Melbourne. Unschöner Ballwechsel. Kerber zittert und muss jetzt gegen Hamburgerin ran. Görges siegt und schimpft. Der erste Zverev ist weiter.

Die Grand-Slam-Saison 2017 ist eröffnet: Seit Montag kämpfen die Damen und Herren der Tennis-Elite in Melbourne um eine der begehrtesten Trophäen der Tour. Insgesamt stehen 14 deutsche Profis im Hauptfeld – sieben Männer und sieben Frauen. Abendblatt.de hält Sie über die Australian Open auf dem Laufenden.

Wawrinka trifft Gegenspieler empfindlich

Hart kämpfen musste zum Auftakt Stan Wawrinka (Schweiz/Nr. 4). Der amtierende US-Open-Sieger und Melbourne-Gewinner von 2014 benötigte 3:24 Stunden, ehe das 4:6, 6:4, 7:5, 4:6, 6:4 gegen den Slowaken Martin Klizan in der Margret-Court-Arena unter Dach und Dach war. Für Klizan war die Niederlage doppelt schmerzhaft – im fünften Satz traf Wawrinka sein gegenüber mit einem Schmetterball an der für Männer empfindlichsten Stelle. Klizan sank zu Boden, Wawrinka stieg übers Netz und erkundigte sich nach dem Zustand des Slowaken – der das Match schließlich zu Ende spielen konnte.

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Zitternde Kerber jetzt gegen Witthöft

Titelverteidigerin Angelique Kerber ist mit einem mühsamen Sieg gestartet. Die Weltranglisten-Erste gewann knapp ein Jahr nach ihrem ersten Grand-Slam-Triumph in Melbourne am Montag 6:2, 5:7, 6:2 gegen die Ukrainerin Lessia Zurenko. Kerber vergab dabei schon im zweiten Satz einen Matchball.

In der zweiten Runde am Mittwoch gibt es ein deutsches Duell mit der Hamburgerin Carina Witthöft, die 7:5, 7:6 (8:6) gegen die Japanerin Eri Hozumi gewann. Vor Kerber waren bereits Qualifikantin Mona Barthel, Julia Görges und Mischa Zverev weitergekommen, Laura Siegemund und Annika Beck scheiterten schon am Auftakttag. Insgesamt starten 14 deutsche Spieler.

"Sir" Andy Murray braucht fast drei Stunden

Der topgesetzte Andy Murray ist nach 2:47 Stunden in die zweite Runde eingezogen und hat damit ein Stück Tennis-Geschichte geschrieben. Der Brite ist der erste "Sir", der ein Grand-Slam-Match bestritten hat. Der 29-jährige Murray gab sich beim 7:5, 7:6 (7:5), 6:2 gegen den Ukrainer Ilija Marschenko am Ende keine Blöße, hatte aber in den beiden ersten Sätzen nicht immer leichtes Spiel.

Als Murray nach dem Spiel von einem Moderator auf dem Court in der Rod-Laver-Arena gefragt wurde, wie er ihn nennen soll, sagte der in den Adelsstand erhobene Ritter des Vereinigten Königreichs: "Sag einfach nur Andy zu mir." Wann die feierliche Zeremonie mit Queen Elizabeth im Buckingham-Palast stattfindet, steht allerdings noch nicht fest.

Den Titel "Sir" haben von den britischen Sportlern bislang unter anderem Fußball-Weltmeister Bobby Charlton, Fußball-Coach Alex Ferguson sowie Golfer Nick Faldo und Segler Ben Ainslie erworben.

Im Melbourne Park geht der zweimalige Wimbledonsieger Murray erstmals in seiner Karriere bei einem Major als Weltranglistenerster an den Start. Beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres hat Murray bereits fünfmal das Finale erreicht - und fünfmal verloren. 2016 und 2015 musste er sich seinem Dauerrivalen Novak Djokovic (Serbien) geschlagen geben.

