Deutschland scheitert in der Stierkampfarena von Valencia an Spanien. Kohlschreiber verliert das entscheidende Einzel.

Valencia. Deutschlands Tennis-Herren haben den Einzug ins Halbfinale des Davis Cups ganz knapp verpasst. Das deutsche Team musste sich am Wochenende in Valencia gegen Spanien mit 2:3 geschlagen geben und wartet damit weiter auf den ersten Einzug in die Vorschlussrunde seit 2007. Im entscheidenden fünften Spiel verlor Philipp Kohlschreiber am Sonntag gegen David Ferrer in einem dramatischen Fünfsatzkrimi mit 6:7 (1:7), 6:3, 6:7 (4:7), 6:4, 5:7. Die Partie im Hexenkessel Stierkampfarena dauerte 4:51 Stunden.

Zuvor hatte Alexander Zverev das Spitzenduell gegen Rafael Nadal klar in drei Sätzen verloren. Die 2:1-Führung nach dem fünfstündigen Doppel-Krimi am Sonnabend war damit dahin.

Kohlschreiber und Ferrer schenkten sich in ihrem Marathonmatch von Beginn an nichts. Die Partie hatte alles, was ein dramatisches Spiel im Davis Cup ausmacht: Lange Ballwechsel, ständige Führungswechsel, eine Unterbrechung wegen Blitz und Donner, zwischenzeitliche kleine Windhosen auf dem Platz – es war eine dieser Begegnungen, die den traditionsreichen Mannschaftswettbewerb so besonders machen.

Ferrer spielte wie ausgewechselt

Schon der erste Durchgang dauerte mehr als eine Stunde, ehe Ferrer den Tiebreak deutlich mit 7:1 gewann. Doch Kohlschreiber, am ersten Tag gegen Nadal noch ohne jede Chance, zeigte großes Kämpferherz und kam so zurück in die Partie. Mit 6:3 holte er den zweiten Abschnitt.

Danach ging der Abnutzungskampf zwischen den beiden munter weiter. Zwei Mal lag Kohlschreiber ein Break vorne und schlug beim 5:4 sogar zum Satzgewinn auf. Doch Ferrer, der große Kämpfer, ließ sich nicht abschütteln. Hatte sich der Lokalmatador am Freitag noch gegen Zverev relativ wehrlos in sein sportliches Schicksal ergeben, rannte er jetzt um jeden Ball. Mit einem Netzroller beim Satzball sicherte er sich den dritten Durchgang im Tiebreak.

Kohlschreiber wirkte teilweise ratlos
Kohlschreiber wirkte teilweise ratlos © Reuters/Heino Kalis

Doch Kohlschreiber blieb erstaunlich ruhig und wartete auf seine Chance. Beim Stand von 5:4 erspielte er sich die ersten Breakbälle im vierten Durchgang überhaupt und nutzte gleich den ersten zum Gewinn des vierten Satzes. Es passte zu dieser verrückten Partie, dass er wie Ferrer im Abschnitt zuvor beim Satzball von einem Netzroller profitierte. Doch das Momentum ging schnell wieder auf Ferrers Seite, dem sofort ein Break gelang. Kohlschreiber gab zwar weiter alles, am Ende reichte es aber nicht ganz.

Nadal bleibt Zverevs Angstgegner

Zuvor war Zverev im Spitzenduell mit Nadal völlig chancenlos gewesen. Nachdem das Doppel Tim Pütz und Jan-Lennard Struff Deutschland am Samstag mit einem Sieg im dramatischen Fünfsatzkrimi gegen Feliciano und Marc Lopez 2:1 in Führung gebracht hatte, waren die Hoffnungen auf Zverev groß gewesen. Zumal der Druck auf Nadal riesengroß war. Doch Zverev stand gegen den Weltranglisten-Ersten auf verlorenem Posten. Der 20-Jährige fand nie wirklich zu seinem Spiel und somit kein Mittel gegen das druckvolle Grundlinienspiel des „Sandplatzkönigs“ aus Mallorca.

Für Zverev war es im vierten Spiel gegen den 16-maligen Grand-Slam-Sieger die vierte Niederlage. Er stand gegen Nadal völlig auf verlorenem Posten. „Ich war einfach müde. Ich bin kein Roboter, sondern auch nur ein Mensch“, sagte der gebürtige Hamburger, der erst am Montagabend aus Miami in Valencia eingetroffen war.

In den USA hatte er beim Masters-Event noch das Finale erreicht. Die Zeitumstellung und der Belagwechsel, das sei alles etwas zu viel gewesen, sagte Zverev, der ab morgen erst einmal fünf Tage gar nichts machen will. „Und zudem habe ich gegen den besten Sandplatzspieler aller Zeiten gespielt.“

Becker über Zverev-Leistung ratlos

Nadal war von Beginn an heiß auf das Spitzeneinzel und riss die Zuschauer in der imposanten Stierkampfarena bereits früh von den Sitzen. Schon als der Stadionsprecher vor der Partie die Erfolge von Nadal verlas, herrschte Festtagsstimmung. Diese steigerte sich noch, da Nadal anfangs wie ein Orkan über Zverev hinwegfegte.

Nadal ließ sich für seinen starken Auftritt feiern
Nadal ließ sich für seinen starken Auftritt feiern © REUTERS | HEINO KALIS

Nach gerade einmal 34 Minuten ging der erste Satz mit 6:1 an Nadal. Deutschlands Teamchef Michael Kohlmann und Tennis-Legende Boris Becker, Head of Men's Tennis im Deutschen Tennis Bund, berieten einigermaßen ratlos, wie sie ihren Spitzenspieler wieder in die Spur bringen könnten.

Zverev verließ Stierkampfarena fluchtartig

Doch eine Lösung fanden sie nicht. Nadal gelang auch zu Beginn des zweiten Abschnitts sofort ein Break. Zwar nahm Zverev dem Spanier danach ebenfalls den Aufschlag ab und steigerte sich ein wenig. Aber zum 3:2 gelang Nadal wieder ein Break, nach 1:26 Stunden stand es 2:0 für den 31 Jahre alten Mallorquiner.

Nach seiner rund zehnwöchigen Pause wegen einer Verletzung am rechten Hüftbeuger war Nadal zwar noch ein ganzes Stück von seiner Bestform entfernt. Doch weil Zverev nicht annähernd sein bestes Tennis spielte, geriet der zehnmalige French-Open-Champion auf seinem Lieblingsbelag zu keiner Zeit in Gefahr. 38 vermeidbare Fehler wies die Statistik nach zwei Sätzen für Zverev aus – viel zu viel, um eine Chance gegen Nadal zu haben.

Im dritten Satz gelangen Nadal ebenfalls zwei schnelle Breaks, danach war die Partie gelaufen. Zwar kam Zverev noch einmal auf 3:4 heran, doch von einer Wende blieb der immer wieder mit sich hadernde Weltranglisten-Vierte meilenweit entfernt. Mit dem ersten Matchball machte Nadal alles klar, die rund 10.000 Zuschauer huldigten ihn mit lauten „Rafa, Rafa“-Rufen, während Zverev die Arena fluchtartig verließ.