Évian-les Bains. Löw ist überzeugt, dass die deutsche Elf Gruppensieger wird. Uefa verurteilt Fan-Krawalle, HSV-Profi Ekdal kritisiert Ibrahimovic.

ZDF-Sportchef: „Asoziale Kritik ist für uns kein Maßstab“

Verärgert hat das ZDF auf einen Shitstorm wegen der Kommentierung des Fußballspiels Italien gegen Schweden reagiert. „Asoziale Kritik in den sozialen Netzwerken ist für uns kein Maßstab für eine objektive Bewertung“, sagte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz am Samstag und lobte die Reporterin Claudia Neumann: „Diese Frau steht ihren Mann.“

Die Journalistin war die erste Frau, die im deutschen Fernsehen ein Spiel einer Männer-EM kommentiert hat. Die Partie am Freitag war ihr zweiter Einsatz in Frankreich. Neumann hatte vor der EM in einem dpa-Interview gesagt: „Wenn jemand per se die Frauenstimme bei Fußball-Kommentaren ablehnt, ist eine neutrale Beurteilung kaum möglich.“ Sie sei „vorbereitet, was im Nachgang auf mich zukommen wird, so oder so“.

„Claudia Neumann hat das Spiel kompetent kommentiert“, sagte Gruschwitz: „Wir waren sehr zufrieden!“ Auf der Facebook-Seite des Senders hatte es teilweise frauenfeindliche Aussagen gegeben. „Es wurden zahlreiche beleidigende Kommentare entfernt. Wenn Sie nicht sachlich an der Diskussion teilnehmen, werden wir Sie sperren“, schrieb die ZDF-Redaktion dazu: „Beleidigungen sind keine Meinung und werden entsprechend unserer Netiquette nicht geduldet!“

EM-Aus für Rosicky

Die Fußball-Europameisterschaft ist für Tschechiens Altstar Tomas Rosicky vorzeitig beendet. Der 35 Jahre alte Mittelfeldspieler zog sich am Freitag beim dramatischen 2:2 (0:1) gegen Kroatien einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zu. Das teilten die Tschechen am Samstag nach einer genaueren Untersuchung ihres Kapitäns in ihrem EM-Quartier in Tours mit. Das letzte Gruppenspiel am Dienstag in Lens gegen die Türkei muss Tschechien damit ohne seinen Star bestreiten, der schon in der kompletten abgelaufenen Premier-League-Saison verletzungsbedingt kein einziges Spiel für den FC Arsenal bestritten hatte.

Nach Italien-Pleite: Wilmots baut gegen Irland um

Belgiens Nationaltrainer Marc Wilmots will mit drei Änderungen seiner Startelf den ersten Sieg bei der EM einfahren. Gegen Irland beginnt Yannick Carrasco (Atletico Madrid) im Mittelfeld anstelle von Marouane Fellaini (Manchester United). Zudem läuft Mousa Dembele (Tottenham Hotspur) für Radja Nainggolan (AS Rom) an der Seite von Axel Witsel auf der Doppel-Sechs auf und Thomas Meunir ersetzt Laurent Ciman als rechter Verteidiger.

Die Belgier, bei denen Kevin De Bruyne auf seiner Lieblingsposition hinter den Spitzen beginnen darf, steht nach dem 0:2 zum Auftakt gegen Italien bereits unter Druck. Die Iren, die mit einem 1:1 gegen Schweden in das Turnier gestartet waren, müssen auf Jon Walters (Achillessehnenbeschwerden) verzichten. Für ihn beginnt Stephen Ward. Anpfiff der Partie ist um 15.00 Uhr.

Löw ist vom Gruppensieg überzeugt

Joachim Löw ist weiterhin davon überzeugt, dass die deutsche Fußball-Nationalmannschaft die Gruppe C als Erster abschließen wird. „Wir wollen gegen Nordirland gewinnen, wir werden gewinnen, wir werden die Gruppe gewinnen“, sagte der Bundestrainer am Samstag in Évian-les-Bains. Trotz der fehlenden Durchschlagskraft der Offensive sprach Löw den Weltmeistern Mesut Özil, Thomas Müller und auch Mario Götze weiterhin sein Vertrauen aus. „Ich glaube an ihre Fähigkeiten.“ Am Dienstag in Paris gegen Nordirland setzt er auf erfahrene Kräfte statt Talente. „Ein Spiel, wo es um so viel geht, ist eine andere Situation“, so Löw.

Löw zu Kritik: "Mich überrascht gar nichts mehr"

Löw hat spürbar genervt, aber mit demonstrativer Gelassenheit auf die Kritik nach dem 0:0 gegen Polen reagiert. "Überrascht bin ich über gar nix mehr", sagte der Bundestrainer: "Die Dinge wiederholen sich so sehr und gehen an mir vorbei. Wenn da irgendjemand jetzt was sagt, dann..."

Den letzten Satz beendete er nicht. "Irgendjemand" könnte indes zum Beispiel Ex-Kapitän Michael Ballack sein, der dem Team "fehlenden Charakter und Persönlichkeit" attestiert hatte. Auch zahlreiche Medien aus dem In- und Ausland hatten den Weltmeister nach dem schwachen zweiten EM-Auftritt gegen Polen teilweise heftig kritisiert.

