Hamburg. Die Eishockey-Oberligamänner der Crocodiles Hamburg wollen die Erfolge der vergangenen Saison bestätigen.

Der Leistungssport ist reich an Phrasen, für beinahe jedes Szenario gibt es geflügelte Worte. Dass das zweite Jahr immer das schwerste ist, gehört in diese Kategorie. Aufsteiger, die die Klasse halten, werden vor ihrer zweiten Saison in einer neuen Spielklasse gern damit konfrontiert. Nun waren die Crocodiles Hamburg zwar kein Aufsteiger, als sie zur Spielzeit 2016/17 in der Eishockey-Oberliga Nord antraten, aber nach dem Aus der Hamburg Freezers in der nationalen Eliteliga DEL waren die Farmsener plötzlich das klassenhöchste Team der Stadt und erlebten unter dem Eindruck stark gewachsener Beachtung auf allen Ebenen einen Neustart. Dieser gelang mit dem direkten Play-off-Einzug als Fünfter nach Vor- und Zwischenrunde und anschließendem Achtelfinalaus beim mit Gastlizenz in Deutschlands dritthöchster Liga aktiven niederländischen Topclub Tilburg Trappers durchaus respektabel.

Deshalb versteht Kapitän Christoph Schubert die Redewendung vom harten zweiten Jahr als Warnung. „Natürlich wissen wir, dass die Erwartungen an uns gestiegen sind. Den Bonus des Neuen haben wir nicht mehr, man wird uns an dem messen, was wir in der vergangenen Saison erreicht haben“, sagte der 35 Jahre alte Abwehrchef vor dem Start der neuen Eiszeit, die für die Krokodile am Freitagabend mit einem 2:5 (1:2, 1:1, 0:2) bei Aufstiegskandidat Füchse Duisburg begann. Für Hamburg trafen André Gerartz (6.) und Norman Martens (31.).

Menschlich gesehen: Herr der Krokodile

Wenn an diesem Sonntag die Harzer Falken zum Heimauftakt im Eisland Farmsen gastieren, ist nicht nur die Anfangszeit neu. Dass der erste Puck sonntags nun statt um 19 Uhr drei Stunden früher fliegt, ist allerdings eine Änderung, von der sich der Verein einiges erhofft. „Wir wollen familienfreundlicher werden und noch mehr Kindern und Jugendlichen den Besuch unserer Spiele ermöglichen“, sagt der neue Medienbeauftragte Tobias Bruns (28), der das Ehrenamt zusätzlich zu seinem bezahlten Job als Stürmer ausführt. Den Charme des unkonventionellen, familiären Clubs haben sich die Crocodiles angesichts solcher Personalentscheidungen erhalten.

Dass sie im Zuge zunehmender Professionalität mit dem Dreijahresziel, den Aufstieg in die DEL 2 zu realisieren, um die kontinuierliche Aufrüstung ihrer Strukturen nicht umhinkommen, ist Kapitän Schubert bewusst. Auch der ehemalige NHL-Profi ist nicht nur Spieler, sondern auf der Geschäftsstelle für die gesamte Organisation des sportlichen Bereichs zuständig. Zudem ist er in Gespräche mit Sponsoren eingebunden. Die beiden Meilensteine, die auf diesen Feldern gesetzt werden konnten, machen den gebürtigen Bayern deshalb auch besonders glücklich.

Erhöhtes Interesses an den Heimspielen

Zum einen konnten die Crocodiles mit Hapag-Lloyd ein Hamburger Traditionsunternehmen als Hauptsponsor gewinnen, das in seiner 170-jährigen Geschichte noch nie bei einem Sportverein geworben hat. Dass sich der Etat mit rund 800.000 Euro dennoch auf dem Niveau der vergangenen Saison bewegt, sei einer Reihe an Zusatzkosten geschuldet, die 2016/17 angesichts des deutlich erhöhten Interesses an den Heimspielen unerwartet angefallen seien. 1012 Dauerkarten waren damals verkauft worden, aktuell sind 1002 Saisontickets vergriffen. Das Eisland Farmsen fasst knapp 2000 Besucher. „Wir wollen die Halle so oft wie möglich ausverkaufen und das Eisland mit der Hilfe unserer Fans wieder zur Festung machen“, sagt Schubert.

Zum anderen wurde zum Anfang dieses Monats mit der 1. Hamburger Eissport GmbH eine Spielbetriebsgesellschaft gegründet, die als organisatorischer Unterbau wichtige Strukturen ordnet. Der Spielbetrieb bleibt allerdings vorerst noch im Farmsener TV organisiert, da nur eingetragene Vereine eine Lizenz beantragen können. „Die Gründung der GmbH war ein enorm wichtiger Schritt für uns“, sagt Schubert.

Frischer Wind im Team

Ein wenig Entspannung hat der Abwehrhüne dadurch gewonnen, dass er nicht mehr als Co-Trainer gebraucht wird. Der neue Chefcoach Herbert Hohenberger (48), der Andris Bartkevics ersetzte, hat mit seiner zupackenden Art den frischen Wind ins Team gebracht, den sich Schubert und Sportdirektor Sven Gösch erhofft hatten. „Das Tempo und die Trainingsbeteiligung sind höher, das Team ist körperlich in einem besseren Zustand“, sagt der Kapitän. Trainer Hohenberger ist angesichts von sieben Siegen aus sieben Testspielen zwar grundsätzlich positiv gestimmt, hätte sich jedoch ein, zwei stärkere Vorbereitungsgegner gewünscht. „So richtig wissen wir nicht, wo wir stehen. Deshalb ist es gut, dass es jetzt endlich losgeht“, sagt der Österreicher.

Den Großteil des Stammpersonals konnten die Crocodiles halten, sogar die beiden kanadischen Topscorer Brad McGowan (27) und Josh Mitchell (26) entschieden sich trotz diverser Angebote für einen Verbleib. Mit dem aus Duisburg gekommenen Verteidiger Norman Martens (31) wurde lediglich ein erfahrener Neuzugang verpflichtet, die Angreifer Daniel Reichert (20), Gianluca Balla (20) und Christos Stambolidis (18) sowie Torhüter Lucas di Berardo (22) sind junge Ergänzungsspieler, die ihr Potenzial jedoch allesamt schon andeuten konnten.

„Mit dem Kader sollte es wieder drin sein, direkt in die Play-offs zu kommen“, sagt Schubert. Dann wäre das erklärte Saisonziel erreicht und das „schwerste zweite Jahr“ erfolgreich gemeistert.