Köln . Im Korruptionsskandal der Fifa hat die Schweiz den ersten auslieferungswilligen Topfunktionär an die USA überstellt.

Im Korruptionsskandal beim Fußball-Weltverband Fifa hat durch die Auslieferung des ersten Topfunktionärs an die USA bei allen Verdächtigen und Mitwissern endgültig das große Zittern begonnen. Die zu erwartenden Aussagen des überstellten Managers, der Spekulationen zufolge der frühere Fifa-Vizepräsident Jeffrey Webb (Kaimaninseln) sein soll, stellen aufgrund eines mutmaßlichen Deals des neuen „Kronzeugen“ mit den US-Fahndern eine Bedrohung für womöglich große Teile des Establishments bis zur Spitze dar.

Die für die weitere Aufklärung des Skandals vielleicht schon vorentscheidende Auslieferung vollzog sich bereits am Mittwoch diskret und den Vorschriften entsprechend: „Er wurde in Zürich einer Eskorte von drei Vertretern der US-Polizei übergeben und von ihnen auf dem Flug nach New York begleitet“, beschrieb das Schweizer Bundesamt für Justiz (BJ) am Donnerstag den Überstellungsakt.

Später meldeten die New York Times und CNN, dass Webb eingetroffen sei. Sollte sich Webbs Identität bestätigen, würde die US-Justiz über einen wertvollen Zeugen verfügen. Der ehemalige Bankier hatte im Kontinentalverband CONCACAF (Nord- und Mittelamerika sowie Karibik) 2012 seinen zwielichtigen und mitangeklagten Vorgänger Jack Warner (Trinidad und Tobago) als Präsident abgelöst und gehörte seit dem gleichen Jahr auch der Fifa -Exekutive an. Bis zu seiner Festnahme in Zürich galt Webb auch als ein „Lieblingszögling“ des Schweizer Fifa -Bosses Joseph S. Blatter.

In jedem Fall dürfte der ausgelieferte Häftling Neuigkeiten zu den jahrelangen Schmiergeldzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe zu bieten haben: Den Gepflogenheiten des US-Rechtssystems zufolge gilt die Zustimmung einer im Ausland inhaftierten Person zur Auslieferung in die USA als eindeutiges Zeichen zur Kooperationsbereitschaft - als Gegenleistung für eine Strafmilderung.

Mit welcher Erwartungshaltung die US-Ermittler ihrem hochrangigen Häftling begegnen dürften, ließ bei der Anhörung des US-Senats zum Fifa-Skandal Senator Richard Blumenthal erahnen. Der Demokraten-Obmann bezeichnete die Fifa in seinem Eröffnungsstatement „als mafia-ähnliches Syndikat. Mich lässt der Formulierung alleine etwas zögern, dass ein Vergleich der Fifa mit der Mafia fast eine Beleidigung für die Mafia wäre, denn die Mafia würde ihre korrupten Geschäfte niemals in einer solch himmelschreiend unverdeckten und arroganten Weise abwickeln“.

Das korrupte Treiben hat dem US-Verband USSF nach Angaben seines Generalsekretärs Dan Flynn auch zunehmend Unbehagen bereitet. „Es gab bei mehreren Gelegenheiten ein ungutes Gefühl“, sagte Flynn bei der Befragung durch die Kongressabgeordneten. Belastbare Kenntnisse von den Vorgängen indes bestritt Flynn: „Ich wusste nichts von Korruption, und auch niemand, mit dem ich bei der USSF zusammengearbeitet habe, hat davon etwas gewusst.“

Wie viel die sechs noch in Schweizer Auslieferungshaft sitzenden Fifa -Funktionäre wissen, bleibt zumindest vorerst noch im Dunkeln. Offenbar ist noch keiner der Beschuldigten dem Beispiel des schon überstellten Kollegen gefolgt und hat der vereinfachten Auslieferung zugestimmt.

Demzufolge stellte das Schweizer BJ im Zusammenhang mit den bestätigten Befragungen der Häftlinge - neben Webb hatte die Schweizer Polizei Ende Mai auf US-Antrag auch den damaligen Fifa-Vizepräsident Eugenio Figueredo (Uruguay), Costas Ricas Verbandschef Eduardo Li, Nicaraguas früheren Fußball-Boss Julio Rocha, Warners britischen Ex-Attaché Costas Takkas, den venezolanischen Verbandsboss Rafael Esquivel und Brasiliens früheren Verbandspräsidenten José Maria Marin festgenommen - eine Entscheidung erst für August in Aussicht. Für einen Deal könnte die Zeit bis dahin allerdings abgelaufen sein, sollten die US-Fahnder bei den Verhören ihres neuen Häftlings schon Fortschritte gemacht haben.