Bis zum WM-Auftakt gegen Mexiko wartet noch Arbeit auf die deutsche Mannschaft. Aber es gibt einen Lichtblick.

Leverkusen. Das Wort „Turniermannschaft“ hat im deutschen Sprachgebrauch eine gewisse Prominenz. Immer, wenn die Dinge vor einer WM oder EM nicht so rosig aussehen, hört man es vielerorts. „Wir sind eine Turniermannschaft.“ Das soll so viel bedeutet wie: Wenn es drauf ankommt, sind wir da.

Diese Überzeugung erreicht sogar jene, die bei einem Turnier nie groß mitwirken konnten. „Wir wissen, wir sind eine Turniermannschaft“, sagte auch Marco Reus, nachdem der Dortmunder festgestellt hatte, dass die Generalprobe für die WM, das 2:1 gegen Saudi-Arabien am Freitag, nicht so rosig ausgesehen hatte. Deshalb sei er „nicht bange“ für Russland.

Reus verpasste ja bis auf die EM 2012 jedes Turnier verletzt. Bei der WM ist er nun dabei. Das und der Umstand, dass Deutschland vielleicht wirklich ein an Aufgaben wachsender Riese ist, sind die Gründe, nach einer holprigen Vorbereitung an eine gute WM zu glauben. Aber bis zum ersten Gruppenspiel gegen Mexiko am Sonntag hat Bundestrainer Joachim Löw noch drei Probleme zu lösen.

Boatengs Fitness bereitet Sorgen

Problem Nummer eins heißt Jerome Boateng. Der Bayern-Verteidiger gab gegen Saudi-Arabien eine Halbzeit lang sein Comeback nach einer schweren Muskelverletzung Mitte April. Aber Boateng, der ein wesentlicher Faktor beim Titelgewinn 2014 war, wirkte steif. „Er hat im Training schon wieder einen guten Eindruck gemacht“, sagte Löw, war sich aber nicht sicher, ob der Bayern-Verteidiger schon wieder Luft für 90 Minuten hat. Deshalb spielte Boateng nur 45 – und das nicht gut. „Wir werden mit ihm arbeiten und haben ja auch noch im Turnier Zeit“, so Löw.

