Grindel zeigt sich reumütig in der Causa Özil. Kommen seine Aussagen zu spät, nachdem er ihn erst öffentlich angezählt hatte?

Frankfurt/Main. Die Rassismus-Debatte nach dem Nationalmannschafts-Rücktritt von Mesut Özil schlägt weiter hohe Wellen: Nun hat DFB-Präsident Reinhard Grindel entsprechende Vorwürfe gegen ihn entschieden zurückgewiesen. Im Umgang mit dem Spielmacher gesteht der 56-Jährige aber auch Fehler ein.

„Rückblickend hätte ich als Präsident unmissverständlich sagen sollen, was für mich als Person und für uns alle als Verband selbstverständlich ist: Jegliche Form rassistischer Anfeindungen ist unerträglich, nicht hinnehmbar und nicht tolerierbar“, schrieb Grindel, der wegen der anhaltenden Kritik um sein Amt zittern muss, in einer Stellungnahme am Donnerstag.

Grindel von Özil-Attacke „persönlich getroffen“

Dies gelte „im Fall Jerome Boateng, das gilt für Mesut Özil, das gilt auch für alle Spieler an der Basis, die einen Migrationshintergrund haben“. Özil war am vergangenen Sonntag aus der Nationalmannschaft zurückgetreten und hatte in den sozialen Medien zu einem Rundumschlag gegen seine Kritiker, die Medien, ausgewählte Sponsoren und den DFB ausgeholt. Grindel attackierte er scharf und sprach von Rassismus in der DFB-Führung.

„Ich gebe offen zu, dass mich die persönliche Kritik getroffen hat“, sagte Grindel. „Noch mehr tut es mir für meine Kollegen, die vielen Ehrenamtlichen an der Basis und die Mitarbeiter im DFB leid, im Zusammenhang mit Rassismus genannt zu werden. Für den Verband und auch für mich persönlich weise ich dies entschieden zurück.“

Grindel und Bierhoff zählten Özil an

Noch während der Weltmeisterschaft in Russland hatte Grindel von Özil eine öffentliche Erklärung zur Debatte um die umstrittenen Fotos mit Türkei-Präsident Recep Tayyip Erdogan gefordert. „Es stimmt, dass sich Mesut bisher nicht geäußert hat. Das hat viele Fans enttäuscht, weil sie Fragen haben und eine Antwort erwarten. Diese Antwort erwarten sie zu Recht. Deshalb ist für mich völlig klar, dass sich Mesut, wenn er aus dem Urlaub zurückkehrt, auch in seinem eigenen Interesse öffentlich äußern sollte“, sagte Grindel damals dem „Kicker“.

Diese Distanzierung von Özil war der Auslöser für die anschließenden Diskussionen um den Kreativspieler, die dazu führten, dass der Arsenal-Profi vom DFB in die Rolle des Sündenbocks für das WM-Debakel gedrängt wurde.

Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff stellte Özil öffentlich an den Pranger – um vom sportlichen Debakel abzulenken?
Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff stellte Özil öffentlich an den Pranger – um vom sportlichen Debakel abzulenken? © dpa | Ina Fassbender

Dazu trugen auch die Aussagen Oliver Bierhoffs in der „Welt“ bei: „Wir haben Spieler bei der deutschen Nationalmannschaft bislang noch nie zu etwas gezwungen, sondern immer versucht, sie für eine Sache zu überzeugen. Das ist uns bei Mesut nicht gelungen.“ Daher hätte man „überlegen müssen, ob man sportlich auf ihn verzichtet“, sagte der Manager.

Anschließend sah sich Özil beim DFB mit Rassismus konfrontiert, was seine offizielle Erklärung für den Rücktritt aus der Nationalmannschaft war.