Mönchengladbach. Die Damen gewannen gegen Italien, die Herren besiegten Österreich. Wer 2020 nach Tokio reist, entscheidet sich am Sonntag.

Nach einem Sonnabend ohne Gegentor stehen die deutschen Hockeyteams vor der Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele 2020. Im Sparkassen-Hockeypark in Mönchengladbach sahen 3750 Zuschauer zunächst einen 2:0-Erfolg der Damen über Italien, ehe die Herren am Abend ein 5:0 gegen Österreich nachlegten. Die Entscheidung darüber, wer die Reise nach Tokio antreten darf, fällt jedoch erst am Sonntag. Zunächst treffen die Damen um 14 Uhr erneut auf Italien, anschließend stehen um 16.30 Uhr die Herren noch einmal Österreich gegenüber. Die Addition der Spielergebnisse ergibt das Endergebnis. Bei Torgleichheit entscheidet ein Penaltyschießen.

Mit einer Mischung aus Erleichterung und Unzufriedenheit werden die deutschen Damen an diesem Sonnabend in ihre Betten im Hotel am Borussia-Park in Mönchengladbach steigen. Erleichterung, weil sie nach dem ersten Tag dank der Tore von Hannah Gablac (39.) und Nike Lorenz (60./Strafecke) mit 2:0 führen und mit diesem Polster in die entscheidende zweite Partie starten können. Unzufriedenheit, weil das Polster deutlich dicker hätte sein müssen. Zehn vergebene Strafecken hinterließen bei Bundestrainer Xavier Reckinger einen bitteren Beigeschmack. „Unsere Eckenverwertung war eine Katastrophe, da müssen wir morgen besser werden. Ansonsten bin ich mit der Leistung aber zufrieden“, sagte er.

Der Vizeeuropameister, der die direkte Tokio-Qualifikation Ende August bei der EM in Belgien wegen einer 0:2-Finalniederlage gegen die Niederlande verpasst hatte, startete mit viel Elan und versuchte, seine athletischen und taktischen Vorteile schnell gewinnbringend einzusetzen. Es war aber die zu harmlose Strafeckenverwertung, die diese Pläne zunichtemachte. Allein im ersten Viertel konnten fünf Standards nicht genutzt werden. Und weil sich der deutsche Angriff auch im Schusskreis zu wenig zupackend zeigte, Italien erwartet wenig für den Spielaufbau tat und lediglich mit vereinzelten Kontern versuchte, Nadelstiche zu setzen, ging es torlos in die Halbzeit.

Hannah Gablac musste zur Dopingkontrolle

Wie es aussehen kann, wenn man ein Tor erzwingen will, stellte schließlich in der 39. Minute Hannah Gablac heraus. Die Torjägerin vom deutschen Feldmeister Club an der Alster, die nach der Partie zur Dopingkontrolle ausgelost wurde, scheiterte zentral im Schusskreis bei ihrem ersten Versuch noch an Italiens Torhüterin Clara Cusimano, verwertete aber im Fallen den Abpraller zum Führungstor.

Wer erwartet hatte, dass dieser Treffer Sicherheit geben würde, sah sich zunächst getäuscht. Die Italienerinnen, in der Weltrangliste als 17. 13 Ränge hinter Deutschland platziert, schienen sich daran zu erinnern, dass es Tore braucht, um den Traum von Olympia zu realisieren, und trauten sich vermehrt über die Mittellinie, ohne allerdings das von der Kölnerin Julia Sonntag gehütete deutsche Tor ernsthaft in Gefahr zu bringen.

