Hamburg. Die Rückkehrerin versorgt das Volleyballteam Aurubis mit Energie. Der Ausflug in die Hauptstadt hat der 24-Jährigen durchaus geholfen.

Man kann sich entspanntere Tage vorstellen als den, den Saskia Radzuweit am Donnerstag erlebte. Gegen vier Uhr morgens war die Außenangreiferin der Bundesligafrauen des Volleyballteams Aurubis, den 3:0-Achtelfinalsieg im deutschen Pokal beim Zweitligisten DSHS Köln und eine fünfstündige Busrückreise in den Beinen, in ihr Bett gefallen. Zwei Stunden später klingelte der Wecker, um 7.45 Uhr begann der Arbeitstag für die Auszubildende, die bei Hallite Dichtelemente in Allermöhe Groß- und Außenhandelskauffrau wird. Nach Dienstschluss um 16 Uhr ging es nach Neugraben, wo um 17 Uhr in der CU-Arena Training anstand. Alltag für eine Leistungssportlerin, die von Baggern und Pritschen nicht leben kann.

Und dennoch sieht die 24-Jährige derzeit keinen Grund zur Klage, denn sie ist glücklich, wieder dort zu sein, wo ihr Volleyballleben begann. Radzuweit ist ein Eigengewächs des Vereins aus dem Hamburger Süden; neben Mittelblockerin Nina Braack das einzig verbliebene, das Bundesliganiveau aufweist. Doch weil der Prophet im eigenen Land bisweilen nichts gilt, hatte sie sich im Sommer 2013 aufgemacht, um der stagnierenden Karriere neues Leben einzuhauchen.

Die fehlende Bindung an Freunde und Familie bewogen sie zur Rückkehr

Der Wechsel zum Köpenicker SC nach Berlin sei für ihre persönliche und sportliche Entwicklung ein sehr wichtiger Baustein gewesen, sagt sie rückblickend. „Ich habe gesehen, dass ich es anderswo allein schaffen kann. Ich habe viel Spielpraxis bekommen, mich im Außenangriff verbessert, aber auch meine Schwachstelle, die Annahme stabilisiert“, sagt sie. Gerade ihre Annahme hatte der frühere Aurubis-Chefcoach Helmut von Soosten immer kritisiert. Das Feedback alter Freunde und Wegbegleiter aus Hamburg bekräftigte sie in der Einschätzung, sich durch den Ausflug in die Hauptstadt eine neue Lockerheit angeeignet zu haben, die sie auch daran spürt, dass die ungewisse finanzielle Zukunft des Vereins derzeit nicht leistungshemmend auf sie wirkt.

In diesem Sommer war das Heimweh aber so groß geworden, dass eine Rückkehr nach Hamburg unumgänglich schien. „Ich habe gemerkt, dass ich die Bindung an Freunde und Familie brauche“, sagt die 182 Zentimeter große Athletin. Sie ist zurück in die Einliegerwohnung im Dachgeschoss des elterlichen Hauses gezogen und genießt die Geborgenheit, die ihr die Heimatliebe zu ihrer Lieblingsstadt gibt.

Und sie freut sich über den neuen Geist, der im VTA-Team herrscht. Als sie vor zwei Jahren nach Berlin wechselte, war in Hamburg Grüppchenbildung in einer zu selten als Einheit funktionierenden Mannschaft Usus. Das von Cheftrainer Dirk Sauermann auf zehn Positionen umformierte, aktuelle Team präsentiert sich bislang als geschlossener Kreis. „Ich habe im Vergleich zu früher auf jeden Fall einen sehr positiven Eindruck“, bestätigt Saskia Radzuweit.

Was auch an diesem Sonntag (15 Uhr, CU-Arena) im Heimspiel gegen den deutschen Meister Dresdner SC ihre Aufgabe sein wird, konnte sie beim 3:0-Sieg am vergangenen Sonnabend gegen Wiesbaden eindrucksvoll nachweisen. Mit ihrer Einwechslung im ersten Satz rauschte eine Energiewelle durchs Team, die alle mitriss. Der Enthusiasmus, mit dem sie jeden eigenen Punkt feiert, steckt die Kolleginnen an. „Ich denke, dass jedes Team ein solches Element benötigt, und ich spiele diese Rolle gern“, sagt sie.

Identifikationsfigur zu sein, dem Team ein Gesicht zu verleihen, das ist dagegen nicht das Faible der abseits des Feldes manchmal schüchtern wirkenden Sportlerin. Vollgas geben, um mit sportlichen Argumenten die Zukunft des Vereins zu retten und wieder einmal ruhigere Tage zu erleben, das muss reichen.