Halep raus, Maguruza mit Mühe

Ausgeschieden ist bereits die an Position vier gesetzte Mitfavoritin Simona Halep. Die angeschlagene Rumänin musste sich zum Auftakt der Amerikanerin Shelby Rogers (WTA-Nr. 52) in nur 75 Minuten überraschend mit 3:6, 1:6 beugen. Der aufschlagstarken Rogers, Paris-Viertelfinalistin von 2016, gelangen in dem Match insgesamt 26 Winner.

Auch French-Open-Siegerin Garbine Maguruza (Nr. 7) hatte beim 7:5, 6:4 gegen die krasse Außenseiterin Marina Erakovic aus Neuseeland deutliche Anlaufschwierigkeiten. Die Spanierin litt allerdings unter einer Oberschenkelverletzung.

Mischa Zverevs langer Weg zurück

Es waren über 40 Grad, vier Sätze und drei Stunden Tennis: An seinen letzten Sieg bei den Australian Open konnte sich Mischa Zverev noch bestens erinnern. 2007 gegen Michael Berrer war das, doch erst zehn Jahre später zog der Hamburger erstmals wieder in die zweite Runde ein. „Ich war die ganze Zeit im Match nervös“, erzählte der 29-Jährige am Montag in Melbourne nach dem 6:3, 7:6 (7:5), 6:4 über den Spanier Guillermo Garcia-Lopez.

Mischa Zverev während seines Auftaktmatches
Mischa Zverev während seines Auftaktmatches © Imago/Hasenkopf

Der Linkshänder ist seit dem vorigen Herbst plötzlich wieder auf dem Weg nach oben und derzeit die Nummer 50 der Welt, nur fünf Positionen unter seiner Karriere-Bestmarke aus dem Jahr 2009. In den vergangenen Jahren sammelte Zverev statt Erfolgen auf dem Tennisplatz Erfahrungen unter anderem im Beziehungsleben. „Ich habe ein paar Sachen erlebt. Jetzt kann ich mich aufs Tennis konzentrieren, das macht auch mehr Spaß“, sagte der fast zehn ältere Bruder von Alexander Zverev.

Der Tennis-Neuanfang hat auch mit seinem talentierten Bruder zu tun, der am Dienstag gegen den Niederländer Robin Haase antreten muss. Beide bereiteten sich gemeinsam in Florida vor und machten sich dabei Konkurrenz beim Gewichte stemmen, beim Joggen oder Frikadellen essen. „Wir brauchen das beide“, sagte Mischa Zverev, der auch als Ratgeber fungiert, die Entscheidungen seinem Bruder aber nicht abnehmen mag.

Görges fassungslos wegen Organisation

Julia Görges hat nach ihrem Zweitrunden-Einzug die Bedingungen auf Außencourt 19 harsch kritisiert. "Das war nicht Grand-Slam-würdig. Ich habe mich gefühlt wie auf dem Bahnhof. So gut, wie dieses Turnier ist, so schlecht ist dieser Platz", sagte die Weltranglisten-57. Görges nach dem 3:6, 6:3, 6:4 gegen Katerina Siniakova (Tschechien).

Der Court grenzt an eine viel befahrene Straßenbahnstrecke. Görges haderte wie ihre Gegnerin zudem mit dem unprofessionellen Personal. "Als wir zum Match auf den Platz gebracht werden sollte, wusste der Security-Mann nicht, wo Court 19 überhaupt ist", berichtete Görges, die die Australian Open eigentlich als ihr Lieblingsturnier bezeichnet.

Während des Matches fiel auf der Tribüne ein Mann um. Es gab eine Unterbrechung, aber medizinische Hilfe kam zunächst nicht. "Wäre es ein Herzinfarkt gewesen, wäre er wahrscheinlich tot", meinte Görges. Auch der Stuhlschiedsrichter wurde im Unklaren gelassen. "Alles war sehr informationslos", haderte die dreimalige Melbourne-Achtelfinalistin Görges, die in der zweiten Runde am Mittwoch auf Jelena Jankovic (Serbien) trifft.