Deutschlands WM-Generalprobe gegen Saudi-Arabien

Deutschland ist Weltmeister! Nun ja, noch nicht ganz. Aber Thomas Müller kann sich auch über halbe Eigentore wie das 2:0 gegen Saudi-Arabien freuen wie ein Schneekönig
Deutschland ist Weltmeister! Nun ja, noch nicht ganz. Aber Thomas Müller kann sich auch über halbe Eigentore wie das 2:0 gegen Saudi-Arabien freuen wie ein Schneekönig © dpa
Nach Abpfiff war die Körpersprache eine andere – denn am Ende stand nur noch ein mageres 2:1
Nach Abpfiff war die Körpersprache eine andere – denn am Ende stand nur noch ein mageres 2:1 © dpa
In der Schlussminute vergaben die Saudis sogar noch die Riesenchance zum Ausgleich
In der Schlussminute vergaben die Saudis sogar noch die Riesenchance zum Ausgleich © Imago/MIS
14. Länderspiel, achtes Tor: Timo Werner (3.v.l.) brachte Deutschland gegen Saudi-Arabien in der 8. Minute in Führung
14. Länderspiel, achtes Tor: Timo Werner (3.v.l.) brachte Deutschland gegen Saudi-Arabien in der 8. Minute in Führung © dpa
Müller und Omar Hawsawi sorgten im Verbund dann für das 2:0 (43.)
Müller und Omar Hawsawi sorgten im Verbund dann für das 2:0 (43.) © Witters
Ist das auch die Startelf gegen Mexiko? In der Generalprobe gegen Saudi-Arabien durften zunächst Manuel Neuer (oben v.l.), Toni Kroos, Mats Hummels, Jonas Hector, Sami Khedira, Jerome Boateng sowie Joshua Kimmich (untern v.l.), Marco Reus, Julian Draxler, Thomas Müller und Timo Werner aufs Feld
Ist das auch die Startelf gegen Mexiko? In der Generalprobe gegen Saudi-Arabien durften zunächst Manuel Neuer (oben v.l.), Toni Kroos, Mats Hummels, Jonas Hector, Sami Khedira, Jerome Boateng sowie Joshua Kimmich (untern v.l.), Marco Reus, Julian Draxler, Thomas Müller und Timo Werner aufs Feld © Getty Images
Mesut Özil (l.) und Ilkay Gündogan erlebten die Nationalhymnen von der Bank aus
Mesut Özil (l.) und Ilkay Gündogan erlebten die Nationalhymnen von der Bank aus © Getty Images
Gündogan durfte in der zweiten Halbzeit auch noch aufs Feld – unter Begleitung von Pfiffen, aber auch vereinzeltem Beifall
Gündogan durfte in der zweiten Halbzeit auch noch aufs Feld – unter Begleitung von Pfiffen, aber auch vereinzeltem Beifall © Imago/Jan Hübner
Jérôme Boateng gab nach sechs Wochen Wettkampfpause sein Comeback
Jérôme Boateng gab nach sechs Wochen Wettkampfpause sein Comeback © Getty Images
Draxler gegen Saudi-Arabiens Yasser Al Shahrani (M.) und Abdullah Al Muaiouf
Draxler gegen Saudi-Arabiens Yasser Al Shahrani (M.) und Abdullah Al Muaiouf © dpa
"Nach dem Stern greifen" – die Botschaft der deutschen Fans an die ihre Nationalmannschaft in Leverkusen © dpa
Und so ein Pokal wäre natürlich auch nicht schlecht
Und so ein Pokal wäre natürlich auch nicht schlecht © dpa | Ina Fassbender
Bundestrainer Joachim Löw hat den fünften Stern schon aufgeperlt
Bundestrainer Joachim Löw hat den fünften Stern schon aufgeperlt © WITTERS | TimGroothuis
Auch DFB-Teammanagerin Maika Fischer blickt bereits gen Russland
Auch DFB-Teammanagerin Maika Fischer blickt bereits gen Russland © WITTERS | TimGroothuis
Eine weitere Pokal-Attrape
Eine weitere Pokal-Attrape © dpa | Marius Becker
Auch Saudis waren im Publikum
Auch Saudis waren im Publikum © dpa | Ina Fassbender
Multi-Kulit im deutschen Fanblock
Multi-Kulit im deutschen Fanblock © dpa | Ina Fassbender
Auch diese DFB-Anhänger sehen nur noch Sterne
Auch diese DFB-Anhänger sehen nur noch Sterne © dpa | Ina Fassbender
Stets up-to-date: Ein Supporter Saudi-Arabiens vor dem Anpfiff
Stets up-to-date: Ein Supporter Saudi-Arabiens vor dem Anpfiff © dpa | Ina Fassbender
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Bis zum WM-Start hat der 58-Jährige nach der Ankunft im Teamquartier Watutinki nur noch vier Trainingstage. Er wird sie auch darauf verwenden müssen, die mangelhafte Zielstrebigkeit im Angriff zu beheben. Das war schon beim 1:2 im vorletzten WM-Test gegen Österreich zu beobachten – und nun auch gegen die bestenfalls durchschnittlichen Saudis. „Wir hätten viel mehr Tore schießen müssen“, sagte Löw und bemängelte die Bereitschaft, Läufe in die Tiefe zu machen.

Özil rückt für Draxler in die Startelf

Problem Nummer drei ist die fehlende Hingabe für Defensivarbeit. „Wir haben es nicht geschafft, den Ball zu sichern, dass wir in unserer Formation stehen, dass wir Konter besser abfangen“, sagte Innenverteidiger Mats Hummels. „Beim Turnier müssen wir uns straffen. Da können wir eine solche Leistung wie gegen Saudi-Arabien nicht bringen“, kritisierte der eingewechselte Stürmer Mario Gomez.

Erklärbar ist die vor allem in der zweiten Halbzeit schwache Leistung gegen Saudi-Arabien mit der Trainingssteuerung. 16 Tage lang hat Löws Elf in Südtirol intensiv geschuftet – und das nicht, um gegen Saudi-Arabien fit zu sein, sondern gegen Mexiko. Daher sagte Löw auch: „Ich mache mir keine Sorgen. Wir haben noch eine Woche. Wenn es losgeht, werden wir da sein.“ Das Wort Turniermannschaft verwendete er nicht, meinte aber dasselbe.

Marco Reus könnte helfen, zumindest das Offensiv-Problem zu lösen. Der 29-Jährige kann mit seiner Dynamik für Tiefe im Spiel sorgen, und Löw ist von ihm durchaus angetan: „Ich bin überzeugt, das Marko wichtige Akzente setzen kann und einen wesentlichen Beitrag dazu leisten wird, dass wir bei der WM weit kommen“, sagte der Bundestrainer. Er hat seine Startelf für Mexiko schon gefunden. Sie wird der gegen Saudi-Arabien sehr ähnlich sein, nur Mesut Özil dürfte Julian Draxler ersetzen. Gleiches Personal, aber andere Einstellung, so könnte es dann gehen in Russland.

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