Hamburg. Wie ist die Stimmung rund um den Volkspark – und auf dem Kiez? Lesen Sie hier alles rund um das EM-Qualifikationsspiel in Hamburg.

Es ist der unumstrittene Kracher innerhalb der Gruppe C – und Hamburg hat ihn bekommen: Auf dem Weg zur Europameisterschaft empfängt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft am Abend im ausverkauften Volksparkstadion die Niederlande (20.45 Uhr/Liveticker auf abenblatt.de).

Nicht nur das ewig junge Duell selbst hat Tradition, auch der Austragungsort ist Teil der langen Geschichte: Legendär das 1:2 im EM-Halbfinale 1988 im alten Volkspark, unvergessen aber auch die 3:0-Gala gegen Holland im November 2011.

Heute geht es für die aktuelle Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw darum, die Tabellenspitze und den guten Eindruck aus dem Hinspiel (3:2) zu bestätigen. Abendblatt.de hält Sie rund um das Länderspiel in Hamburg auf dem Laufenden.

Anreise von Heim- und Gästefans verläuft problemlos

Die Anreise der deutschen und niederländischen Fans zum Volksparkstadion ist laut Auskunft der Polizei friedlich verlaufen. Beim Fanfest der Niederländer an der Trabrennbahn Bahrenfeld waren etwa 2400 Menschen, rund 800 begaben sich gegen 18.40 Uhr auf den Weg zum Stadion, wo sie gegen 19.30 Uhr ankamen. Auf St. Pauli, wo das Fanfest ursprünglich stattfinden sollte, aber aus Sicherheitsgründen verlegt wurde, ist es bisher ruhig. Mehrere hundert so genannte Problemfans beider Seiten sollen aber unterwegs sein, weswegen die Polizei bereits seit dem Mittag starke Präsenz rund um die Reeperbahn zeigt.

Bundespolizei stoppt Problemfans an der Grenze

Die Bundespolizei hat heute Vormittag eine Gruppe von gewaltbereiten Gästefans an der Einreise nach Deutschland gehindert. Die sieben Männer im Alter zwischen 22 und 43 Jahren wurden an der Grenze gestoppt und in die Niederlande zurückgewiesen – auch weil sie als Problemfans bekannt sind.

Niederländische Polizisten kontrollieren an der Grenze zu Deutschland.
Niederländische Polizisten kontrollieren an der Grenze zu Deutschland. © imago/Pro Shots

Die Niederländer waren gegen 10 Uhr in einem gemieteten Kleintransporter unterwegs, als sie kontrolliert wurden. Dabei fanden die Beamten bei einem 22-Jährigen einen Joint und zwei nicht zugelassene Böller. Über die niederländische Polizei wurde ermittelt, dass es sich bei der Gruppe um Problemfans handelt und diese dort mehrheitlich als gewaltbereit bekannt sind. Deshalb wurde den Männern die Einreise verweigert. Insgesamt überprüfte die Bundespolizei rund 400 niederländische Fußballfans.

Hamburgs Polizei ist gerüstet

Deutschland gegen Holland – immer auch ein brisantes Duell abseits des Rasens. Hamburgs Polizei jedenfalls stellt sich im Rahmen der als Risikospiel eingestuften Partie auf allerhand Krawallmacher ein. Gerechnet wird in der Hansestadt mit 600 gewaltbereiten Fans.

Mehr zu Polizeistrategie lesen Sie hier.

Die Polizei rüstet sich mit Wasserwerfern (hier eines der Fahrzeuge an der Königsstraße) für mögliche Ausschreitungen beim Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande.
Die Polizei rüstet sich mit Wasserwerfern (hier eines der Fahrzeuge an der Königsstraße) für mögliche Ausschreitungen beim Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande. © HA/Jakob Drechsler

Die niederländischen Fans wollte sich an der Trabrennbahn Bahrenfeld treffen. Aber auch auf dem Kiez zeigte die Polizei bereits seit Freitagmittag Präsenz – etwa mit Wasserwerfern im Bereich Königstraße.

Aber auch ohne verirrte Fans könnte es für Besucher des Spiels bei An- und Abreise ungemütlich werden. Unter anderem durch die aktuelle Sperrung der Elbchaussee ist rund um das Volksparkstadion ab Freitagnachmittag mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen.

Hecking entgeht das Länderspiel

HSV-Trainer Dieter Hecking lässt sich den Knaller im eigenen Wohnzimmer heute entgehen – allerdings aus gutem Grund. Der 54-Jährige hat zum Hochzeitstag Karten für das gleichzeitig in Hannover stattfindende Konzert von Herbert Grönemeyer geschenkt bekommen. Und einem geschenkten Gaul schaut man bekanntlich nicht ins Maul...

