Hamburg. Ehrenpreis für Michael Stich. Sieger sind die Beach Boys Clemens Wickler und Julius Thole und der Ruderer Torben Johannesen.

Mit Motivation startet im Sport alles. Also beginnen wir genau damit: Du bist niemals zu alt, um dir ein anderes Ziel zu setzen! Vor diesem Hintergrund kamen am Mittwochabend 600 gefühlt sehr junge, sehr zielstrebige Gäste in die Volksbank Arena in Bahrenfeld, um die Hamburger Sportgala 2018 zu feiern. Geehrt wurden herausragende Leistungen – gezeigt auch besondere Freundschaften.

Moderator Yared Dibaba begrüßte die Gäste mit dem Vorhaben, sie möglichst schnell zu einer „enthemmten Einheit“ zu machen, was gut gelang, denn er eröffnete das Büfett spaßeshalber nach nur einer Minute.

Dann gab es schon Rekorde: Den Titel als Hamburgs Sportler des Jahres zu gewinnen schafften bislang nur Welthockeyspieler Moritz Fürste und Beachvolleyball-Königin Laura Ludwig, doch seit gestern Abend gibt es einen dritten im Bunde: Torben Johannesen. Der Welt- und Europameister ist mit seiner Mannschaft im Deutschlandachter quasi auf Titel abonniert. „Tagesschau“-Sprecher Thorsten Schröder, selbst begeisterter Triathlet, sagte in seiner Laudatio: „Wenn Gewinnen für ihn Routine wäre, dann hätte er trotz seines jungen Alters von 24 Jahren schon aufhören müssen mit seinem Sport.“ Johannesen werde als Kleinster und Jüngster im Team bisweilen unterschätzt, aber die Lust daran, „sich im Training stets aufs Neue an die Grenzen des körperlichen Leistungsvermögens heranzuwagen, ist für unseren Preisträger der Reiz seines Sports“, sagte Schröder.

Johannesens großer Traum: die Goldmedaille 2020 in Tokio

Johannesen freut sich über jeden Sieg, auch abseits der Ruderstrecke. Sogar Brettspiele mit der Familie werden für ihn zum Kampf um den Sieg, womit wir wieder bei der eingangs erwähnten Motivation wären. Johannesens größter Antrieb ist sein großer Traum, 2020 gemeinsam mit seinem Bruder in Tokio um den Sieg zu kämpfen, der ihm noch fehlt: die Goldmedaille bei Olympischen Spielen. Gelingt das, wird er spätestens in zwei Jahren wohl wieder auf dieser Bühne stehen. Torben Johannesen zeigte sich sehr stolz über den Preis und das Sportjahr: „Die Saison war wirklich lang, aber dafür sehr rund und gelungen.“

Die Frage, die Sportjournalistin Claudia Neumann stellte, muss erlaubt sein: Darf es eine Hamburger Auszeichnung als Mannschaft des Jahres überhaupt geben, wenn die Stadt kein Erstligateam im Basketball, Handball, Eishockey und Fußball hat? Das tut weh, ja.

Doch natürlich gäbe es noch viele Teams in der Sportstadt, die die Ideale und Grundwerte des Sports verkörperten, sagte Neumann: „Ihre Motivation ist über jeden Mammon erhaben: Ehrgeiz, Trainingsfleiß, Einsatzwillen, Begeisterung, Spaß, Teamfähigkeit, oft ein hohes Maß an Idealismus zeichnen sie aus, natürlich auch großes Talent.“ Ein Team, das alle diese Tugenden verkörpert, das 2018 große Menschenmengen begeisterte, obwohl es bis vor Kurzem nur wenige kannten, kommt vom Eimsbütteler Turnverband. Julius Thole und Clemens Wickler wurden als „Mannschaftssportler des Jahres“ ausgezeichnet. Die Olympiakandidaten für Tokio 202o ließen alle anderen auf der Bühne wie Zwerge aussehen und freuen sich bereits auf ihr nächstes Weltserienturnier Anfang Januar in Den Haag.

