Barcas Superstar ließ auf seinen ersten Treffer ein Traumtor folgen und legte den dritten Treffer auf. FC Bayern steht vor dem Aus.

Barcelona. Geschockt stand Pep Guardiola am Spielfeldrand. Die Rückkehr in seine Heimat, in sein geliebtes Camp Nou, sie geriet zur Demütigung. 3:0 prangte auf der Anzeigetafel. Schon nach dem Hinspiel beim FC Barcelona, dem Club seines Lebens, liegt für ihn und den FC Bayern das Champions-League-Endspiel in praktisch unerreichbarer Ferne. Und an dem wohl schmerzhaftesten Abend seiner Trainer-Karriere hatte sich Guardiola auch noch als Wahrsager erwiesen: „Lionel Messi ist nicht zu stoppen“, hatte Guardiola gesagt. Zweimal schlug der Argentinier prompt zu.

Erst als die Champions-League-Hymne verklungen war, schritt Guardiola aus den Katakomben zur ungewohnten Gäste-Bank. Dort legte er die zwei mitgebrachten Flaschen Wasser ab. Die Fotografen warteten bereits und bekamen einen ersten tollen Schnappschuss, als sich Guardiola und Barça-Coach Luis Enrique umarmten. Beide waren einst Teamkollegen - jetzt trafen sie sich als Gegner wieder, nicht mehr in kurzen Hosen, sondern in feinen Anzügen.

Mit dem Anpfiff war es mit den Sentimentalitäten vorbei. „Ich bin nicht hier als Hommage, sondern um meine Arbeit zu tun - mit Bayern München das Finale zu erreichen“, hatte Guardiola gesagt. Und er hatte einen Plan ausgearbeitet, mit dem er das Unmögliche schaffen wollte. Irgendwie Messi aufhalten. Es schlug fehl.

+++ Emotionen pur: Der Liveticker zum Nachlesen +++

„Wir waren lange gut unterwegs, dann hat Messi wieder sein Talent gezeigt. Er hat schon viele dieser Situationen hervorgerufen, er nutzt seine Chancen“, sagte Guardiola und will im Kampf um das Finale am 6. Juni in Berlin aber noch nicht aufgeben: „Es wird schwierig, wir werden es noch versuchen. Es gibt noch 90 Minuten.“

Lahm: "Wir haben uns auskontern lassen"

Doch die Chancen sind wohl minimal. „Wir sind an unsere Grenzen gestoßen“, sagte Sportvorstand Matthias Sammer, nachdem Messi mit zwei Weltklasse-Aktionen (77./80.) zugeschlagen hatte. Dazu traf Neymar kurz vor dem Schlusspfiff (90.+4). Selbst Manuel Neuer, der die Münchner bis dato mit weltmeisterlichen Paraden auf Kurs gehalten hatte, vermochte bei den unwiderstehlichen Aktionen des Argentiniers die Angriffsmaschine Barcelonas nicht stoppen.

„Wir haben uns dreimal auskontern lassen. Das ist bitter. Wir hatten unsere Chancen, machen es ihnen aber zu einfach. Das darf uns nicht passieren“, sagte Bayern-Kapitän Philipp Lahm und Neuer ergänzte: „Wir haben ihnen das erste Tor vorgelegt. Das hat uns verunsichert. Aus diesem Spiel haben wir zum Schluss nichts gelernt. Ein bisschen Hoffnung gibt vielleicht das Spiel gegen Porto.“ Im Viertelfinale hatten die Bayern noch ein 1:3 gedreht.

Guardiola stellte schnell auf Viererkette um

Mit dem flinken Rafinha links in einer Dreierkette sowie einem sehr linksseitig verdichteten Mittelfeld hatte Guardiola einen verwegenen Anti-Messi-Plan entworfen. Er wurde zum Kurzzeitversuch. Nachdem Nationaltorhüter Manuel Neuer die erste Großchance von Luis Suárez mit einer grandiosen Fußabwehr vereitelt hatte, reckte Guardiola in der Coaching Zone aufgeregt vier Finger in die Höhe - Umstellung auf Viererkette bedeutete diese Anweisung, die dem Bayern-Spiel mehr Stabilität gab. Darauf hatte der Coach bei seiner Besetzung im Mittelfeld mit Xabi Alonso und Bastian Schweinsteiger ohnehin Wert gelegt.