Kimmich hält Deutschland für titelreif

Joshua Kimmich (Bayern Münechen) sieht in der deutschen Nationalmannschaft einen Titelkandidaten für die EM 2020. "Klar gibt es andere gefährliche Mannschaften“, sagte der 24-Jährige in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, "aber mit unserer Qualität zähle ich uns auch zum Favoritenkreis. Wenn ich unsere Mannschaft anschaue, sehe ich extremes Potenzial."

Joshua Kimmich am Dienstag beim DFB-Training im Millerntorstadion.
Joshua Kimmich am Dienstag beim DFB-Training im Millerntorstadion. © Witters

Der nächste Schritt in der Entwicklung des Teams von Bundestrainer Joachim Löw "muss sein, es konstant auf den Platz zu bekommen", sagte Kimmich vor dem Klassiker in Hamburg: ´"Wir müssen häufiger an unser Limit ran." Nach dem so frühen WM-K.o. 2018 in Russland und dem folgenden Abstieg aus der Nations League hatte Löw anschließend einen Umbruch im Team vollzogen.

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Löw lässt die Taktik bis kurz vor knapp offen

Bis zuletzt will Löw an der genauen Taktik feilen. 5-2-3, 3-4-3 oder 4-3-3, alle Varianten könne die Mannschaft spielen, sagte der Chefcoach. Wichtig sei nur, als Team aufzutreten. "Wir leben von der mannschaftlichen Geschlossenheit“, sagte der Bundestrainer. Festgelegt hat sich Löw auf Kapitän Manuel Neuer im Tor. Herausforderer Marc-André ter Stegen muss sich weiter gedulden.

Eine dauerhafte Stammplatzgarantie bekam Serge Gnabry in der Angriffsreihe. Als Ersatz für den verletzten Leroy Sané nannte Löw Timo Werner und Julian Brandt als Kandidaten. Die Tendenz geht dabei klar zum Leipziger Werner. Ausdrücklich bedauert hat Löw den kurzfristigen Ausfall des Münchners Leon Goretzka, der im Hinspiel als offensiver Mittelfeldmann überzeugte.

Van Dijk gibt sich angriffslustig

Auch Holland ist noch im Umbruch. Das machten Bondscoach Koeman und Kapitän Virgil van Dijk vor dem Spiel nochmals klar. Aber: "Wir wollen gewinnen“, betonte der Abwehrhüne und frisch gekürte Europas Fußballer des Jahres vom FC Liverpool.

Virgil van Dijk beim Training im Volksparkstadion.
Virgil van Dijk beim Training im Volksparkstadion. © Witters

Oranje hat nach zwei verpassten Turnieren einen Vorsprung beim Neuaufbau, meinte Löw, der die "Ajax- und Barcelona-Schule“ hervorhob. Frenkie de Jong wechselte gerade aus Amsterdam zu den Katalanen, Matthijs de Ligt spielt jetzt für Juventus Turin.

In der Nations League wurde nicht nur Deutschland zum Abstieg verurteilt. Erst das Finale ging gegen Portugal verloren.

Typen-Debatte: Basler kritisiert den DFB

Ex-Nationalspieler Mario Basler fehlen in der heutigen DFB-Auswahl die Typen. "Ich wüsste jetzt keinen, der in unsere oder in meine Richtung geht“, sagte der 50-Jährige anlässlich der Veröffentlichung seines Buches ("Eigentlich bin ich ein super Typ"). Aber das werde "beim DFB auch nicht gewollt. Genauso wie bei den Vereinen. Man hatte ja vor anderthalb Jahren versprochen, dass man wieder zugänglicher wird. Ich glaube, dass sich da nicht viel geändert hat."

Allerdings warb Basler, der in den 1990er-Jahren zu den Stars der Bundesliga gehört und mehrfach Schlagzeilen außerhalb des Platzes produziert hatte, auch um Verständnis für die heutige Generation, die sich immer mehr von den Fans zurückziehe. "Vielleicht hat man aber auch zu großen Respekt. Menschen, die heimlich Videos machen, die Dinge aufnehmen – heutzutage ist das natürlich auch immer sehr gefährlich."

