Leipzig. Die Buxtehuderin Emily Bölk (19), das neue Gesicht des Frauenhandballs, schreibt für das Abendblatt exklusiv eine WM-Kolumne.

Für mich persönlich hat die Heim-WM mit einem blöden kleinen Unfall begonnen. Am vergangenen Mittwoch habe ich mir in unserer ersten Trainingseinheit in der großen Arena in Leipzig die Kapsel und ein Band im linken Fuß gerissen. Die Aufbauarbeiten waren noch voll im Gange. Es gab noch keine Stühle, keine Markierungen und ich wusste nicht, dass der verlegte Handballboden leicht erhöht ist. An den Rändern geht es eine Stufe hinunter. Ich wollte einfach nur einen Ball holen, habe natürlich nach vorne geguckt und nicht nach unten ... Und so bin ich genau auf die Kante getreten und weggeknickt. Autsch!

Zuerst war die Enttäuschung groß, wegen so einer dummen Sache den WM-Beginn zu verpassen. Aber das Ärzteteam hat sich super um mich gekümmert. Und die tollste Nachricht kam von „Beagle“, also Bundestrainer Michael Biegler: „Emmy“, hat er gesagt, „mach dir keinen Kopp, du hast den Platz sicher im Kader. Nimm dir die Zeit, die du brauchst, und dann holen wir dich nach, sobald du wieder spielen kannst.“ Seitdem bin ich wieder happy und Feuer und Flamme. Ich bin sehr optimistisch, dass ich am heutigen Dienstag gegen Serbien die WM endlich auch auf der Platte erleben darf.

Fuß regeneriert überraschend gut

Nichtsportler laufen mit so einer Verletzung sechs Wochen mit Schiene herum. Im Optimalfall sollte man dem Knöchel mindestens zehn Tage Ruhe gönnen. Aber von so etwas lasse ich mir meine Heim-WM nicht kaputt machen! Der Fuß regeneriert überraschend gut. Am Sonnabend habe ich schon Sprünge und Eins-gegen-Eins trainiert, um anzutesten. Am Sonntag habe ich einen Handball-Cross gemacht: Über 45 Minuten wurde ich durch die Halle geschickt – mit Würfen, Koordinationsleiter, Treppenläufen und Anstoßbewegungen. Danach bekam ich mein Go, am Montag ins Mannschaftstraining einzusteigen.

Viel dramatischer als meine Verletzung war der Kreuzbandriss unserer Abwehrchefin Kim Naidzinavicius nach nur 140 Sekunden im Eröffnungsspiel gegen Kamerun (28:15). Bei uns im Team blieb kein einziges Auge trocken, als wir die Diagnose erhielten. Jetzt geht es auch darum, dass wir weiter für Kim kämpfen. In dem geilen zweiten Spiel gegen Südkorea (23:18) haben wir gezeigt, dass wir noch enger zusammengerückt sind und auch Ausfälle von Führungsspielerinnen kompensieren können. Südkorea hat uns einen absoluten Push nach vorne gegeben. Jetzt sind wir richtig im Turnier angekommen.

Coole Story

Eine coole Story ist, dass Friederike Gubernatis schon zum zweiten Mal zur wertvollsten Spielerin des Spiels gekürt wurde. „Fredda“ ist in Buxtehude meine Passpartnerin, meine Aufwärmkollegin. Sie hatte mit dem Nationalteam eigentlich schon abgeschlossen, ehe sie durch Anne Hubingers Verletzung noch auf den WM-Zug aufgesprungen ist. Keiner hatte sie auf dem Schirm und dann dreht sie hier so auf!

Die ersten beiden Partien musste ich von der Tribüne aus verfolgen. Schon da bekam ich während der Hymne Gänsehaut am Arm. Wenn die ganze Halle heute am Dienstag meinen Namen bei der Vorstellung schreit, ist Ganzkörpergänsehaut garantiert.