Zürich. Die Fifa-Exekutive will einen Termin festlegen, auf dem der Nachfolger für Präsident Blatter gewählt werden soll. Wird es Platini?

Die Fifa-Exekutivewill den Zick-Zack-Kurs von noch Präsident Joseph Blatter beenden und am Montag um 10 Uhr in Zürich einen Termin für die Neu-Wahl beschließen. Für Blatter wird es die erste wichtige Machtprobe nach seiner Rücktrittsankündigung vor knapp sieben Wochen. Als Nachfolger an der Spitze des Fußball-Weltverbands wird Michel Platini gehandelt.

Zum Machtkampf könnte es vor allem deshalb kommen, weil der derzeitige Präsident Blatter den außerordentlichen Kongress erst für das kommende Frühjahr plant. Das Europa-Lager mit DFB-Präsident Wolfgang Niersbach dagegen will noch in diesem Jahr eine Entscheidung.

„Die Sitzung muss das klare Ziel haben, unter Beachtung der Fifa-Statuten einen möglichst schnellen Termin festzulegen“, sagte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit Blick auf die Entscheidung über das Datum für den Wahlkongress: „Ich erwarte eine Terminierung für den Dezember, noch vor Weihnachten.“

Folgt Platini?

Nach Ansicht Niersbachs stehen dann die potenziellen Nachfolger Blatters, zu denen der 64-Jährige selbst gehört, unter Zugzwang: „Aufgrund der geltenden Viermonats-Frist muss spätestens im August klar sein, wer sich um das Amt bewerben will.“

Sepp Blatter – Fifa-Chef und Weltenlenker

Der Sieger ist – Katar: Joseph Blatter präsentiert den WM-Gastgeber 2022
Der Sieger ist – Katar: Joseph Blatter präsentiert den WM-Gastgeber 2022 © dpa
Sepp Blatter und Weltmeister Ronaldo
Sepp Blatter und Weltmeister Ronaldo © dpa | Olivier Maire
Joseph Blatter erhält von Bundeskanzlerin Angela Merkel das Bundesverdienstkreuz
Joseph Blatter erhält von Bundeskanzlerin Angela Merkel das Bundesverdienstkreuz © dpa | DB Roberto Pfeil
Franz Beckenbauer musste auf Sepp Blatter vertrauen, als sich Deutschland um die WM 2006 bewarb
Franz Beckenbauer musste auf Sepp Blatter vertrauen, als sich Deutschland um die WM 2006 bewarb © dpa | Bernd Weissbrod
Sie werden der Korruption beschuldigt (von oben links): Rafael Esquivel, Jose Maria Marin, Eduardo Li, Eugenio Figueredo, Nicolas Leoz, Jack Warner, Jeffrey Webb und Julio Rocha
Sie werden der Korruption beschuldigt (von oben links): Rafael Esquivel, Jose Maria Marin, Eduardo Li, Eugenio Figueredo, Nicolas Leoz, Jack Warner, Jeffrey Webb und Julio Rocha © dpa | Epa
Der frühere Fifa-Funktionär Jack Warner sieht sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt
Der frühere Fifa-Funktionär Jack Warner sieht sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt © dpa | Gary I Rothstein
Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela freute sich über die WM 2014 in Südafrika
Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela freute sich über die WM 2014 in Südafrika © dpa | Eddy Risch
Shakira, Stammsängerin bei der WM, mit Joseph S. Blatter
Shakira, Stammsängerin bei der WM, mit Joseph S. Blatter © dpa | Alessandro Della Bella
Absolution von allen Sünden? Sepp Blatter mit Papst Franziskus
Absolution von allen Sünden? Sepp Blatter mit Papst Franziskus © dpa | Osservatore Romano / Handout
Sean Connery, Pelé und Joseph Blatter
Sean Connery, Pelé und Joseph Blatter © dpa | Danilo Schiavella
Mit Präsident Wladimir Putin ist Joseph Blatter ebenfalls auf Tuchfühlung. Die WM 2018 findet in Russland statt
Mit Präsident Wladimir Putin ist Joseph Blatter ebenfalls auf Tuchfühlung. Die WM 2018 findet in Russland statt © dpa | Mikhail Klementev/Ria Novosti /
Joseph S. Blatter mit dem Präsidenten der Asiatischen Ländervereinigung, Mohamad bin Hammam
Joseph S. Blatter mit dem Präsidenten der Asiatischen Ländervereinigung, Mohamad bin Hammam © dpa | Ahmad Yusni
1/12

Ein Kandidat für das Erbe Blatters, der als Folge des Korruptionsskandals am 2. Juni seinen Rücktritt angekündigte, hat sich bislang nicht öffentlich positioniert. Derzeit wird vor allem ein Modell gehandelt: Uefa-Boss Michel Platini folgt auf Blatter, Niersbach beerbt Platini bei der Europäischen Fußball-Union.

Dieser Plan, der zuletzt von adidas-Vorstandsboss Herbert Hainer befürwortet wurde, stößt allerdings auf Kritik - vor allem weil Platini durch Vorwürfe der Vetternwirtschaft schwer belastet ist. „Für einen wirklichen Neuanfang ist Platini sicher nicht der Richtige“, sagte Dagmar Freitag, die Vorsitzende des Bundestag-Sportausschusses, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Platini hält sich noch zurück

Neue Vorwürfe namhafter Werbepartner und der Beginn des Prozesses gegen den Ex-Fifa-Vize Jeffrey Webb bringen weitere Brisanz für das Grandentreffen knapp zwei Monate nach der Festnahme von sieben Funktionären in Zürich. Webb plädierte in New York auf „nicht schuldig“, eine umfassende Aussage des ehemaligen Vertrauten Blatters dürfte aber die Fußball-Welt erneut erschüttern.

