Leipzig. Die gebürtige Hamburgerin hatte das Nationalteam schon abgeschrieben. Jetzt mischt Friederike Gubernatis vom Buxtehuder SV die WM auf.

Friederike Gubernatis kann es selbst kaum fassen. „Das ist eine Art Traum, die Krönung, was hier gerade passiert“, sagte die Handballnationalspielerin nach ihrem erneuten Gala-Auftritt, noch immer vollgepumpt mit Adrenalin und Glückshormonen. Die 29-Jährige ist bislang die große Überraschung der WM.

Auch nach dem Sieg gegen Südkorea (23:18), den bei Sport1 durchschnittlich 590.000 Fernsehzuschauer live verfolgten (1,6 Prozent Marktanteil), erhielt die Linkshänderin des Buxtehuder SV die Auszeichnung als beste Spielerin. Auch im Gruppen-Showdown am Dienstag (18 Uhr/Sport1) gegen Tabellenführer Serbien will sie wieder auftrumpfen. Dabei war sie eigentlich gar nicht für das Turnier vorgesehen. Nur durch die schwere Verletzung von Rückraumspielerin Anne Hubinger (Mittelfußbruch) sprang sie noch auf den WM-Zug.

Es war ein dunkler Tag im Oktober. Gubernatis kam gerade von der Arbeit, als ihr Handy klingelte. „Es war eine unbekannte Nummer. Eigentlich wollte ich für zwei Minuten meine Ruhe und bin dann doch rangegangen“, erinnert sich die gelernte Sportwissenschaftlerin. Es war Bundestrainer Michael Biegler.

Anfänge in Tornesch

Der Rest der Geschichte liest sich wie ein modernes Handballmärchen. Gubernatis, die ihr letztes Länderspiel am 22. September 2011 absolviert hatte, packte ihre Koffer und streifte Ende Oktober erstmals nach acht Jahren wieder das Trikot der Nationalmannschaft über. „Nach so einer langen Zeit hätte ich nicht mehr damit gerechnet“, erzählt Gubernatis. Das sei „alles unglaublich“.

Gubernatis, 1988 in Hamburg geboren, lernte beim TuS Esingen in Tornesch das Handballspielen, bevor sie 1997 mit der Familie nach Baden-Württemberg zog. Vom damaligen Bundesligisten Frankfurt (Oder) kehrte sie 2013 in ihre Heimatregion zurück und wechselte zum Buxtehuder SV.

Bei ihrer späten Rückkehr ins DHB-Team hatte Gubernatis keinerlei Anlaufschwierigkeiten, integrierte sich in Rekordzeit und ist als kampfstarke Antreiberin im rechten Rückraum nicht mehr aus dem deutschen Spiel wegzudenken. Den vier Treffern zum Turnierauftakt gegen Kamerun ließ sie sieben gegen Südkorea folgen.

Vollstreckerin und Vorbereiterin

„Ich bewundere Fredda. Mit welcher Coolness und Abgezocktheit und auch welcher Selbstverständlichkeit sie auftritt und ihre Dinger macht – Wahnsinn“, sagte DHB-Kapitänin Anna Loerper. Und Coach Biegler meinte: „Es freut mich natürlich, dass sie so schnell Fuß gefasst hat. Ich habe gewusst, dass Friederike uns helfen kann mit Deckungsqualität und ihrem Zug zum Tor.“

Gegen Südkorea glänzte Gubernatis auch mit tollen Anspielen und als emotionale Leaderin. Die 1,77 m große Powerfrau wirkt wie die Batterie des deutschen Spiels. „Man berauscht sich ein Stück weit an sich selbst“, erzählt sie, nachdem sie die letzten Jahre überhaupt nicht mehr damit gerechnet habe, „dass ich noch einmal in die Nationalmannschaft komme“.

Neue Varianten gegen Serbien

Vor der WM brachte es Gubernatis bei 15 Länderspieleinsätzen auf 14 Tore, nun stehen schon elf Turniertreffer auf ihrem Konto. Und damit soll beileibe nicht Schluss sein. „Serbien wird sich nach den zwei optimalen Spielen sicherlich auf mich einstellen, aber ich werde versuchen, mein Bestes zu geben und ein paar andere Wurfvarianten auszupacken“, sagt sie und grinst.

Gubernatis hat noch lange nicht fertig. Das Ziel ist noch weit, aber doch in Sichtweite: Vom 15. bis zum 17. Dezember werden in ihrer Geburtsstadt Hamburg die WM-Medaillen vergeben.