Brisbane. Der deutschen Mannschaft winkt das erste Viertelfinale seit vier Jahren. Jan-Lennard Struff und Tim Pütz überraschten die Australier.

Die Erleichterung stand jedem Mitglied des deutschen Davis-Cup-Teams ins Gesicht geschrieben. Beinahe wirkte es so, als sei das Viertelfinale bereits erreicht. Kapitän Michael Kohlmann vergaß für wenige Momente seine Anspannung und lächelte gelöst, Chef-Berater Boris Becker strahlte mit seiner gesunden Gesichtsfarbe um die Wette, und DTB-Präsident Ulrich Klaus gönnte sich sogar ein Glas Champagner.

Den Grund zur Freude hatten zwei Freunde geliefert, die vor dem Doppel am Sonnabend als Außenseiter galten, letztlich aber verdient für die 2:1-Führung gegen Australien sorgten. Jan-Lennard Struff und Tim Pütz gewannen gegen John Peers und Matthew Ebden nach einer Achterbahnfahrt über 3:17 Stunden mit 6:4, 6:7 (1:7), 6:2, 6:7 (4:7), 6:4. "Ich bin sehr stolz auf sie", sagte Kohlmann.

Australier geben sich längst nicht geschlagen

Vor den abschließenden Einzeln am Sonntag (ab 3 Uhr MEZ/live bei DAZN) hat die DTB-Auswahl in Brisbane zwei Chancen auf den Sieg. Das erste Viertelfinale seit vier Jahren ist zum Greifen nahe, doch wie lang der Weg dorthin tatsächlich noch ist, verdeutlichte der ehemalige Weltranglistenerste Lleyton Hewitt. "Wir sind noch weit davon entfernt, uns geschlagen zu geben", sagte der Teamchef der Gastgeber gewohnt kämpferisch.

Alexander Zverev kann mit seinem zweiten Sieg des Wochenendes gegen Nick Kyrgios bereits für die Entscheidung sorgen. Verliert er, könnte Struff wie in der Relegation im vergangenen Jahr zum Helden avancieren. Schon am Sonnabend gelang ihm mit Partner Pütz eine Überraschung. Immerhin gehört Peers als Nummer vier der Doppel-Weltrangliste zu den besten seines Fachs.

Alexander Zverev musste seine Kräfte schonen

Struff und Pütz hatten den Vorzug vor Zverev erhalten, der nach seinem Vierstunden-Match am Freitag gegen den 18-jährigen Alex de Minaur seine Kräfte schonen sollte. Beide rechtfertigten das Vertrauen, waren vier Sätze lang das bessere Duo und hatten im fünften Satz auch "das Quäntchen Glück" (Kohlmann). Beim Stand von 2:3 wehrten sie drei Breakbälle ab und belohnten sich wenig später für eine Klasseleistung.

"Man sollte die Spieler nicht immer nach ihrer Ranglistenposition bewerten", sagte Kohlmann und spielte damit auf den Frankfurter Pütz an, der weder im Doppel und schon gar nicht im Einzel zu den Top 100 gehört: "Ihn haben die Australier sicher unterschätzt."

Doch wie schon in der Relegation in Portugal hielt Pütz dem Druck stand, an der Seite des Warsteiners Struff ist er sogar noch ungeschlagen, und das seit mehr als 20 Spielen. In der Bundesliga, der französischen Liga, bei einem Challenger in Genua und bei zwei Auftritten im Davis Cup: Immer behielten Struff und Pütz die Oberhand.

Boris Becker sprang mehrmals auf

"Wir vertrauen uns und helfen uns gegenseitig", beschrieb Pütz das Erfolgsrezept. "Sie sind ein Doppel, auf das wir uns immer verlassen können", lobte Kohlmann und stellte weitere Einsätze im Nationalteam in Aussicht: "Sie sind zweimal mit dem Druck sehr gut umgegangen. Das ist sicher ein Pluspunkt für die Zukunft."

Nicht nur auf dem Platz präsentierte sich die deutsche Mannschaft als Einheit. Auch hinter der Bande arbeiteten alle Teammitglieder am Erfolg. Jungstar Zverev wickelte für Struff die Griffbänder und feuerte mit Peter Gojowczyk unentwegt an. Boris Becker sprang häufiger auf, als es seiner Hüfte gut tut, und wirkte, als wolle er selbst wieder mitspielen.

"Das war sensationell", sagte Kohlmann: "Alle haben komplett an einem Strang gezogen." Die Aussichten vor der Entscheidung am Sonntag könnten wahrlich schlechter sein.

Sabine Lisicki verpasst Finale

Unterdessen hat die frühere Wimbledonfinalistin Sabine Lisicki (28) in Taipeh ihr erstes WTA-Finale seit September 2014 verpasst. In ihrem vierten Match nach fast drei Monaten Pause unterlag die 28 Jahre alte Berlinerin der Ukrainerin Kateryna Koslowa nach einem Break-Festival mit 5:7 und 4:6. Die fünf Jahre jüngere Koslowa könnte mit einem Sieg im Endspiel gegen Timea Babos (Ungarn) oder Wang Yafan (China) ihren ersten Tour-Titel gewinnen.

Trotz ihrer Niederlage hat der Auftritt in Taiwans Hauptstadt Lisicki Hoffnung gegeben. "Schreibt mich niemals ab", teilte sie über ihre sozialen Netzwerke mit. Ziel ist es nun, wieder Konstanz in ihr Spiel zu bekommen. Im Halbfinale des Challenger-Turniers in Limoges Anfang November 2017 hatte sie sich am Knie verletzt und musste später operiert werden.