Hamburg. Luise Klein und Lisa Senger sind beim Volleyball-Team Hamburg Zuspielerinnen auf demselben hohen Niveau.

Wie es wohl wäre, wenn sie sich nicht mögen würden? Wenn die eine der anderen keinen Erfolg gönnen könnte und auf jeden noch so kleinen Fehler lauern würde? „Dann“, sagt Luise Klein mit Blick auf Lisa Senger, die neben ihr sitzt und zustimmend nickt, „würde das Ganze nicht funktionieren.“ Man glaubt das sofort, doch obwohl Lisa und Luise Freundinnen sind und das Ganze deshalb ziemlich gut funktioniert, ist ihre Geschichte so besonders, dass man sie erzählen muss.

Lisa Senger (20) und Luise Klein (19) sind Zuspielerinnen. Im Volleyball ist das eine spielentscheidende Position, weil von ihr aus die Angreiferinnen gewinnbringend in Szene gesetzt werden. Im Regelfall gibt es in Zweitligateams eine Stammstellerin und eine Ersatzfrau auf deutlich schwächerem Niveau. Doch als sich Lisa und Luise im Sommer entschieden, nach zwei gemeinsamen Jahren am Berliner Sportinternat, aber in unterschiedlichen Vereinen, zum Volleyball-Team Hamburg (VTH) zu wechseln, taten sie dies im Bewusstsein, auf einem fast deckungsgleichen Niveau spielen zu können.

Beeindruckende Passgenauigkeit

VTH-Cheftrainer Jan Maier stellte das vor die ungewohnte Situation, vor Spielen akribisch planen zu müssen, welche seiner Spielmacherinnen besser zum jeweiligen Kontrahenten passt, anstatt einfach die Stammzuspielerin aufzustellen. „Anfangs habe ich mir darüber Gedanken gemacht, wie ich damit umgehen soll. Aber der große Vorteil ist, dass Lisa und Luise beide auf hohem Niveau spielen. Für wen auch immer ich mich entscheide, ich treffe nie eine schlechte Wahl“, sagt der 46-Jährige.

Das sagen die beiden Studentinnen auch, aber natürlich nicht, weil sie sich selbst toll finden, sondern weil sie die jeweils andere für deren Fähigkeiten bewundern. „Lisa hat eine beeindruckende Passgenauigkeit und Technik“, sagt Luise, der im Gegenzug „eine richtig starke Abwehr und hohe Genauigkeit“ attestiert wird. Ist es nicht aber doch oftmals frustrierend, auf der Bank sitzen zu müssen, obwohl man in Topform ist und in vielen anderen Zweitligateams wohl Stammspielerin wäre? Und leidet unter der mangelnden Spielpraxis nicht die sportliche Entwicklung?

Team deutlich besser als der aktuelle Platz zehn

Nein, sagen beide, im Training gelte es ja stets, seine Bestleistung abzurufen, um sich spielbereit zu präsentieren, da pushe das hohe Niveau der Konkurrentin eher. „Außerdem erklärt uns der Trainer genau, warum wer spielt. Bislang habe ich diese Erklärung immer nachvollziehen können, daher gibt es keinen Frustfaktor bei mir“, sagt Lisa. Luise schätzt an der aktuellen Situation vor allem die mentale Komponente. „Wenn du weißt, dass du die klare Nummer eins bist, erhöht das den Druck. Du hast das Gefühl, dass du immer spielen musst, um das Team nicht im Stich zu lassen. Mit Lisa im Rücken weiß ich, dass ich eins zu eins ersetzt werde, und das erleichtert mich“, sagt sie.

Das Problem, das beide haben, ist ein anderes. Weil im Angriff Jasmin Belguendouz und Annalena Grätz mit Knieblessuren für die gesamte Saison ausfallen, kann kaum zielgerichtet trainiert werden, zudem ist das Niveau der Angreiferinnen nicht auf dem der Zuspielerinnen. Darüber zu klagen fiele ihnen jedoch nie ein. „Die Herausforderung ist, uns auf unseren Angriff so einzustellen, dass wir ihn bestmöglich einsetzen. Fakt ist, dass wir als Team deutlich besser sind als der aktuelle Platz zehn“, sagen sie. An diesem Sonnabend (19 Uhr, CU-Arena) gibt es gegen den Tabellenzweiten DSHS Köln die nächste Chance, das zu beweisen. Wer auch immer spielen wird, Luise Klein und Lisa Senger sind bereit.