Eine bewegende Laudatio auf die Tennislegende

Bewegend war die Laudatio von Patrik Kühnen auf seinen „Weggefährten“, auf jemanden, der 18 ATP Einzel- und zehn Doppeltitel abräumte, 1993 die ATP Tour World Championships gewann, Nummer zwei der Weltrangliste war und 1992 zusammen mit Boris Becker olympisches Gold für Deutschland holte: auf Michael Stich. Der ehemalige Kapitän der deutschen Daviscup-Mannschaft erzählte, wie die beiden Tennisspieler 1993 zum ersten Mal gemeinsam spielen sollten. Stich kam grinsend auf den Platz und sagte: „Hey, Kühnen! Mit dir spiele ich nicht Doppel, mit uns beiden wird es doch sowieso nicht funktionieren, steht in der Zeitung!“ Die beiden haben dann im Daviscup nie ein gemeinsames Doppel verloren.

Was für ein entspannter Spielertyp Stich war, das verdeutlichte Kühnen durch lustige Anekdoten. Dass Stich zum Beispiel recht behielt, wenn er zu seinen Teamkameraden vor einem entscheidenden Spieltag sagte: „Moin, Leute, frühstückt ihr mal in Ruhe, ich mach das schon heute.“ Er machte und siegte. „Das Ballgefühl, mit dem Michael gesegnet ist, die Spielfreude, die er zelebrierte … Andere arbeiteten Tennis, er spielte es“, sagte Kühnen.

25 Jahre ist es her, dass Michael Stich als bislang letzter Deutscher sein Heimturnier am Rothenbaum gewinnen konnte. Seine Dankesrede, bei der er mehrfach in Tränen ausbricht, schaut er sich bis heute nicht an. „Mehr Emotion geht nicht“, sagte Kühnen und lobte natürlich auch Stichs langjährige Arbeit als Turnierdirektor und sein Engagement im Kampf gegen Aids. Stich wurde im Juli in den USA in die Ruhmeshalle des Sports, in die International Tennis Hall of Fame aufgenommen, in der ausnahmslos nur die Größten ihren Platz finden. Er sei für ihn „ein ganz besonderer Freund“, sagte Kühnen, als er Michael Stich den Ehrenpreis der Hamburger Sportgala überreichte. „Sein Humor und die Tatsache, dass er sich selbst nicht immer so ernst nimmt, macht ihn zu einem der liebenswertesten Menschen in meinem Leben.“

Standing Ovations für Michael Stich

Michael Stich wurde mit Standing Ovations geehrt, man sah Tränen in seinen Augen. Der 50-Jährige fragte Kühnen, wie lange er an der Laudatio gearbeitet hätte: „Drei Monate? Was für eine fantastische Rede. Und dann steht ihr auch noch alle auf! Das ist wirklich sehr berührend und bewegend für mich.“ Stich, dessen großer Traum es ist, einmal an den Nordpol zu reisen, um die Polarlichter zu sehen, gab der anwesenden Hamburger Sportfamilie noch einen Hinweis: „Wir müssen mehr miteinander als übereinander sprechen.“

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. 2019 wird es sicher wieder eine große Gala geben, denn „das Sportprogramm 2018 war schon herausragend, aber 2019 wird das stärkste Jahr, das wir bisher hatten“, erklärte Sportsenator Andy Grote, der bei der Gala den Norddeutschen Regatta Verein mit dem Active City Award auszeichnete (s. Seite 25). Der NRV wird im Juni 400 Seglerinnen beim Helga Cup auf die Alster holen, und auch sonst warten viele Highlights. „Der Ball liegt auf dem richtigen Punkt, wir müssen ihn jetzt nur noch verwandeln“, sagte Sportstaatsrat Christoph Holstein.

Tatsächlich wird es anderen europäischen Städten schwer fallen, mit dem Veranstaltungsangebot mitzuhalten. Gleich drei Weltmeisterschaften in olympischen Sportarten finden nächstes Jahr in Hamburg statt: das Halbfinale der Männerhandball-WM, die Beachvolleyball-WM und erneut die Triathlon-Mixed-Staffel-WM. Ja, Hamburg ist eine Active City. Die Gäste bewiesen es am Ende des Abends beim Tanzen neben einer großen Eislauffläche. Sehr cool.