Gneven. Sein Besuch in Deutschland hat Seltenheitswert: Golfprofi Bernhard Langer übt vor seinem Gastspiel Kritik an der Nachwuchsförderung.

Zuerst einmal braucht es Sitzgelegenheiten. Die Stehtische sind unpraktisch, findet Bruder und Manager Erwin Langer. Also müssen Sessel her, damit Bernhard Langer das Gespräch mit den Medien vor den Winston Senior Open im Sitzen absolvieren kann. Stühle rücken, dann läuft es. „Guten Morgen“, sagt der Golf-Superstar in der Mecklenburger Provinz freundlich. „Ich freue mich, wieder hier zu sein.“

Zum dritten Mal nach 2014 und 2016 hat der inzwischen 61-Jährige den Weg zu der spektakulären Anlage in Gneven, 20 Kilometer östlich von Schwerin, gefunden. Es ist einer der seltenen „Heimatausflüge“ des gebürtigen Schwaben, der seit Ewigkeiten in Florida seinen Lebensmittelpunkt hat und dessen berufliches Leben überwiegend in den USA und dem Rest der Welt stattfindet. Der Kontakt nach Hause ist also eher privater Natur. Regelmäßige Telefonate mit dem Bruder, der sich auch um die geschäftlichen Interessen kümmert. Besuche bei Freunden, Verwandten und vor allem der 96 Jahre alten Mutter. „Ein-, zweimal im Jahr bin ich immer in Anhausen“, erzählt Langer.

„Die Konkurrenz ist groß“

Beruflich aber ist er nur selten in Deutschland zu Gast. An den Porsche European Open im September in Winsen kann er wegen Verpflichtungen auf der Seniorentour in den USA nicht teilnehmen. Und es gibt nur dieses eine Turnier auf der europäischen Seniorentour, an der die Profis über 50 teilnehmen können. Am Freitag geht es in Gneven los, drei Runden, kein Cut. Eintritt frei. „Ich hoffe, dass ich vorne dabei bin und am Ende den Pokal in die Höhe halten kann“, sagt Langer. „Aber es ist nicht leicht, die Konkurrenz ist groß.“

Normalerweise schlägt der zweimalige Masters-Champion in den USA auf der Champions Tour ab, am Montag erst ist er nach einem Turnier „drüben“ in Norddeutschland gelandet. Es passt jetzt einfach gut, weil in der kommenden Woche die British Senior Open ausgetragen werden, ein Major-Turnier. „Deshalb bin ich schon hier und habe die Zeitumstellung hinter mich gebracht“, sagt er. „Das ist sehr praktisch.“ Langer ist auch „Botschafter“ der Winston Open – auch in diesem Jahr mit Familienanschluss. Ehefrau Vikki ist dabei, die älteste Tochter Jackie trägt auf den drei Runden als Caddie seine Tasche. „Seit die Kinder groß und aus dem Haus sind, ist es für uns einfacher, auf die Turniere zu fahren“, erzählt er. Zwei Töchter und zwei Söhne hat er, sie studieren, „führen ihr eigenes Leben“. Schon daran spürt einer, dass die Jahre dahingegangen sind – und am Körper: „Ich werde im August 62 Jahre alt. Das merke ich. Ich bin eben keine 50 mehr.“

Gesundheitliche Probleme

Das Unvermeidliche zu akzeptieren hat Langer gelernt, auch wenn es manchmal schwerfällt. „Die Jüngeren schlagen 20, 30 Meter länger als ich“, sagt er. Gemeint sind die Kollegen um die 50. Schön ist das nicht. Also versucht er seit Jahren schon alles, was möglich ist, um körperlich mitzuhalten, so lange es geht. Der Deutsche ist bekannt und berühmt für seine Disziplin, für seine Extraarbeit im Gym: Dehnen, Stretchen, Gewichte, das ganze Programm. Als einer der Ersten auf der Profitour machte er das, ausgelöst durch eine schwere Rückenverletzung aus der Bundeswehrzeit mit 19 Jahren.

Ausführlich schildert er diese gesundheitlichen Probleme – „viele Jahre Rückenschmerzen“ –, ein Thema, das ihn bewegt. „Manchmal nervt es mich, dass die Leute in den USA meine Erfolge vor allem auf die Fitness zurückführen. Dabei steckt viel mehr dahinter“, sagt er. „Aber man steckt halt schnell in einer Schublade.“ Die Schublade vom großen Ehrgeiz gehört auch dazu. Und in der sieht sich Langer durchaus selbst. „Ich gewinne gerne, und ich spiele lieber gut als schlecht“, sagt er. Das bedeutet aber auch Opfer und Mühen, „es ist hart. Die Konkurrenz ist so groß.“

Breitensportentwicklung sieht er pro­blematisch

Dass nach ihm aus Deutschland nur Martin Kaymer aus Mettmann den Weg in die Weltspitze gefunden hat und Major-Turniere gewinnen konnte, hat auch mit der Einstellung der deutschen Spieler zum Job zu tun. Das sagt Langer nicht ausdrücklich, aber mit Blick auf die Landsleute sagt er: „Man muss es wirklich wollen, man muss viel aufgeben und auf vieles verzichten.“ Kaymer war am Mittwochmorgen noch nicht für die anstehenden British Open in Nordirland qualifiziert. Ein Tiefpunkt für das deutsche Golf? Um den 34-Jährigen macht sich dessen Freund Langer keine Sorgen: „Er geht seinen Weg. Es geht eben auch mal abwärts, und es geht wieder nach oben.“ Pro­blematischer sieht er die Breitensportentwicklung: „In den USA ist Golf Schulsport und wird an den Colleges angeboten. Die Ausbildung der Jugendlichen ist ganz anders.“

Nach knapp einer Stunde hat Bernhard Langer seinen Medienjob erledigt. Freundlich, entspannt, selbst über seinen tiefen christlichen Glauben sprach er kurz. Am Nachmittag muss er noch auf die Range, Bälle schlagen und die hinteren neun Löcher des Kurses spielen, auf dem das Turnier ausgetragen wird. Der Terminkalender ist dicht, der Mann nimmt seinen Job ernst. Immer noch. „Die Motivation ist da“, sagt er. „Ich hätte vor zehn Jahren entscheiden können aufzuhören. Aber das habe ich eben nicht gemacht.“