Hamburg. Die Sportart erlebt in der Hansestadt auch dank einer gelungenen Integrationsarbeit eine echte Renaissance.

„Vor etwa drei Jahren standen wir bei null.“ Claus Ehlbeck kann es im Rückblick selbst kaum glauben. Erst drei Jahre ist es her, da kämpfte die Faustballabteilung im Eimsbütteler TV ums Überleben. Es gab eine glorreiche Vergangenheit, eine traurige Gegenwart und praktisch keine Zukunft. Und jetzt das: Von Freitag bis Sonntag (jeweils 9 bis 16 Uhr) richtet der ETV die deutschen Seniorenmeisterschaften sowie ein Drei-Nationen-Turnier aus.

40 Teams in den Altersklassen Ü 35, Ü 45 und Ü 55 bei den Männern sowie Ü 30 bei den Frauen kämpfen auf der Sportanlage Steinwiesenweg um den nationalen Titel. Dazwischen spielen die Nationalmannschaften aus Belgien und Dänemark mit einem ETV-Team bestehend aus iranischen Flüchtlingen ein Länderturnier. „Diese Veranstaltung ist der Höhepunkt unserer Entwicklung seit 2016“, erzählt Ehlbeck (64), der Cheforganisator, Ideengeber und „Vater“ dieser bemerkenswerten Hamburger Faustball-Renaissance.

Andrang wurde immer größer

Kurzer Rückblick: Zum Höhepunkt der Zuwanderung Geflüchteter nach Hamburg 2015 engagierte sich auch der ETV mit Sportangeboten für diese Menschen in ihren Erstaufnahmelagern. Ehlbeck bot eine Spielgruppe an, und weil er Sohn der Eimsbütteler Faustball-Legende Peter Ehlbeck und selbst Welt- und Europameister war, brachte er den Flüchtlingen auch „seinen“ Sport bei. Vor allem eine Gruppe aus dem Iran fand Gefallen an dem Spiel, das sie vorher noch nie gesehen hatten. Nach Mundpropaganda in der Gemeinschaft wurde der Andrang immer größer. „Inzwischen haben wir rund 50 neue Mitglieder, die meisten Iraner“, erzählt Ehlbeck.

Die neuen Sportler brachten nach und nach ihre Frauen und Familien mit, so wuchs eine starke Gemeinschaft. Ehlbeck und seine Mitstreiter halfen mit großem persönlichen Engagement ihren neuen Sportkameraden, auch bei rechtlichen und behördlichen Hürden.

Nationaler Stützpunktverein

Auch dafür wurde der ETV im Rahmen der Weltmeisterschaft im vergangenen Monat in der Schweiz – Deutschland verteidigte den Titel gegen Österreich – vom Faustball-Weltverband mit dem „Preis für soziales Engagement“ ausgezeichnet. Umgekehrt engagieren sich mittlerweile zahlreiche der Iraner im Verein: als Rechnungsprüfer, stellvertretender Abteilungsleiter oder Trainer.

Claus Ehlbeck (64) organisiert für die Faustballabteilung des Eimsbütteler TV die Seniorenmeisterschaften.
Claus Ehlbeck (64) organisiert für die Faustballabteilung des Eimsbütteler TV die Seniorenmeisterschaften. © Claus Ehlbeck | Claus Ehlbeck

Mittlerweile ist Ehlbeck Vorsitzender des Hamburger Verbandes, der ETV wurde zu einem nationalen Stützpunktverein der deutschen Faustballliga ernannt. Die Frauennationalmannschaft hielt ein Trainingslager in Hamburg ab, im Bereich Schul- und Jugendsport startet der Club mithilfe von Ex-Nationalspieler Christian Sondern ebenfalls durch. Feriencamps und Schulmeisterschaften sollen auch den Jungen das dynamische Rückschlagspiel näherbringen.

50 bis 70 ehrenamtliche Helfer

Mit drei Teams ist der ETV bei der Meisterschaft selbst am Start. In den Klassen Ü 35 und Ü 45 gibt es Teams, in der Ü 55 startet eine Mannschaft aus Großflottbek für Hamburg. Auch ein Damenteam tritt aussichtsreich für den ETV an. „Mittlerweile sind auch ehemalige deutsche Spieler auf uns aufmerksam geworden und haben wieder Lust bekommen zu spielen“, erklärt Ehlbeck den Boom, „sie merken, es tut sich wieder was in Hamburg.“

Acht Leute arbeiten dauerhaft im Organisationskomitee des „Hamburger Faustballfestivals“, 50 bis 70 Helfer werden ehrenamtlich im Einsatz sein. Rund 20.000 Euro kostet der Spaß, die durch Zuschüsse der Alexander-Otto-Stiftung, der Active City, dem Verband für Turnen und Freizeit, Anzeigen im Programmheft und Verkäufe auf der Anlage gedeckt werden sollen. Alles ist jetzt bereit, es kann losgehen – wären da nicht die Maulwurfshügel auf dem Spielfeld. Und hätte das Bezirksamt nicht schon auf den Parkplätzen mit der Einrichtung der Baustelle für anstehende Renovierungsarbeiten des Sportplatzes begonnen. „Aber auch das kriegen wir alles noch hin“, ist sich Ehlbeck sicher.