Hamburg. Hamburger Traditionsclub nimmt sich einen Stadtrivalen zum Vorbild. Pflichtsieg im Oddset-Pokal, Verstärkungen geplant.

Die Pflichtaufgabe im Oddset-Pokal beim Hansa-Landesligisten TuS Berne hat Regionalligist Altona 93 am Dienstag souverän gelöst. Durch Treffer von Jan-Ove Edeling (20.), Nick Brisevac (26.), Björn Dohrn (50.), Ulas Dogan (77.) und Samuel Hosseini bei einem Gegentor des Berners Lars Richter siegte die Mannschaft von Berkan Algan mit 5:1 und steht damit im Viertelfinale des Wettbewerbs.

Bereits vor der Partie hatte der Verein in Sachen Trainer ein weiteres starkes Zeichen gesetzt. „Wir glauben an den Klassenerhalt. Doch auch bei einem Abstieg aus der Regionalliga Nord bleibt Berkan Algan unser Trainer. Dann gehen wir mit ihm zurück in die Oberliga Hamburg“, sagte Altonas Präsident Dirk Barthel und präzisierte die ungeachtet der sportlichen Talfahrt erfolgte Vertragsverlängerung mit dem 40-Jährigen.

Algan ist ein Altonaer Urgestein

Algan lief bereits als Spieler (2005–07, 2009–10) im schwarz-weiß-roten Dress des Hamburger Kultvereins auf, coacht den Altonaer Fußball-Club seit dem 28. August 2015. Im ersten Oberligajahr führte er den AFC von Rang 18 auf 6, verpasste nur hauchdünn in der Aufstiegsrunde den Sprung in die Regionalliga Nord. Dieser gelang in der vergangenen Saison. „Berkan ist seit vielen Jahren ein treuer Begleiter des Vereins. Wir wollen Ruhe im Club und Kontinuität auf der Trainerposition. Sollten wir absteigen, läge das ganz sicher nicht an seiner akribischen Arbeit“, so Barthel weiter.

Branchenüblich ist die Jobgarantie für den Trainer nicht. Altona steht mit neun Punkten aus 13 Partien auf einem Abstiegsplatz. Nach starkem Start in die Regionalliga mit zwei Siegen und zwei Niederlagen holte der Aufsteiger aus den letzten neun Spielen nur einen Dreier. Alle sechs Heimspiele – mit 1148 Fans im Schnitt steht Altona auf Rang drei der Zuschauertabelle in der Regionalliga Nord – gingen verloren.

Ist der Abstieg unvermeidlich, will ihn der Club in Kauf nehmen – und wieder angreifen. Ziel ist es, den Verein mittelfristig in der Regionalliga Nord zu etablieren. Altona 93 möchte sich unabhängig machen von einer Hire-and-fire-Mentalität, die vor dem Viertligafußball keinen haltmacht. „Beim FC St. Pauli hat man vergangene Saison gesehen, was passieren kann, wenn man ruhig bleibt. Der Verein stand zum Trainer, holte gute Leute im Winter und spielte die stärkste Rückrunde der Vereinsgeschichte“, erklärt Algan.

Clubführung glaubt noch an die Rettung

Dessen nun bombensicherer Sitz im Trainersattel ist eine schöne Projektionsfläche für Fußball-Romantiker. Doch welche realistischen Chancen auf den Klassenerhalt besitzt seine Mannschaft? „Wir sind davon überzeugt, dass Berkan mit den Jungs in der Lage sein wird, fünf bis sechs Mannschaften hinter uns zu lassen“, sagt Altonas Manager Andreas Klobedanz. Er verweist auf die vielen Ausfälle.

Spieler wie Mustafa Hadid, Jan Novotny, Dennis Thiessen, Pablo Kunter, Max Stolzenburg und Jakob Sachs waren nicht immer an Bord. Torwart Tobias Grubba stieg erst vor Kurzem wieder ein, verdrehte sich prompt das Knie. Flügelflitzer Braima Balde kehrt erst Ende November nach einem Kreuzbandriss zurück. Klobedanz: „Deshalb werden wir weiter nach Verstärkungen Ausschau halten, um Ausfälle oder dauerhafte Verletzungen von wichtigen Spielern kompensieren zu können.“

Sturm zu harmlos, die Defensive anfällig

Das ist zwar nötig, jedoch nicht nur aus den auch von Algan angeführten Verletzungsgründen. In vielen Partien wurde sichtbar, dass die Mannschaft einen Lernprozess mit ungewissem Ausgang durchläuft. Einige Akteure besitzen (noch?) nicht das Niveau für die Regionalliga Nord. Schon die erste Partie (1:2 gegen Havelse) diente als Blaupause für das, was kommen sollte. Eine schnelle Umschaltaktion und eine clever ausgespielte Ecke des TSV – und die mit viel Euphorie herausgespielte Führung war weg.

31 Gegentore zeigen: Altona 93 ist gedanklich oft zu langsam. Zudem zündet der Sturm nicht. Bester Torjäger des Teams ist Kapitän Nick Brisevac mit drei Treffern, nur zwölf Tore gelangen insgesamt. „Die Spieler müssen ihre Erfahrungen sammeln. Wir können im ersten Regionalligajahr in der Breite nicht so aufgestellt sein wie andere Mannschaften“, sagt Algan.

Aber wie viel Risiko geht Altona 93 im Winter? Können mit bescheidenen Mitteln Spieler zum Verein gelotst werden, die auf Anhieb weiterhelfen? Die kaufmännische Solidität will der Club auf keinen Fall aufs Spiel setzen. Dafür stehen sowohl Präsident und Sponsor Dirk Barthel als auch der zweite große Geldgeber: die Firma Perlwitz-Armaturen. Zunächst gilt es aber, den Anschluss nicht zu verlieren. „Wir werden mit jeder Faser unseres Körpers alles dafür geben, den Abstieg zu verhindern“, verspricht Algan den Fans.