Die in der italienischen Defensive entstehenden Lücken wusste Reckingers Auswahl allerdings auch nicht zu nutzen. So war es in der Schlussminute dann doch eine Strafecke – die elfte -, die das Zweitorepolster brachte. Die Neu-Kölnerin Nike Lorenz traf flach rechts und sagte nach Spielende: „Die Abläufe bei den Ecken waren heute nicht gut, da gibt es morgen viel Optimierungsbedarf. Aber es war wichtig, dass wir geduldig geblieben sind.“

Das unterstrich auch Spielführerin Janne Müller-Wieland vom Uhlenhorster HC. „Wir haben viele Sachen sehr gut gemacht und uns eine gute Grundlage für morgen erarbeitet“, sagte die Hamburgerin, „wir müssen aber konzentriert bleiben.“ Das wird auch der Bundestrainer von seinem Team einfordern. „Wir sind die bessere Mannschaft, das haben wir heute gezeigt. Aber wir haben Italien auch zu viel Hoffnung gegeben. Deshalb ist es noch lange nicht vorbei“, sagte er.

Zu viele Fehler im Spielaufbau der Herren

Das gilt zwar auch für das Duell der deutschen Herren mit Österreich, es braucht jedoch die Fantasie einer J.K. Rowling oder eines J.R.R. Tolkien, um sich eine Welt auszumalen, in der die Nachbarn aus der Alpenrepublik ernsthaft die Chance hätten, an diesem Sonntag noch einmal ins Rennen um die Japan-Tickets einzusteigen. Nach dem ersten Duell führt die Auswahl von „Goldschmied“ Markus Weise (2004 Olympiasieger mit den Damen, 2008 und 2012 mit den Herren), der nach der EM für die „Mission Tokio-Qualifikation“ das Bundestraineramt von Stefan Kermas übernommen hatte, zu deutlich. „Wir sind total glücklich, dass wir unter diesem Druck ein so gutes Spiel gemacht und uns ein deutliches Polster erarbeitet haben“, sagte Weise.

In einer einseitigen ersten Halbzeit hatten der Mülheimer Lukas Windfeder mit der ersten von insgesamt fünf Strafecken (9.), Constantin Staib vom Hamburger Polo Club (18.) nach großartiger Vorarbeit des Krefelders Niklas Wellen und der Kölner Christopher Rühr (26.) mit einem Sololauf aus der eigenen Spielfeldhälfte eine beruhigende 3:0-Führung herausgeschossen. Österreich, mit acht Hamburger Bundesliga-Legionären angetreten, spielte zu bieder und mutlos, um den EM-Vierten in Bedrängnis zu bringen. „Das war deutlich zu wenig, wenn man ernsthaft das Olympiaticket haben will. Wir haben offensiv zu wenig kreiert und im Spielaufbau zu viele Fehler gemacht“, sagte Österreichs früherer HTHC-Bundesligaspieler Benjamin Stanzl, der jetzt in den Niederlanden aktiv ist.

An Österreichs Chancenlosigkeit änderte sich auch in den zweiten 30 Minuten nur marginal etwas, so dass der für Bloemendaal (Niederlande) spielende Hamburger Florian Fuchs eine Strafecke des Berliners Martin Häner zum 4:0 ins Tor blocken (42.) und der Kölner Timur Oruz (49.) aus der Drehung zentral zum 5:0 einschießen und damit den Schlusspunkt setzen konnte. „Mit dem frühen 1:0 haben wir an Leichtigkeit gewonnen und das Spiel konzentriert durchgezogen. Mit dieser Intensität müssen wir morgen noch einmal antreten, dann werden wir uns das Olympiaticket sichern“, sagte Fuchs.

Rundum glücklich war auch Tobias Hauke. Der Mittelfeldroutinier vom Harvestehuder THC stand nach langer Pause wegen einer Knieverletzung wieder in einem Entscheidungsspiel für Deutschland auf dem Kunstrasen und verlieh dem Spiel mit seiner Präsenz Ruhe und Struktur. „Es war schwer einzuschätzen, wo wir aktuell stehen und wie stark Österreich ist. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir so konzentriert gespielt und fast keine Torchancen zugelassen haben. Die Ausgangslage ist super“, sagte er. Das Ziel für den Sonntag sei nun, noch einmal eine solche Leistung abzurufen. „Wir haben uns das Ziel gesetzt, sie zweimal zu besiegen. Dafür werden wir alles geben.“