Altona. Hamburger Kultclub steigt vor 3485 Zuschauern in die Regionalliga auf. Die Fans feiern vor allem ihren sagenhaften Torhüter.

Die letzte Hürde vor der großen Feier überstand Altona 93 mit einer verschmerzbaren Niederlage. Das unsinnige Elfmeterschießen nach dem 1:1 gegen den schleswig-holsteinischen Oberligisten Heider SV – vom Norddeutschen Fußball-Verband zwingend vorgeschrieben aufgrund einer möglichen Punkt- und Torgleichheit aller drei Teams am Ende der Aufstiegsrunde, die zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr eintreten konnte – verlor der AFC mit 5:6.

Nach dem Aufstieg feierten Spieler und Fans gemeinsam auf dem Platz.
Nach dem Aufstieg feierten Spieler und Fans gemeinsam auf dem Platz. © Imago/ZUMA Press

Die Altonaer Spieler, die sich nicht am sinnlosen Kräftemessen vom Punkt beteiligen, bespritzten sich mit allerlei alkoholischen Getränken, und der Großteil der 3485 Zuschauer zügelte seine Emotionen vor dem ersehnten Platzsturm. Altonas Trainer Berkan Algan genoss still den Triumph, während Altonas Präsident Dirk Barthel ein Interview an das nächste reihte und immer wieder das Wort „wunderbar“ sagte.

AFC-Held Grubba muss sich sammeln

Doch schließlich war es – endlich – so weit: Die Party des künftigen Regionalligsten Altona 93 auf dem Rasen der Adolf-Jäger-Kampfbahn begann. „Ich muss erst mal mit mir selber klarkommen“, gestand Torwart Tobias Grubba, der erste Held dieses Spiels. „Wir haben unser Double geschafft. Oberligameister und Regionalligaaufstieg. Gegen so viele starke Mannschaften, unglaublich. Jetzt saufe ich mir auf Malle die Birne weg.“ Vom zweiten Altonaer Held, Kapitän und Torschütze Marco Schultz, erhielt Grubba ein Sonderlob: „Unfassbar, was Tobias rausgefischt hat. Ist man ehrlich, hätte es 4:0 für Heide stehen können.“

Tobias Grubba berauscht sich an einer seiner starken Paraden gegen Heide.
Tobias Grubba berauscht sich an einer seiner starken Paraden gegen Heide. © Imago/ZUMA Press

Hätte! Wäre Grubba nicht so glänzend aufgelegt gewesen. Der Altonaer Torsteher zeigte schon Regionalliga-Niveau. Einen wuchtigen Kopfball von Joe Mittelbach fischte er mit einer Pranke aus dem langen Eck (27.). Marvin Wolf (33.) und Jonah Gieseler (37.) ließ er im Eins-gegen-Eins verzweifeln, warf sich tollkühn in deren Schüsse. In der Folge eines Powerplays nach einer Ecke des Heider SV lag der Ball schließlich aber doch im Altonaer Netz. Joe Mittelbachs Volleyschuss aus sechs Metern war selbst für den Altonaer Hexer im Tor nicht mehr zu parieren (42.).

Berkan Algan findet die richtigen Worte

Mit dem 0:1 änderte sich die Lage für Altona 93. Nach dem wichtigen 3:2 beim Bremer SV am Mittwoch war ein Punkt Pflicht für den sicheren Aufstieg. Dazu musste der Ausgleich her - und wie der gelingen sollte, war nach dieser ersten Halbzeit ein Rätsel. Der Heider SV hatte sich als robuster und gedankenschneller präsentiert, sein Pressing bereitete dem AFC arge Probleme und zwei Wechseloptionen – Alexander Vojtenko verletzte sich (11.) und Niklas Siebert musste Gelb-Rot-gefährdet raus (26.) – musste Trainer Berkan Algan bereits ziehen.

Doch in der Pause fand der Coach offenbar die richtigen Worte. Altona war plötzlich griffiger, spielerisch stärker – und sofort effektiv. Bei einem schicken Konter bediente Hischem Metidji mit schönem Pass den Kapitän und Torschützen vom Dienst Marco Schultz. Der 27-Jährige ließ sich nicht zweimal bitten und markierte mit einem Schuss ins lange Eck das 1:1 (52.). „Das war die beste Saison meiner Laufbahn bisher. Ich habe das Vertrauen, das ich hier bekommen habe, zurückzahlen wollen“, sagte Schultz. Doch bevor er, seine Mitspieler und die Fans ihren Torhüter auf Händen trugen und „Ohne Grubba wär hier gar nichts los“ sangen, war der Rest der zweiten Halbzeit zu überstehen. William Wachowski (sah in der Nachspielzeit Gelb-Rot) verpasste das 2:1 (62.). Auf der anderen Seite rauschte der Schuss des Heiders Yannic Peters an die Latte (72.).

Algan will jetzt viel Schlaf nachholen

Als der Abpfiff erfolgt und das Elfmeterschießen vorbei war, tauchte der sonst so wortgewaltige Coach Berkan Algan zehn Minuten lang ab, bevor er sich den Medien zum Interview stellte. Er wollte wohl einfach mal alleine sein. Was seine Worte unterstrichen. „Schlaf, ein riesiges Bedürfnis nach Schlaf“, das sei nun sein vorrangiges Bestreben, so Algan.

Südländische Atmosphäre: Berkay Algan (nicht ganz) alleine in der Adolf-Jäger-Kampfbnahn.
Südländische Atmosphäre: Berkay Algan (nicht ganz) alleine in der Adolf-Jäger-Kampfbnahn. © Imago/ZUMA Press

Der Vorgabe seines Präsidenten Barthel („Wir brauchen sicher auch einige neue Spieler für die Regionalliga Nord“) stimmte Algan zu. Und ergänzte glücklich und erschöpft: „Wir sind wieder da! In der Regionalliga Nord!“ Und was wird Algan tun, wenn er aufwacht? „Die Mannschaft stützen. Sie verstärken. Akribisch arbeiten.“ Damit Altona im zweiten Anlauf in der Regionalliga Nord einen ausgeschlafenen Eindruck macht.