Pyeongchang. Eigentlich sollte es noch ein Geheimnis bleiben. Doch der Name sickerte vorab durch – und es ist nicht Claudia Pechstein.

Das Olympia-Casting ist beendet, die Öffentlichkeit und das „Team Deutschland“ haben entschieden: Eric Frenzel wird die deutsche Fahne bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele an diesem Freitag in Pyeongchang tragen. Zunächst hatte Sport1 am Mittwoch berichtet, dass sich der nordische Kombinierer unter den fünf Kandidaten durchsetzte. Offiziell wird die Entscheidung erst am Donnerstag (9 Uhr MEZ) vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) verkündet.

Eric Frenzel mit seinen Medaillenausbeute der WM im vergangenen Jahr
Eric Frenzel mit seinen Medaillenausbeute der WM im vergangenen Jahr © imago/Sammy Minkoff | imago sportfoto

Neben Frenzel und der nicht unumstrittenen Eisschnellläuferin Claudia Pechstein hatte der DOSB Rodlerin Natalie Geisenberger, Eishockey-Star Christian Ehrhoff und Skirennläuferin Viktoria Rebensburg für die Wahl vorgeschlagen. Bis Sonntag um Mitternacht konnten Fans und die 153 deutschen Olympia-Athleten abstimmen, beide Seiten wurden mit 50 Prozent gewichtet.

Über die Chancen der fünf Nominierten wurde heiß debattiert, über keine Kandidatin so intensiv diskutiert wie über Pechstein. Sportlich ist Deutschlands Rekordolympionikin (5 Gold/2 Silber/2 Bronze) über jeden Zweifel erhaben, für die fünfmalige Olympiasiegerin beginnen knapp zwei Wochen vor ihrem 46. Geburtstag ihre siebten Winterspiele. Sie besitzt realistische Chancen auf eine zehnte Medaille, keine Athletin der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft läuft auf ihrem Niveau.

Debatte um Pechstein

Doch an der Vorbildfunktion – der DOSB nannte diese als eines von fünf Kriterien für die Vorauswahl – scheiden sich in ihrem Falle die Geister. Im Kampf gegen ihre zweijährige „Unrechtssperre“ aus dem Jahr 2009 wegen auffälliger Blutwerte beweist Pechstein vor den Gerichten zwar ein beachtenswertes Durchhaltevermögen, legt aber ebenso wie ihr umstrittener Lebensgefährte Matthias Große gegenüber Kritikern mitunter rüde Umgangsformen an den Tag.

Auch auf Konkurrentinnen schoss sie sich in der Vergangenheit mehrfach öffentlich ein. Fair Play? Schien in zahlreichen Zickenkriegen an der Eisbahn nicht immer Pechsteins Leitbild zu sein. Diplomatie? Zählt nicht zu ihren Stärken.

2016 wurde erstmals gecastet

Für den DOSB stand dennoch außer Frage, dass eine Athletin wie Pechstein die deutsche Delegation und damit letztlich auch das Land auf großer Bühne würdig vertreten kann. Die DOSB-Führung hat sie längst öffentlich rehabilitiert, Präsident Alfons Hörmann gilt als glühender Anhänger und sprach sich schon vor Monaten für die Berlinerin aus. Pechstein, die am Sonnabend über ihre Nebenstrecke 3000 m erstmals aufs Eis geht, bringe „genau wie die anderen Kandidaten die Voraussetzungen uneingeschränkt mit“, wiederholte Hörmann zuletzt.

Für Pechstein selbst wäre eine gehörige Portion Genugtuung hinzugekommen. Sie würde es „wahnsinnig gerne machen“, hatte sie in einem „Welt“-Interview gesagt: „Es wäre für mich wie eine zehnte Olympiamedaille.“

Vor vier Jahren in Sotschi hatte Skirennläuferin Maria Höfl-Riesch die deutsche Fahne getragen. Damals wählte noch allein der DOSB – und entschied sich gegen Pechstein. Beim ersten Casting 2016 in Rio de Janeiro gewann Tischtennisspieler Timo Boll.