (Tore Sonnabend: Hannah Gablac, Nike Lorenz; Sonntag: Cecile Pieper, Eli Gräve/je 2, Lorenz, Lena Micheel, Pia Maertens) das Ticket für die Sommerspiele 2020 in Japan.

Die Herren schossen sich gegen Österreich mit 5:0 und 5:3 (Tore Sonnabend: Lukas Windfeder, Constantin Staib, Christopher Rühr, Florian Fuchs, Timur Oruz; Sonntag: Mats Grambusch, Marco Miltkau, Staib, Niklas Wellen, Rühr) nach Tokio.

Hockey-Herren trotzen schwierigen Umständen

Und wer nun einwenden wollte, dass deutsche Hockeyteams, die seit dem Zweiten Weltkrieg nur die Boykottspiele 1980 in Moskau verpassten, gegen Italien respektive Österreich wirklich nicht scheitern dürften, dem sei mit Blick auf andere Qualifikationsspiele – zum Beispiel dem 4:4 der niederländischen Herren im ersten Duell mit Pakistan – gesagt, dass die gute, alte Rudi-Völler-Analyse auch für Feldhockey Anwendung findet: Es gibt in einer Olympiaqualifikation keine Kleinen mehr, die man mir nichts, dir nichts vom Kunstrasen fegt.

Auch die körperlich zähen und dank einiger eingebürgerter Argentinierinnen auch technisch guten Damen aus Italien und die mit acht Hamburger Bundesliga-Legionären angetretenen Österreicher müssen erst einmal bezwungen werden.

Marco Miltkau (vorne) jubelt mit Martin Zwicker (l) über den Treffer zum 2:1.
Marco Miltkau (vorne) jubelt mit Martin Zwicker (l) über den Treffer zum 2:1. © dpa | Roberto Pfeil

Die Art und Weise, wie das den Herren gelang nach einer Saison, die man ohne Umschweife als schwierig bezeichnen darf, konnten die Verantwortlichen im Deutschen Hockey-Bund (DHB) als insgesamt zufriedenstellend bewerten. Unter Stefan Kermas hatte das Team seit dem Bronzegewinn von Rio 2016 jedes Entscheidungsspiel verloren, in diesem Jahr die Final-Four-Endrunde der neu eingeführten Pro League verpasst und bei der EM im August in Belgien Rang vier belegt. Danach gab Kermas auf, Markus Weise wurde für die „Mission Olympiaquali“ verpflichtet.

Hamburger beerbt Hockey-Bundestrainer Weise

Der erfolgreichste Trainer der deutschen olympischen Teamsportgeschichte (2004 Gold mit den Damen, 2008 und 2012 mit den Herren) schaffte es mit seinem Funktionsteam immerhin, der Mannschaft zu Wettkampfstabilität zu verhelfen. Daraus folgten ein dominanter, konzentrierter erster Auftritt und, mit dem 5:0-Polster im Rücken, ein zweites Spiel, das aufgrund einer schwachen Eckenabwehr – der beim Harvestehuder THC engagierte Torjäger Michael Körper traf dreimal – eher ernüchternd wirkte.

Der Hamburger Kais al Saadi übernimmt den Trainerjob von Markus Weise.
Der Hamburger Kais al Saadi übernimmt den Trainerjob von Markus Weise. © imago / foto2press

„Insgesamt haben wir die Aufgabe überzeugend gelöst. Wenn wir so weiterarbeiten, werden wir in Tokio ein richtig gutes Team haben“, sagte Weise (56) , der das Amt an den Hamburger Kais al Saadi (42), langjähriger Cheftrainer beim Uhlenhorster HC, übergibt. Der Verband will diese Personalie erst am Dienstag offiziell bestätigen. Dessen vorrangige Aufgabe wird sein, die Lücke zu den aktuell führenden Topnationen Belgien (Welt- und Europameister), Australien und Niederlande zu schließen.

Einen Schritt weiter auf diesem Weg sind die Damen, die mit dem Belgier Xavier Reckinger einen Trainer haben, der ihnen nicht nur Selbstvertrauen und große taktische Flexibilität vermittelt, sondern im Team auch die Lust auf dominantes Offensivhockey verankert hat. Der 35-Jährige, der nach Olympiabronze in Rio von Jamilon Mülders übernommen hatte, konnte mit den dominanten Auftritten gegen Italien entsprechend zufrieden sein. „Ich bin stolz, dass die Mädels dem Druck standgehalten und unsere Pläne so gut umgesetzt haben. Wir müssen noch besser kontern, unsere Ecken und Chancen besser verwerten und konstanter werden. Aber jetzt genießen wir die Qualifikation“, sagte er.

Hockey-Damen mit Hamburgern zum Sieg

Mit dem Erreichen der Final-Four-Endrunde in der Pro League und EM-Silber hatten die Damen ihre Zugehörigkeit zur Weltspitze in diesem Jahr zementiert. In Mönchengladbach fehlte es zwar bei der Strafeckenverwertung an Effizienz, die Offensive dürfte jedoch in Tokio deutlich an Durchschlagskraft gewinnen, wenn Spielmacherin Anne Schröder vom Club an der Alster (Oberschenkelblessur), ihre Clubkollegin Lisa Altenburg (Aufbautraining nach Schwangerschaft) und Torjägerin Charlotte Stapenhorst vom Uhlenhorster HC (Kreuzbandriss) ins Team drängen.

Zwei Medaillen, Farbe egal – so lautet die Zielstellung des DHB für Tokio. Harte Arbeit wartet auf die Mannschaften in den kommenden acht Monaten, darüber konnte auch das abgelaufene Wochenende nicht hinwegtäuschen. Aber man darf erwarten, dass sie bereit sein werden, wenn es in Japan gilt, nach der Pflicht auch in der Kür zu bestehen.