Leipzig. Christian Prokop übernimmt die deutschen Handballer. Der Verband lässt sich seinen Wunschkandidaten eine hohe Ablöse kosten.

Lange wurde spekuliert, jetzt ist es amtlich: Christian Prokop hat den Vorzug gegenüber Markus Baur erhalten und wird neuer Handball-Bundestrainer. Der Coach vom Bundesliga-Überraschungsteam SC DHfK Leipzig unterschreibt beim Deutschen Handballbund (DHB) einen Fünfjahresvertrag bis 2022 ohne Ausstiegsklausel und wird im Rahmen des All-Star-Games am heutigen Freitag (20 Uhr/Sport1) in Leipzig offiziell als Nachfolger des scheidenden Dagur Sigurdsson vorgestellt. Dies erfuhr der SID aus sicherer Quelle.

Nach wochenlangen Verhandlungen erzielten der DHB und Leipzig am Freitagvormittag eine Einigung, Prokop soll sich bereits am Nachmittag der deutschen Mannschaft vorstellen.

Prokop soll vorerst Doppelfunktion haben

Prokop wird seine Arbeit beim DHB offiziell am 1. Juli aufnehmen. Er soll das deutsche Team aber parallel zum Job in Leipzig möglichst schon in den wichtigen Spielen der EM-Qualifikation im Mai gegen den WM-Dritten Slowenien betreuen. Leipzig kassiert eine Ablösesumme von rund 500.000 Euro. Sigurdsson hatte kurz vor Weihnachten seinen Rückzug angekündigt, der Isländer wird künftig die Auswahl Japans betreuen.

Prokop, der in der vergangenen Spielzeit als "Trainer der Saison" ausgezeichnet wurde, galt als absoluter Wunschkandidat des Verbandes. Er ist seit 2013 Trainer in Leipzig, schaffte 2015 den Aufstieg in die Bundesliga und sorgt dort mit seinem Team als aktueller Tabellenachter für Furore. Bis zum Saisonende wird der frühere Rückraumspieler, der seinen Vertrag bei den Sachsen erst im Herbst bis 2021 verlängert hatte, weiter das Amt in Leipzig ausüben.

Ziel Olympiagold 2020 bleibt

Beim DHB soll Prokop an die Erfolge Sigurdssons (Europameister, Olympia-Bronze) anknüpfen. Trotz des enttäuschenden neunten Platzes bei der WM hält der Verband an seinen hohen Zielen fest. "Eine WM-Medaille im eigenen Land und Olympiagold in Tokio waren immer das Ziel, davon wird keinen Millimeter abgewichen", sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning zuletzt: "Wir müssen jetzt arbeiten, arbeiten, arbeiten."

Prokop muss dafür keinen Umbruch einleiten. Sigurdsson hinterlässt eine junge, hungrige Mannschaft, die ihren Zenit noch längst nicht erreicht hat. Ex-Welthandballer Daniel Stephan ist fest von einer "tollen Zukunft" für das DHB-Team überzeugt. Und auch Weltmeister-Coach Heiner Brand glaubt "fest daran, dass die jetzige Mannschaft eine große Zukunft hat".

WM-Aus macht Aufgabe nicht leichter

Prokop verspürt große Lust auf die neue Herausforderung. "Als ich die Entscheidung für das Amt des Bundestrainers getroffen habe, war das für mich die richtige Entscheidung", sagte er jüngst in einem Interview der "Leipziger Volkszeitung". Dass ihm das überraschende Achtelfinal-Aus zum Sigurdsson-Abschied bei der WM in Frankreich den Einstieg beim DHB erleichtern würde, glaubt Prokop nicht.

DHB-Team scheitert überraschend an Katar

Bitter enttäuscht: Torwart Andreas Wolf
Bitter enttäuscht: Torwart Andreas Wolf © dpa
Trainer Dagur Sigurdsson konnte die Pleite im WM-Achtelfinale nicht verhindern
Trainer Dagur Sigurdsson konnte die Pleite im WM-Achtelfinale nicht verhindern © dpa
Abwehrchef Finn Lemke regt sich auf. Deutschland fliegt aus dem Turnier
Abwehrchef Finn Lemke regt sich auf. Deutschland fliegt aus dem Turnier © imago/Agentur 54 Grad
Rückkehrer Holger Glandorf war mit vier Treffern bester deutscher Werfer
Rückkehrer Holger Glandorf war mit vier Treffern bester deutscher Werfer © imago/Agentur 54 Grad
Gegen Rafael Capote war allerdings kein Kraut gewachsen. Er führte Katar mit neun Toren zum Coup gegen Deutschland
Gegen Rafael Capote war allerdings kein Kraut gewachsen. Er führte Katar mit neun Toren zum Coup gegen Deutschland © imago/Agentur 54 Grad
Patrick Groetzki war mit vier Toren noch einer der besseren im DHB-Team
Patrick Groetzki war mit vier Toren noch einer der besseren im DHB-Team © imago/Agentur 54 Grad
Andreas Wolff macht sich breit und pariert gegen Katars Youssef Benali
Andreas Wolff macht sich breit und pariert gegen Katars Youssef Benali © dpa | Marijan Murat
Das war’s! Dagur Sigurdsson Ära endet mit einem Schock
Das war’s! Dagur Sigurdsson Ära endet mit einem Schock © imago/Agentur 54 Grad
Ein enttäuschter Kapitän Uwe Gensheimer
Ein enttäuschter Kapitän Uwe Gensheimer © dpa | Marijan Murat
Hängende Köpfe bei den „Bad Boys“ nach der Schlusssirene
Hängende Köpfe bei den „Bad Boys“ nach der Schlusssirene © imago/Camera 4
Fäth (v.r.), Häfner und Kühn schleichen sich vom Spielfeld
Fäth (v.r.), Häfner und Kühn schleichen sich vom Spielfeld © imago/Camera 4
1/11

Vor seinem Wechsel auf die Trainerbank spielte Prokop unter anderem beim HC Wuppertal und bei GWD Minden. Neben dem gebürtigen Köthener wurde Baur als Sigurdsson-Nachfolger gehandelt. Der Trainer des TVB Stuttgart führte die DHB-Auswahl 2007 als Kapitän zum WM-Titel im eigenen Land.