Rio de Janeiro. Der eigenwillige Auftritt von Diskus-Werfer Christoph Harting in Rio wühlt das Netz auf. Viele üben Kritik. Nun entschuldigt er sich.

Nach seinem umstrittenen Auftritt bei der Diskus-Siegerehrung am Samstag hat sich Olympiasieger Christoph Harting für sein Verhalten entschuldigt. „Ich möchte allen Leuten, die sich auf den Schlips getreten fühlen, den Zuschauern, die zu Hause geklatscht und mitgefiebert haben, bei denen möchte ich mich entschuldigen und ihnen erklären, dass ich diesen Erfolg weder verarbeitet habe noch in dem Moment verarbeiten konnte“, sagte der 26-Jährige später im Deutschen Haus in Rio de Janeiro.

Robert Hartings Bruder hatte nach seinem Coup beim Abspielen der Nationalhymne auf dem Podest die Arme verschränkt, geschunkelt und auch herumgealbert. Dafür war er auch von der deutschen Teamführung gerügt worden.

Die Siegerehrung sei für ihn völlig ungewohnt gewesen. „Das erste Mal wurde die Nationalhymne nur für mich gespielt. Egal, wie man versucht, sich das vorzustellen - man ist darauf nicht vorbereitet und so überwältigt von allen Gefühlen“, sagte er weiter. Den „Flow“ aus dem Wettkampf habe er noch so lange gespürt, dass er versucht habe, „auf die Nationalhymne zu tanzen. Das war nicht wirklich toll. Muss man sagen. Das ist natürlich völlig falsch angekommen. Das war in keiner Weise Missachtung. Ich wollte es genießen, auf meine Weise.“

Kritik von vielen Seiten

Kritik kam auch von deutschen Sportlern: „Gold im Diskus ist echt super geil!!! Aber für dieses Verhalten schäme ich mich in Deutschland vor dem TV!“, schrieb Sebastian Beyer, früherer Hallen-Europameister und Freiluft-Europameister im Weitsprung, auf seiner Facebook-Seite. „Sorry aber dann würde ich lieber auf diese Medaille verzichten...“

Bei der Pressekonferenz nach der Ehrung sagte Christoph Harting: „Ich bin ein Mensch, der Rhythmus braucht, der Rhythmus liebt, aber es ist schwierig nach der Nationalhymne zu tanzen.“

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Vater verteidigt seinen Sohn

Der Vater von Harting hat das Verhalten seines Sohnes verteidigt. „Wir haben die Siegerehrung auf der Großleinwand mitverfolgt. Das ist Christoph und seine Art, Erfolge zu feiern“, sagte Gerd Harting in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.

„Christoph will seinen Spaß haben“, sagte Gert Harting über den neuen Diskus-Helden, der Nachfolger seines Bruders Robert wurde. „Das hat man ja auch bei der Vorstellung der Athleten gesehen, als Christoph bis zuletzt der Musikgruppe zugehört hat. Da hat man ihn total authentisch erlebt.“

Rüge von Führung der Olympia-Mannschaft

Die Führung der deutschen Olympia-Mannschaft hat Hartings Tänzchen auf dem Podest gerügt. „Was er da aufgeführt hat bei der Siegerehrung, das war nicht gut, denn er ist ein Mitglied unserer Mannschaft und Botschafter unseres Landes“, sagte Chef de Mission Michael Vesper am Samstagabend (Ortszeit) in Rio de Janeiro.

Laut Vesper sei der neue Diskus-Held jedoch einsichtig. „Ihm ist klar, dass das nicht in Ordnung war. Ich glaube, dass war keine böse Absicht von ihm, sondern es war seine erste Siegerehrung in dieser Größe. Da musste er sich erstmal darauf einstellen“.

Herta BSC: „Lebt eben in Berlin, der gute Christoph Harting“

Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Alfons Hörmann, sagte: „Aus meiner Sicht war das nicht optimal, aber ich bin überzeugt, dass er das so nicht wollte.“ Harting habe ein Leben lang auf diesen Moment hingearbeitet. „Wenn man sich mit Körpersprache beschäftigt, dann war er aus meiner Sicht einfach überwältigt und überfordert“, sagte Hörmann und fügte hinzu, Harting habe für Sonntag eine öffentliche Entschuldigung angekündigt.

Fußball-Bundesligist Hertha BSC nahm es mit Humor und der Eigenart der Hauptstädter. „Lebt eben in Berlin, der gute Christoph Harting“, twitterte die Hertha am Sonntag: „So kennen wir uns, wir sind halt bisweilen eigen. Aber am Ende immer herzlich.“

Harting: „Du bist hormon-technisch völlig übersteuert“

Der Olympia-Sieger Harting selbst sagte indes weiter zu seiner Erklärung: „Du bist auch noch halb im Wettkampfmodus, du bist im Kopf eigentlich völlig woanders, du bist hormon-technisch völlig übersteuert.“ Damit umzugehen sei natürlich eine Kunst für sich, befand der EM-Vierte von 2016 und WM-Achte von 2015, der für sich dank seines Erfolges bei den Spielen in Rio aber einen Legendenstatus reklamierte.

„Ich bin zur Legende geworden. Ich denke, ich bin in jedem Sportgeschichtsbuch. In allen sportpolitischen Magazinen kann man nachlesen, wer wann Olympiasieger war“, sagte der 2,07 Meter große Athlet. „Diesen Titel hast du dein Leben lang. Dein Leben lang bist und bleibst du Olympiasieger, nicht so wie Weltmeister, der alle zwei Jahre wechselt, oder Europameister.“ (dpa/les)