Hamburg. Hamburger Firma stattet Amateur-Fußballclubs mit Überwachungssystemen aus. Günstig ist die schöne neue Datenwelt allerdings nicht.

Eigentlich müsste sich Mehmet Scholl auf Amateur-Fußballplätzen sehr wohlfühlen. Die Kritik des früheren Bayern-Stars an den „Laptoptrainern“ ging als geflügeltes Wort in die Debatte über die neue Trainergeneration ein. Wer findet, Fußball werde zu sehr verwissenschaftlicht, kann sich auf Scholl berufen. Oder Amateur-Fußballplätze besuchen, die letzten Sehnsuchtsorte für Fußballromantiker.

Doch die Zeiten ändern sich nicht nur bei den Profis. Einer, der das weiß, ist Jan Schönteich (50). „In meinen 15 Jahren als Trainer habe ich meinem Gefühl vertraut, kaum das Internet genutzt“, sagt der heutige Sportchef und bis 2016 sehr erfolgreiche Trainer des sechsmaligen Hamburger Meisters TuS Dassendorf. Nun bestellte er trotzdem statistische Auswertungen der Spiele bei der weltweit agierenden Hamburger Firma Bepro Analytics: „Deren Angebot ist echt unschlagbar gut.“

Nach jetzigem Stand wird die Zahl der bislang drei Hamburger Oberligisten, die Bepros Dienste intensiv nutzen, in dieser Saison in den zweistelligen Bereich steigen. „Die Hamburger Oberliga ist ein besonderes Projekt für uns, weil wir hier am Großen Burstah unser Hauptbüro haben“, sagt Chief Operation Officer (COO) Christoph Wünsche (31). 120 Teams in sechs Ländern – Deutschland, Österreich, Niederlande, USA, Thailand und Südkorea – nutzen die Analysen der Firma. Nur: Was genau bietet Bepro an?

Geschichte des Start-ups begann 2015 in Südkorea

Die Story des mittlerweile mit 25 Mitarbeitern bestückten Start-ups beginnt 2015 in Südkorea. Der Student Hyunwook Kang, genannt „Luis“, zeichnet die eigenen Fußballspiele mit Freunden mit einer eigens entwickelten App auf. „Das war Spaß für uns“, sagt der heute 26 Jahre alte Chief Executive Officer (CEO) von Bepro Analytics. Beim Spaß bleibt es nicht. Die App findet Anklang in der südkoreanischen Universitätsliga. Es folgen Kooperationen mit asiatischen Teams. „Da haben wir gesagt, daraus machen wir eine Geschäftsidee“, erklärt Luis – und kommt Anfang 2017 mit einigen seiner Freunde nach Hamburg. Dort treffen sie auf Wünsche, der vom Spirit der jungen Digital Natives fasziniert ist – und von deren System.

Mit mindestens acht Metern über dem Feld am Mast oder am Stadiondach platzierten Kameras werden die Spiele gefilmt. Die AXIS-4K-Kameras speichern über die Rückennummern jederzeit alle Spieler. „Somit werden auch ihre Laufwege gespeichert, und das System erstellt eine sogenannte Heatmap“, erklärt Wünsche. Die Vereine erhalten also für jeden Spieler ein Bewegungsprofil. Und nicht nur das. Zu den Parametern, die für die Trainer jeweils durch Videosequenzen abrufbar sind, gehören unter anderem Flanken, Offensivzweikämpfe, Ballbehauptungen, abgefangene Bälle, Kopfballduelle, Befreiungsaktionen, offensives und defensives Umschaltspiel, das Aufbauspiel, das Verhalten gegen den Ball und die Kontersicherung.

Die Kameras zeichnen sogar die Richtung der Pässe auf

Dazu kommen weitere Statistiken. Eher bekannte wie Zweikampfquoten, Tore, Torvorlagen und Torschüsse und sehr innovative wie Schlüsselpässe oder eine Passkarte, die genau zeigt, wohin welcher Spieler all seine Pässe gespielt hat. „Gerade eine solche Ru­brik ist ungemein hilfreich“, sagt Condors Trainer Olufemi Smith. „Es ist schließlich entscheidend, ob jemand den Ball nur per Sicherheitspass quer und zurück schiebt oder qualitativ stark in die Tiefe spielt.“

Auch Smith (39) ist begeistert von Bepro: „Die Akzeptanz bei den Spielern erhöht sich natürlich, wenn ich ihnen ihre Stärken und Schwächen auf dem Bildschirm verdeutlichen kann. Sie lernen dadurch unheimlich viel und nehmen das sehr positiv auf.“ Zudem taugen all die Informationen für den einen oder anderen Kabinenschnack. Schließlich wird nach jeder Partie ein Ranking für jeden Spieler errechnet.

Günstig allerdings ist die schöne neue Datenwelt nicht, zumindest nicht für reine Amateurclubs. Vier Analysepakete bietet Bepro an, von der Variante „Light“ bis „Pro“ bewegen sich die Saisonangebote vom niedrigen bis in den gehobenen vierstelligen Bereich. „Das System ist sehr gut, aber trotzdem ist das schon eine Menge Geld, gerade für einen klassischen Breitensportverein wie uns“, sagt Niendorfs Manager Carsten Wittiber (49).

Basketball, Tennis und Hockey sollen langfristig ins Portfolio rücken

Bepro selbst will weiterwachsen. „Unser Fokus in Deutschland liegt aktuell auf den Regionalligen. Im Norden werden wir eine zweistellige Zahl von Vereinen, darunter der VfB Lübeck, bedienen.“ Auch mit mehreren Proficlubs (wie Köln) steht Bepro in Kontakt.

Andere Felder wie Basketball, Tennis und Hockey sollen langfristig ins Portfolio rücken. „Wir haben noch ein riesiges Potenzial, unser schon sehr gutes System weiter zu verbessern und damit Trainern sowie Spielern bei ihrer Weiterentwicklung zu helfen“, glaubt Wünsche. Davon ist offenbar auch der japanische Technologiekonzern Softbank überzeugt, der gemeinsam mit Altos Ventures aus dem Silicon Valley und Korea Telekom im August zehn Millionen Dollar in Bepro investierte.