"Heute habe ich etwas gelesen von Führungsspieler-Diskussion. Das zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht", äußerte Löw am Sonnabendmorgen und lächelte tatsächlich: "2014 hatten wir die Diskussion schon mal. Dann wurden wir Weltmeister und alle waren die großartigen Leader. Jetzt spielen wir einmal 0:0, und die Diskussion kommt wieder. Ganz ehrlich, damit ist alles gesagt."

Er persönlich, "wäre ich ein Außenstehender, würde ganz ruhig sein. Weil viele Spieler großartige Führungsqualitäten erfüllen. Sie denken mit, sie kommen zum Trainer, fragen mir manchmal ein Loch in den Bauch. Diese Mitarbeit im Spielerrat ist sagenhaft gut. Die Spieler sind mündig, kritisch, sie hinterfragen Dinge. Und sie haben Großartiges geleistet."

HSV-Profi Ekdal kritisiert Ibrahimovic nach schnellem Abgang

Schwedens Mittelfeldspieler Albin Ekdal (26) vom Bundesligisten Hamburger SV hat seinen Kapitän Zlatan Ibrahimovic (34) für dessen grußlosen Abgang nach dem 0:1 im zweiten EM-Gruppenspiel gegen Italien kritisiert. "Ja, als Kapitän sollte er das vielleicht tun", sagte Ekdal auf die Frage, ob "Ibra" nach dem Schlusspfiff zu den mitgereisten Fans hätte gehen sollen, um sich für die Unterstützung zu bedanken.

"Ich selbst habe mich entschieden, mich zu bedanken", sagte Ekdal, "was andere tun, dazu müssen sie selbst Stellung nehmen. Ich kann nicht sagen, warum sie das tun." Schweden droht nach nur einem Punkt aus den ersten beiden EM-Spielen das vorzeitige Aus in Frankreich.

Ibrahimovic war im Gegensatz zu seinen Teamkollegen nach dem Schlusspfiff in Toulouse gleich in Richtung Kabine gestürmt und stapfte auch genervt an den wartenden TV-Kameras vorbei. Schwedens Nationaltrainer Erik Hamrén nahm den selbsternannten Fußball-Gott indes in Schutz. Ibrahimovic sei "einer der größten Stürmer", die er je gesehen habe, sagte Hamrén: "Klar, dass er enttäuscht ist."

UEFA "verurteilt" Krawalle in Saint-Etienne

Die Europäische Fußball-Union (UEFA) hat die Krawalle kroatischer Fans im EM-Spiel gegen Tschechien (2:2) am Freitag in Saint-Etienne "nachdrücklich verurteilt". Die UEFA-Disziplinarkommission werde am Sonnabendmittag über die genauen Anklagepunkte des am Morgen eröffneten Verfahrens informieren, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Den Kroaten droht eine empfindliche Strafe.

Weil kroatische Fans Feuerwerkskörper auf das Spielfeld geworfen haben, musste die Partie in Saint-Etienne in der 86. Minute für vier Minuten unterbrochen werden. Zudem kam es zu Prügeleien unter kroatischen Anhängern auf der Tribüne. "Das sind keine Fans, das sind Terroristen, die machen alles kaputt", sagte Trainer Ante Cacic.

Hohe Quoten für das ZDF

Die Fußball-Europameisterschaft ist weiterhin ein Garant für hohe Einschaltquoten. Beim Spiel Spanien-Türkei (3:0) schalteten am Freitagabend ab 21.00 Uhr im ZDF 10,98 Millionen Menschen ein (Marktanteil 36,9 Prozent). Zuvor hatten ebenfalls im ZDF schon 7,69 Millionen (35,2 Prozent) ab 18.00 Uhr das Spiel Tschechien-Kroatien (2:2) verfolgt. Die Quoten der anderen Sender blieben weit zurück. Die ARD lockte mit dem „Brennpunkt: Rio ohne Russlands Leichtathleten“ immerhin 4,36 Millionen Zuschauer (16,0 Prozent) zu sich. Das anschließende Politdrama „Die Briefe meiner Mutter“ sahen im Ersten dann noch 3,21 Millionen (10,6 Prozent).

RTL erreichte mit „Die ultimative Chart Show“ 2,12 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 7,3 Prozent. Auf Sat.1 sahen 1,19 Millionen „Alvin und die Chipmunks 3: Chipbruch“ - der Marktanteil betrug 4,0 Prozent. Dahinter folgten Vox mit einer Folge der Krimiserie „Law & Order“ (1,10 Millionen / 3,8 Prozent), ProSieben mit „21 & Over“ (0,68 Millionen / 2,3 Prozent) und RTL II mit „Bis dass das Glück uns scheidet“ (0,56 Millionen / 2,1 Prozent).

Polens Kapitän Lewandowski: „Hurraoptimismus ist nicht angebracht“

Polens Kapitän Robert Lewandowski hat vor dem letzten EM-Gruppenspiel am Dienstag gegen die bereits ausgeschiedene Ukraine höchste Konzentration angemahnt. „Hurraoptimismus ist nicht angebracht“, sagte der 27 Jahre alte Stürmer des FC Bayern in einem Interview des Verbandes. Man dürfe keinen Gegner unterschätzen, es gebe nur „große Spiele“ bei einer EM. „Wir gehen Schritt für Schritt.“ Die noch ungeschlagene Mannschaft von Nationaltrainer Adam Nawalka hat mit vier Punkten gute Aussichten auf das erstmalige Erreichen der K.o.-Runde.