Definitv zwei Typen: Mario Basler 1998 mit Bayern-Kollege Lothar Matthäus und dem DFB-Pokal.
Definitv zwei Typen: Mario Basler 1998 mit Bayern-Kollege Lothar Matthäus und dem DFB-Pokal. © Imago/Team 2

Wie er in der heutigen Zeit als Profi auftreten würde, könne er nicht sagen. "Das ist hypothetisch. Ich glaube nicht, dass ich mich großartig verändern würde", sagte er. "Ich würde nach wie vor auch rausgehen. Aber wie gesagt, ich weiß es nicht. Vielleicht wäre es mir mittlerweile auch zu blöd, wenn irgendwo jemand in der Ecke sitzt mit dem Handy und heimlich fotografiert oder ein Video dreht."

In seinem Buch, das er zusammen mit Co-Autor Alex Raack geschrieben hat, erzählt der 30-malige Nationalspieler Schwänke aus seinem Leben und seiner Karriere. "Der Vorteil für mich ist, dass die Fans immer mehr ausgegrenzt werden vom Fußball", sagte er. Seit Ende 2018 ist der frühere Mittelfeldspieler bereits mit einem Bühnenprogramm ("Basler ballert") auf Tour.

Löw missfällt der Hamburger Rasen

Ohne den verletzt abgereisten Leon Goretzka hat die DFB-Auswahl das Abschlusstraining bestritten. Nach dem Ausfall des Bayern-Profis standen Löw am Donnerstagabend noch 18 Feldspieler und drei Torhüter bei der Übungseinheit zur Verfügung.

Joachim Löw am Donnerstagabend im Volksparkstadion.
Joachim Löw am Donnerstagabend im Volksparkstadion. © Witters

Der Bundestrainer wirkte gleich zu Trainingsbeginn unzufrieden mit der Qualität des Rasens im Volksparkstadion. Mehrere Unebenheiten ließen die Bälle immer wieder verspringen. Unmittelbar vor dem DFB-Team hatte Gegner Niederlande dort trainiert.

Beim gerade erst von der DFL und der Deutschen Rasengesellschaft verliehenen "Pitch of the Year" hatte es das Hamburger Geläuf nicht aufs Treppchen geschafft – die ersten drei Plätze gingen an Darmstadt 98, Jahn Regensburg und Arminia Bielefeld.

DFB-Fahrplan: Gelost wird in Bukarest

Nach dem Holland-Gipfel geht es für die DFB-Elf am Sonntag nach Belfast. Einen Tag später steht das Duell mit den robusten Nordiren an. Im besten Fall kann dann schon das EM-Ticket gelöst werden.

Die restlichen drei Quali-Spiele finden am 13. Oktober in Estland, am 16. Oktober in Mönchengladbach gegen Weißrussland und am 19. November in Frankfurt erneut gegen Nordirland statt.

Die EM-Gruppen werden am 30. November in Bukarest ausgelost. Deutschland kann nur als Gruppensieger im besten Lostopf landen. Beim Turnier 2020 finden zwei oder drei Vorrundenpartien in München statt.

Löw hat schon die WM 2022 im Blick

Joachim Löw blickte bei seiner Pressekonferenz vor dem Holland-Spiel sogar schon über die EM 2020 und die nächste WM 2022 in Katar, nach der sein derzeitiger Vertrag endet, hinaus.

2024 findet die EM in Deutschland statt. Dann könnten Gnabry, Werner, Sané und auch der hochgelobte Kai Havertz im Zenit ihrer Karriere stehen. "Die Mannschaft weiß und versteht, dass sie in der Zusammensetzung die nächsten Jahre einiges erreichen kann“, sagte Löw.

Hoogma und Meijer über das Spiel

Sportchef Nico-Jan Hoogma sieht die niederländische Nationalmannschaft im Spiel in Hamburg gegen die deutsche Auswahl gefordert. "Wir stehen unter Druck“, sagte der frühere HSV-Profi beim „Media Lounge Talk“ von DFB-Sponsor Volkswagen im Volksparkstadion.

„Wir wissen, was wir zu tun haben“, ergänzte Hoogma: „Wir sind ehrgeizig und liegen ein paar Spiele hinten. Wir müssen aufholen!“ Oranje hat nach der Hinspielniederlage gegen die deutsche Elf in Amsterdam (2:3) nach zwei Spielen erst drei Punkte und damit neun Zähler Rückstand auf Nordirland, den Tabellenführer der Gruppe C. Das DFB-Team hat mit neun Punkten bislang eine weiße Weste.

Hoogmas früherer Mitspieler Erik Meijer spielte die Bedeutung des Nachbarschaftsduells jedoch herunter. „Druck gibt es nur, wenn du viel gegessen hat und auf die Toilette musst“, sagte der Sky-Experte.