Valencia. Zum Auftakt des Davis-Cup-Duells in Spanien revanchiert sich der Hamburger eindrucksvoll für eine Niederlage am Rothenbaum.

Nur kurz schüttelte er die zur Faust geballte linke Hand, mehr Gefühlsregung schien nicht angebracht. Zu überlegen war Alexander Zverev in den 1:55 Stunden Spielzeit gewesen, die er benötigt hatte, um David Ferrer 6:4, 6:2, 6:2 zu bezwingen und das deutsche Tennisteam im Davis-Cup-Viertelfinalduell gegen Spanien in der Stierkampfarena von Valencia mit 1:0 in Führung zu bringen.

Der 20 Jahre alte Hamburger umarmte noch sämtliche Teammitglieder auf der deutschen Bank, dann gab er die Bühne frei für Spaniens Topspieler, den Weltranglistenersten Rafael Nadal (31), der im zweiten Einzel gegen den Augsburger Philipp Kohlschreiber (34) gefordert war. Und weil Nadal diese Bühne nutzte und in etwas mehr als zweieinhalb Stunden 6:2, 6:2, 6:3 siegte, steht es nach dem ersten Tag des 17. Davis-Cupduells der beiden Nationen 1:1.

Zverev schafft acht Breaks in Serie

Er würde nicht sein bestes Tennis zeigen können, hatte Zverev vor dem Match gemutmaßt. Nach seiner Finalteilnahme beim Mastersturnier in Miami am vergangenen Sonntag steckten ihm sowohl der Jetlag als auch die kurze Umstellungszeit von Hart- auf Sandplatz in den Knochen. „Heute Morgen um 8 Uhr haben vier Leute versucht, mich zu wecken. Aber erst mein Hund hat es geschafft“, sagte er nach dem Match. Dass es dennoch zum souveränen Dreisatzsieg reichte, hatte zwei Gründe.

Zum einen ließ sich der 198-Zentimeter-Mann zu keiner Zeit aus seinem Rhythmus bringen, blieb stets aggressiv und setzte Ferrer mit variablem Spiel unter Dauerdruck. Zum anderen war der Aufschlag des Spaniers, der aus Valencia stammt und vom ebenso frenetischen wie fairen Publikum für jeden Punktgewinn gefeiert wurde, an diesem Freitag nicht wettbewerbsfähig.

Herrentennischef Boris Becker (l.) und Physiotherapeut Bastian Arnold
Herrentennischef Boris Becker (l.) und Physiotherapeut Bastian Arnold © REUTERS | HEINO KALIS

Im zweiten und dritten Satz verlor Ferrer alle seine Aufschlagspiele, acht in Serie. Insgesamt zehn Breaks gelangen Zverev. „So etwas ist mir noch nie passiert. Alexander war das ganze Spiel über besser. Um eine Chance zu haben, hätte ich besser aufschlagen müssen. Woran es gelegen hat, kann ich nicht erklären, es war einfach nicht mein Tag“, sagte ein konsternierter Ferrer.

„Ich fand nicht, dass er wahnsinnig schlecht aufgeschlagen hat. Ich habe einfach gut von der Grundlinie gespielt. Aber acht Breaks hintereinander habe ich auch noch nicht geschafft“, sagte der Weltranglistenvierte Zverev, der im fünften Duell mit Ferrer zum dritten Mal siegte.

Revanche für den Rothenbaum

2014 war er dem Ranglisten-33. erstmals – und zum bislang einzigen Mal auf Sand – begegnet. In Hamburg am Rothenbaum, bei seinem Heimturnier, gab es im Halbfinale beim 0:6, 1:6 eine Lehrstunde. Damals allerdings war Zverev gerade 17, es spielte ein Talent gegen einen Routinier. Nun, bei der „Heimspiel-Revanche“, trafen sich zwei Männer, ein aufstrebender Jungstar und ein alternder Kämpfer, der zwar alles versuchte, mit der Entschlossenheit und Power des Jüngeren jedoch nicht mehr mithalten konnte.

„Ich bin schon etwas überrascht, dass es so gut gelaufen ist. In Spanien auf Sand gegen Ferrer, das ist nicht so leicht. Umso zufriedener bin ich mit meiner Leistung heute. Der Schlüssel war, dass ich ruhig geblieben bin“, sagte Zverev.

In dieser Form ist es durchaus denkbar, dass am Sonntag (11 Uhr) im vierten Duell mit Nadal der erste Sieg herausspringen könnte. Dann dürfte auch der Jubel deutlich euphorischer ausfallen. Vor allem dann, sollte es der entscheidende dritte Punkt zum ersten Halbfinaleinzug seit 2007 sein.

Nadal weiß um Zverevs Stärken

Allerdings wies der Branchenprimus gegen einen zwar bemühten, aber letztlich chancenlosen Kohlschreiber nach, dass alle Sorgen um seinen Gesundheitszustand unbegründet gewesen waren. Seit den Australian Open Ende Januar hatte Nadal wegen einer Hüftverletzung nicht mehr spielen können, doch gegen den Weltranglisten-34. zeigte er sich aggressiv und angriffslustig wie gewohnt. „Ich bin froh, dass mein Körper so gut reagiert hat. Es war ein solides Match von mir mit einem sehr guten Ergebnis“, sagte Nadal, der sich für Sonntag vorgenommen hat, seinen Aufschlag zu verbessern. „Gegen Zverev darf ich mir nicht so viele Fehler erlauben“, sagte er.

Kohlschreiber räumte unumwunden ein, chancenlos gewesen zu sein. „Rafa war heute der deutlich bessere Mann, er war viel zu stark für mich und hat wie ein Champion gespielt“, sagte er. Teamchef Michael Kohlmann freute sich darüber, „dass wir immerhin das Minimum erreicht haben und es 1:1 steht. Sascha hat die Umstellung sehr gut gemeistert und eine tolle Leistung gezeigt. Es war sehr wichtig für uns, dass er sich nicht hat aus der Ruhe bringen lassen.“

Ob Nadal oder Zverev am Sonntag den Druck des Gewinnenmüssens spüren wird, hängt vom Ausgang des Doppels am Sonnabend (14 Uhr) ab. Tim Pütz (20/Frankfurt am Main) und Jan-Lennard Struff (27/Warstein) sind dann gegen das spanische Weltklasseduo Feliciano und Marc Lopez gefordert. Wobei Kohlmann nicht ausschließen wollte, dass sein spanisches Pendant Sergi Bruguera nicht doch noch kurzfristig eine Um-stellung vornehmen könnte. „Wenn ich gesehen habe, wie Nadal heute gespielt hat, dann könnte ich mir durchaus vorstellen, dass wir ihn auch im Doppel sehen werden“, sagte er.