Der Schweizer selbst hatte zuletzt immer wieder mit mehrdeutigen Äußerungen zu seiner Amtsaufgabe Verwirrung gestiftet und dafür eine deutliche Rüge von Domenico Scala, Vorsitzender der Kommission für Audit und Compliance, kassiert. Platini hielt sich hingegen öffentlich bei diesem Thema bislang auffallend zurück.

Eine Bewerbung des ambitionierten Uefa-Präsidenten käme jedoch nicht überraschend: Wie die spanische Zeitung „AS“ am Sonntag berichtete, soll der Franzose zur Kandidatur entschlossen sein und die Unterstützung aus Europa, Südamerika, Nord- und Mittelamerika und Ozeanien bereits sicher haben. Die benötigten Stimmen von fünf Mitgliedsverbänden einzureichen, wäre für Platini kein Problem. Erst vier Monate nach dieser Formalie kann der Fifa-Kongress stattfinden. Bislang haben sich nur chancenlose Spaßkandidaten wie Diego Maradona oder Zico aus der Deckung gewagt.

Am Tag vor der Exekutiv-Sitzung stand ein Treffen der sechs Konföderations-Präsidenten mit dem Fifa-Boss auf dem Programm - in diesem Rahmen hatte Platini Blatter vor zwei Monaten noch zum sofortigen Rücktritt aufgefordert. Auch jetzt würden die europäischen Widersacher den 79-Jährigen gerne so schnell wie möglich loswerden, allerdings würde bei einem sofortigen Abdanken der ebenfalls skandalumwitterte Vize Issa Hayatou aus Kamerun vorerst übernehmen.

Reformen erst unter einem neuen Präsidenten?

„Für die europäischen Kreise gibt es nur ein Thema: die Wahl des Präsidenten“, klagte Blatter zuletzt und bezeichnete dies als „Nebenschauplatz im gleißenden Scheinwerferlicht“.

So dürften auch die auf der Zielgeraden seiner Ägide angekündigten Demokratiereformen zum Thema in Zürich werden. Nach Ansicht Niersbachs sollen diese aber nicht mehr vom scheidenden Langzeitregenten eingebracht und umgesetzt werden.

„Die Einführung und Umsetzung eines umfassenden Reformpakets sehe ich beim neuen Präsidenten. Er könnte seine Ideen beispielsweise auf dem außerordentlichen Kongress als Ziel formulieren und sie auf dem ordentlichen Kongress im Mai 2016 in Mexiko zur Abstimmung stellen“, sagte Niersbach.

Der frühere DFB-Boss Theo Zwanziger ist unterdessen der Ansicht, dass es mit der Wahl eines neuen Präsidenten nicht getan ist. „Es ist ein Irrglaube, dass eine Reform nur durch das Auswechseln von Personen zustande kommt“, äußerte das ehemalige Exko-Mitglied in der BamS: „Es bedarf viel mehr einer völligen Veränderung der Führungsstruktur.“

Am Ende vielleicht Niersbach?

Bei der Suche nach einem Heilsbringer fällt dennoch immer wieder der Name von Niersbach. Der DFB-Boss hatte zuletzt ein 10-Punkte-Programm für tiefgreifende Änderungen vorlegt, wollte dieses aber ausdrücklich nicht als Wahlprogramm verstanden wissen.

Als Konsequenz aus dem Skandal soll das Exko am Montag unter anderem über Reformen beim Bewerbungsverfahren um die Ausrichtung künftiger WM-Turniere beraten. So sollen Bewerber keine Projekte zur Förderung des Fußballs im Ausland mehr finanziell unterstützen dürfen. Außerdem liegt der Plan auf dem Tisch, wonach potenzielle WM-Gastgeber künftig die Standards der Vereinten Nationen (UN) bei Menschen- und Arbeitsrechten umsetzen müssen.

Der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International (TI) und den Sponsoren reicht eine Erneuerung aus dem Fifa-Innern allerdings nicht aus. Sie fordern eine „unabhängige Kommission“, um den Weltverband zu reformieren. Ziel müsse es sein, die Fifa von der „Kultur der Korruption“ zu säubern.

Webb plädiert auf „nicht schuldig“

Unterdessen hat der aus der Schweiz in die USA ausgelieferte ehemalige Fifa-Vizepräsident Jeffrey Webb (Kaimaninseln) vor einem Bundesgericht bei einer ersten Anhörung auf nicht schuldig plädiert. Der 50-Jährige wurde gegen eine Kaution von 10 Millionen US-Dollar auf freien Fuß gesetzt. Webb musste seine Pässe allerdings abgeben und muss sich in einem Radius von 32 km rund um das Bundesgericht aufhalten.

Webb gehört zu den sieben verhafteten Fifa-Funktionären. Der frühere Chef des Kontinentalverbandes Concacaf (Nord- und Mittelamerika sowie Karibik) ist allerdings bisher der einzige, der mit seiner Überstellung an die US-Justiz einverstanden war.

Webb wird von der US-Justiz wie acht weitere Topfunktionäre aus Gremien der Fifa, der Concacaf oder des Conmebol (Südamerika) und fünf Vermarktern wegen Beteiligung an Verschwörung, Betrug, Bestechung und Geldwäsche angeklagt.