Valencia. Deutsche siegen gegen Spaniens Spitzenduo. Nun kann Zverev ersten Viertelfinal-Einzug seit elf Jahren klarmachen.

Jan-Lennard Struff hatte nach einem Doppelmatch, an das er sich sein Leben lang erinnern wird, überhaupt keine Lust, irgendetwas zu beschönigen. „Solche Spiele braucht man nicht so oft. 2:0 Sätze vorn, dann 2:2 und am Ende doch noch zu gewinnen, das ist unglaublich“, sagte der 27-Jährige. 4:39 Stunden hatten der Warsteiner und sein Doppelpartner Tim Pütz (30/Frankfurt am Main) sich mit Feliciano (36) und Marc Lopez (35) duelliert, ehe der 6:3, 6:4, 3:6, 6:7 (4:7), 7:5-Triumph über die French-Open-Sieger von 2016 feststand. Damit führen die deutschen Tennisherren im Viertelfinale in der Stierkampfarena von Valencia gegen Spanien mit 2:1 und haben gute Chancen, erstmals seit 2007 wieder das Halbfinale des Daviscups zu erreichen.

„Das war eine Schlacht. Die Jungs haben es super gemacht, nach dem 2:2-Satzausgleich wieder zurückzukommen“, lobte Teamchef Michael Kohlmann, der zugab, im fünften Satz bisweilen mehrfach fast in Lachen ausgebrochen zu sein. „Es gab so viele verrückte Ballwechsel, wir haben viele Chancen vergeben, aber auch klasse Punkte gemacht. Genau das macht den Daviscup aus, dass Doppelspieler wie Tim Pütz in den Vordergrund rücken. Er wird dieses Match niemals vergessen“, sagte Kohlmann. Tatsächlich stand der 308. der Einzel-Weltrangliste, der an der Seite von Struff in nun drei Daviscup-Matches unbesiegt ist, zum Ende des Spiels im Mittelpunkt.

Nervenstärke im Angesicht von fünf Breakbällen

Zunächst unterliefen ihm im Tiebreak des vierten Satzes vier einfache Fehler, die Spanien den Ausgleich ermöglichten. Dann hielt Pütz beim Stand von 3:4 im Schlussdurchgang im längsten Aufschlagspiel des Matches seinen Service und bewies angesichts von fünf Breakbällen gegen sich beeindruckende Nervenstärke. Und schließlich schaffte er es nach dem Break zum 6:5, sein Aufschlagspiel souverän durchzubringen. „Es war ein verrücktes Match. Der Platz war extrem langsam, es gab so viele Platzfehler. Da muss man erstmal durchkommen“, sagte er.

Feliciano Lopez, der zugab, Pütz vor dem Match nicht gekannt zu haben, sagte: „Er hat allen Kredit verdient. Er ist cool geblieben und hat bei unseren Breakbällen aggressiv gespielt. Wir haben es einfach nicht geschafft, unsere Chancen zu nutzen.“ Spaniens Teamchef Sergi Bruguera war der Meinung, „dass wir in 99 von 100 Versuchen dieses Break schaffen. Aber heute waren die Deutschen die Glücklicheren.“ Pütz sagte, es habe sich nicht gut angefühlt, so viele Breakbälle gegen sich zu haben. „Aber mit der Unterstützung des Teams haben wir es überstanden“, sagte er. Das Match seines Lebens sei es nicht gewesen, „dafür habe ich am Anfang viel zu furchtbar gespielt“, ewig erinnern werde er sich daran aber schon. „Immerhin ist der Daviscup für mich eine Bühne, die ich sonst wegen meiner Ranglistenposition nicht betreten kann. Die versuche ich bestmöglich zu nutzen.“

Struff bewahrte im entscheidenden Moment Ruhe

Das gelang ihm am Sonnabend ebenso wie Struff. Der Warsteiner, auf Rang 60 der Weltrangliste geführt, hatte sich zum Ende des Matches wieder gefangen. Im ersten Satz war der 196-cm-Schlaks dank seiner brachialen Rückhand der beste Mann auf dem Court gewesen. Dann hatte er, insbesondere im dritten und vierten Satz, zu hektisch und überhastet agiert und dadurch eine Reihe an Chancen vertan.

„Es gibt immer Phasen im Match, in denen der eine den anderen mitziehen muss. Das haben wir heute gut gemacht. Wichtig war vor allem, dass wir im fünften Satz die Ruhe bewahrt haben, obwohl die Atmosphäre in der Arena immer hitziger wurde“, sagte er. Tatsächlich hatten sich die spanischen Fans, angeheizt von zwei Marching Bands, nach dem 2:2-Satzausgleich in Hochstimmung gesungen. „Zwischen den Punkten war es sehr laut, aber wir haben es gut hingekriegt, uns davon nicht beeindrucken zu lassen“, sagte Struff.

Alexander Zverev spielt gegen Rafael Nadal

Der Triumph seiner Teamkollegen bringt nun Deutschlands besten Tennisspieler in die Position, gegen den Weltranglistenersten den entscheidenden dritten Punkt holen zu können. Der Hamburger Alexander Zverev, Nummer vier der Welt, trifft an diesem Sonntag (11 Uhr/dazn.com live) auf Spaniens Topstar Rafael Nadal (31). Beide Topspieler verfolgten das Doppel direkt am Spielfeldrand und litten mit ihren Kollegen mit. Sollte Zverev verlieren, entschiede das vierte Einzel, in dem Philipp Kohlschreiber (34/Augsburg) oder Struff gegen Roberto Bautista Agut antreten müssen, der mutmaßlich David Ferrer ersetzt.

Nadal hatte sich am Freitag nach gut zwei Monaten Pause wegen einer Hüftblessur mit einem überzeugenden Dreisatzsieg über Kohlschreiber zurückgemeldet und seine Stellung als Sandplatzkönig eindrucksvoll demonstriert. Trotz einer 0:3-Bilanz gegen den Mallorquiner, von dem er zuletzt im April 2017 beim Masters in Monte Carlo eine bittere 1:6, 1:6-Lehrstunde erhielt, ist der 20 Jahre alte Zverev keinesfalls chancenlos. Bei seinem Dreisatzsieg über Ferrer (36) am Freitag zeigte der 198-cm-Hüne starkes Grundlinientennis und wies vor allem die nötige Nervenstärke nach, um in der brodelnden Atmosphäre in der Stierkampfarena von Valencia bestehen zu können.

„Ich freue mich riesig auf das Match gegen Rafa, auch wenn ich weiß, dass ich mich in allen Belangen steigern muss, um ihn zu besiegen“, sagte er. Nadal zeigte sich vor dem Spitzenduell ebenfalls respektvoll. „Zverev ist ein sehr guter Spieler, ich erwarte ein sehr hartes Match und muss besser aufschlagen, um zu siegen.“