Amsterdam. Der 19-jährige Chemnitzer gewinnt bei der Leichtathletik-EM Gold im Dreisprung. Käther und Sussmann verpassen Olympia.

Als Nobody ist Max Heß zu den 23. Leichtathletik-Europameisterschaften nach Amsterdam angereist, als Medaillenhoffnung für die Olympischen Spiele in vier Wochen in Rio de Janeiro kehrt der 19-Jährige am Montag in seine Heimatstadt Chemnitz zurück. Der Rucksack, den Heß mit nach Hause bringt, ist schwerer geworden. Nicht nur weil dort sicher verpackt eine goldene Medaille zu finden ist. Heß muss als neuer Europameister im Dreisprung ab sofort die immens gestiegenen Erwartungen der Öffentlichkeit schultern. Mit 17,20 Metern schockte der Abiturient die Konkurrenz und berauschte die deutschen Fans mit seinem weiten Satz.

Der Titel für Max Heß war nur eine von 16 Medaillen (5/4/7) des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) in Amsterdam, aber sie war sicherlich diejenige, die am hellsten glänzte, weil sie so unerwartet kam und weil sie von einem so jungen wie coolen Athleten erkämpft worden ist.

Schon ein wenig erfahrener, aber mit 23 Jahren immer noch jung für eine Läuferin ist Gesa Felicitas Krause. Über 3000 Meter Hindernis zeigte sie am Sonntag eine Gala-Schau und hängte alle Rivalinnen in 9:18,85 Minuten locker ab. Wie schon bei ihrem dritten Platz bei der WM 2015 (Platz drei) wird mit der Frankfurterin auch in Rio zu rechnen sein.

Dies gilt auch für die Europameisterinnen Christina Schwanitz im Kugelstoßen und Cindy Roleder über 100 Meter Hürden. Und auch die Diskuswerferinnen um Julia Fischer und Kugelstoßer David Storl, der am Sonntag mit 21,31 Metern Gold holte, werden in Rio mit Medaillenchancen antreten.

Als Max Heß sich noch mitten im Wettkampf seines Lebens befand, lief Linda Stahl bereits eine Ehrenrunde. Obwohl die Dortmunderin Gina Lückenkemper schon in der finalen Vorbereitung auf ihren Vorlaufeinsatz mit der deutschen Sprintstaffel auf der Tartanbahn stand, eilte sie zur Leverkusener Speerwerferin, die gerade mit 65,25 Metern die Silbermedaille gewonnen hatte, umarmte und herzte sie sekundenlang. Die 30-jährige Stahl, eine angehende Urologin, die sich fünf Monate unbezahlten Urlaub in ihrer Klinik genommen hat, um ein letztes Mal das Erlebnis Olympia auskosten zu können, und die 19-jährige Lückenkemper, die gerade mit 2,6 ihr Abitur abgelegt hat und in Amsterdam ihre sportliche Reifeprüfung als Dritte über 200 Meter sowie mit der Staffel gemeistert hat.

Die Szene zwischen der Speerwerferin und der Sprinterin ist eine Momentaufnahme und doch typisch, weil sie das gute Klima in der Mannschaft widerspiegelt. „Wir junge Sportler können von den erfahreneren unheimlich lernen. Sie nehmen uns an die Hand und helfen uns“, sagt Lückenkemper.

Was ihm am wohl am meisten bei seiner goldenen Stunde in Amsterdam geholfen habe, wurde Heß in den Katakomben des Olympiastadions von 1928 gefragt. Der angehende Wirtschaftsingenieurstudent antwortete mit der Schnelligkeit, die ihn auch beim Dreisprung auszeichnet: „Jugendliche Unbekümmertheit. Ich hoffe, die bleibt auch noch lange erhalten.“

Für die Hamburger EM-Delegation erfüllten sich nicht alle Hoffnungen. Jana Sussmann vom Lauf-Team Haspa-Marathon musste am Sonnabend, einen Tag nach ihrem Ausscheiden im Vorlauf über 3000 Meter Hindernis, auch ihren Olympiatraum aufgeben. Sanaa Koubaa aus Leverkusen übertraf in Kortrijk (Belgien) in 9:38,11 Minuten Sussmanns Saisonbestzeit um mehr als fünf Sekunden. Da sie auch bei den deutschen Meisterschaften Mitte Juni in Kassel vor Sussmann gelegen hatte, wird sie wohl neben Krause und Maya Rehberg (Kronshagen/Kiel) vom DLV am Montag dem Deutschen Olympischen Sportbund zur Nominierung für diese Strecke vorgeschlagen.

Auch Nadja Käther wird in Rio nicht dabei sein. Nach ihrem achtbaren neunten Platz im EM-Finale am Freitag (6,48 Meter) hetzte die HSV-Weitspringerin mit dem Auto nach Oberteuringen nahe dem Bodensee, um am Sonntag einen letzten Anlauf auf die Olympianorm (6,70) zu nehmen. Kä­ther kam allerdings nicht über 6,28 Meter hinaus. „Der Körper wollte nicht mehr“, sagte ihr Trainer Uwe Florczak.

Der deutsche Marathon-Rekordhalter Arne Gabius (LT Haspa-Marathon) stieg beim Halbmarathon aus. Die in Hamburg lebende Isabell Teegen vom SC Rönnau war mit ihrem 51. Platz in 1:16:32 Stunden zufrieden: „Ich habe mich hier gut verkauft.“