Die Buxtehuderin Emily Bölk (19), das neue Gesicht des Frauenhandballs, schreibt für das Abendblatt exklusiv eine WM-Kolumne.

In der Nacht zum Montag waren wir alle lange wach. In unserem „Living Room“ im Hotel flossen viele Tränen. Es herrschte eine bedrückende Stimmung. Und Ungläubigkeit. Wir konnten es nicht fassen, dass es schon vorbei ist. Im Achtelfinale! Wir hatten uns die Heim-WM ganz anders erhofft. Das Final4 in Hamburg war kein utopisches Ziel! Mit einer Normalleistung wären Dänemark und danach Schweden auf jeden Fall machbar gewesen. Eine Normalleistung, wie wir sie in allen Vorbereitungsspielen und auch bei der EM in Schweden im letzten Jahr gezeigt haben.

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© HA | Michael Rauhe

Ich bin ein sehr emotionaler Typ. Ich fing direkt mit der Schlusssirene auf der Bank an zu weinen. Alles aus und vorbei, 17:21. Wir haben gegen die Däninnen wie im gesamten Turnier nicht zu unserer gewohnten Angriffsstärke gefunden. Wenn man nur 17 Tore wirft und 15 hundertprozentige Chancen liegen lässt, muss man sich nicht wundern, wenn man als Verlierer von der Platte geht. Es ist megaschwierig zu sagen, woran es lag. Daran, dass uns zwei Topleute wie Anne Hubinger und Kim Naidzinavicius fehlten? Vielleicht war es auch der Druck einer Heim-WM, dem wir nicht standhalten konnten. Bei mir persönlich war auch viel Aufregung, Druck und Nervosität dabei. Aber ich hatte sehr gute Vorbereitungsspiele. Der Rückschlag mit der blöden Fußverletzung war wohl ausschlaggebend. Danach kam ich nicht mehr richtig auf die Füße – und nicht mehr an meine Topleistung heran. Insgesamt sind wir einfach an uns selbst gescheitert.

Unterschiedliche Meinungen

Bundestrainer Michael Biegler ist nicht der Schuldige. Man kann immer darüber streiten, ob man anders hätte wechseln können, da gibt es immer unterschiedliche Meinungen. Aber was vor allem die älteren Spielerinnen beurteilen können: „Beagle“ und Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld haben sich unfassbar für uns eingesetzt – mehr als die meisten früheren Frauennationaltrainer. Sie waren rund um die Uhr für uns erreichbar. Sie sind in die Vereine gefahren und haben an den Strukturen im Deutschen Handball-Bund geschraubt. Da gab es die größte Veränderung unter Michael als Trainer. Sein Weg war kein falscher. Vielleicht waren die 20 Monate einfach zu wenig Zeit, dass wir da 100 Prozent mitziehen konnten.

Die Verabschiedung von „Beagle“ am Montagmorgen am Hotel war sehr traurig und emotional. Man realisiert erst dann, dass es nun wirklich vorbei ist mit ihm als Trainer. Ich bin total gespannt, wie es mit Henk Groener wird. Aber daran denke ich jetzt noch nicht.

Meine Eltern, meine Schwester, meine Oma und mein Onkel gehen trotzdem zum Final4 in der Barclaycard Arena. Ich selbst nicht. In sieben Tagen geht mein Training in Buxtehude wieder los. Bis dahin will ich mal Zeit mit meinen Freunden verbringen und den Kopf freikriegen. Ich werde hoffentlich noch einige WM- und EM-Turniere spielen, aber im Moment ist das kein Trost. Es ist die totale Enttäuschung.