Görges zeigte indes Verständnis für die Absage von Angelique Kerber für das Fed-Cup-Erstrundenspiel gegen Gastgeber USA auf Hawaii (11./12. Februar). "Ich kann es verstehen. Mit Angie fehlt uns natürlich eine verlässliche Spielerin. Aber ich glaube, wir haben trotzdem gute Chancen zu gewinnen", sagte Görges.

Die Weltranglistenerste Kerber hatte ihre Teilnahme an dem Auswärtsspiel wegen des Reisestresses und ihres Turnierstarts in Doha (ab 13. Februar) abgesagt. Bei der übernächsten Partie will die Australian-Open- und US-Open-Gewinnerin der Mannschaft von Bundestrainerin Barbara Rittner aber wieder zur Verfügung stehen.

Mischa Zverev ist weiter

Mischa Zverev aus Hamburg steht als erster deutscher Herr in der zweiten Runde. Der ältere Bruder von Talent Alexander Zverev siegte 6:3, 7:6 (7:5), 6:4 gegen den Spanier Guillermo Garcia-Lopez. Der 29-Jährige könnte in der zweiten Runde auf den an Nummer 19 gesetzten Amerikaner John Isner treffen. Die anderen der insgesamt sieben in Australien startenden deutschen Tennis-Herren müssen am Dienstag erstmals antreten.

Beck scheitert an der Nr. 223

Annika Beck ist in der ersten Runde ausgeschieden. Die Weltranglisten-50. unterlag der Australierin Ashleigh Barty 4:6, 5:7. Beck führte im ersten Satz zwar 3:0, hatte dem aggressiveren Spiel der ehemaligen Juniorensiegerin von Wimbledon danach aber nicht genug entgegenzusetzen. Barty ist nach langer Verletzungspause derzeit zwar nur die Nummer 223 der Welt und dank einer Wildcard dabei. Beim WTA-Turnier in Brisbane war die 20-Jährige gegen Angelique Kerber jüngst aber nur knapp unterlegen.

Barthel besiegt die Allerjüngste

Fed-Cup-Spielerin Julia Görges (Bad Oldesloe) und Qualifikantin Mona Barthel (Bad Segeberg) haben ihre Auftakthürden gemeistert. Die Weltranglisten-57. Görges gewann mit 3:6, 6:3, 6:4 gegen Katerina Sinikova (Tschechien) und unterstrich ihre gute Form. Barthel setzte sich mit 6:3, 7:6 (7:4) gegen die erst 16-jährige Australierin Destanee Aiava durch, die in diesem Jahrtausend die bislang jüngste Spielerin in einem Major-Hauptfeld war.

Dagegen kassierte die an Position 26 gesetzte Laura Siegemund (Metzingen) in ihrem dritten Match 2017 die dritte Erstrundenniederlage. Die deutsche Nummer zwei musste sich in einer Marathonpartie über 2:37 Stunden der früheren Weltranglistenersten Jelena Jankovic mit 1:6, 6:1, 4:6 beugen. Siegemund, die der Serbin insgesamt 24 Breakchancen ermöglichte, unterliefen bei Temperaturen von 30 Grad insgesamt 58 unerzwungene Fehler (34 Winner).

Damit platzte das mögliche Zweitrundenduell zwischen Görges und Siegemund. Görges, die nun auf Jankovic trifft, hatte bei ihrem Lieblingsturnier am Yarra River bereits dreimal im Achtelfinale gestanden.

Barthel hatte sich über die Qualifikation ins Hauptfeld des mit 34,87 Millionen Euro dotierten Events gespielt, nachdem sie wegen einer rätselhaften Viruserkrankung im vergangenen Jahr mittlerweile bis auf Rang 181 des Rankings abgerutscht ist. Im Duell um den Sprung in die dritte Runde trifft Barthel nun am Mittwoch auf Olympiasiegerin Monica Puig (Puerto Rico), die im Finale von Rio de Janeiro im August Angelique Kerber bezwungen hatte. Die Kielerin startet ihre Mission Titelverteidigung bei den Australian Open am Montag gegen Lesia Zurenko (Ukraine).