Mario Götze musste stattdessen auf der Bank Platz nehmen, auch weil Lewandowski trotz seiner Brüche im Gesicht grünes Licht gab. Und der Pole, den die Maske offensichtlich nicht groß einschränkte, hätte seinen Auftritt fast mit einem frühen Tor gekrönt. Nach feinem Zusammenspiel mit Thomas Müller scheiterte Lewandowski freistehend aus fünf Metern, als er den Ball nicht genau traf (18.). Der deutsche Keeper Marc-André ter Stegen wäre chancenlos gewesen.

Viele Chancen von diesem Format blieben den Münchnern aber nicht, denn Barca riss das Spiel mehr und mehr an sich. Im Mittelfeld wirkten sie spritziger und gedankenschneller. Das Fehlen der beiden Superstars Arjen Robben und Franck Ribéry machte sich da bemerkbar. Dazu blieb Ex-Barca-Spieler Thiago blass.

Barça-Fans stimmten Enrique-Sprechchöre an

Ausgangspunkt vieler Angriffe der Gastgeber war Messi, gegen den Juan Bernat wenig auszurichten hatte. Der Argentinier war in seinem 100. Europacup-Spiel aber weder mit einem Schlenzer (21.) noch mit einem Freistoß (36.) erfolgreich. Neuer, der von seinen Kollegen häufig eingebunden wurde und mitunter Libero-Qualitäten bewies, war neben Jérôme Boateng der große Rückhalt der Münchner. Dazu verdiente sich Müller eine gute Note.

Die Barça-Fans stimmten nach 34 Minuten Sprechchöre auf Luis Enrique an, ihren neuen Trainer-Strategen im Camp Nou. Guardiola war nach 14 gemeinsam bejubelten Titeln zwischen 2008 und 2012 als Gast in sein früheres Wohnzimmer zurückgekommen, Geschenke waren beim Wiedersehen nicht für den Katalanen vorgesehen. Vielmehr war Guardiola auffällig darum bemüht, Mimik und Gestik unter Kontrolle zu halten. Oft vergrub er die Hände in den Taschen.

Drei-Tore-Rückstand konnte erst einmal gedreht werden 

Seine neuen Spieler gestalteten die Partie gegen seine früheren Zöglinge nach der Pause zunächst offener. Bis Messi von nichts und niemanden mehr zu halten war auf dem Feld. Zweimal in kürzester Zeit schlug der Argentinier zu. Bei seinem zweiten Tor spielte der "Floh" den zu Boden fallenden Boateng schwindlig und überwandt Neuer mit einem sehenswerten Lupfer - ein Traumtor.

Als Neymar nach Vorlage von Messi auch noch Tor Nummer drei nachlegte, wandte sich Guardiola ab und setzte sich fix und fertig auf die Bank. Es war vorbei - sehr wahrscheinlich auch die Chance auf das Champions-League-Finale in Berlin.

Einen Hoffnungsschimmer gibt es aber noch für die Bayern: Erst einmal konnte in der KO-Phase der Champions League ein Drei-Tore-Rückstand noch aufgeholt werden. In der Saison 2003/04 war es die Mannschaft von Deportivo La Coruña, der dieses Kunststück gegen den AC Mailand gelang. Die Spanier verloren zunächst das Viertelfinal-Hinspiel beim damaligen Titelverteidiger 1:4, zogen dann aber durch ein 4:0 auf heimischem Platz doch noch in die Runde der letzten Vier ein.

Das Schema

Barcelona: ter Stegen - Alves, Pique, Mascherano (89. Bartra), Alba - Busquets - Rakitic (82. Xavi), Iniesta (87. Rafinha) - Messi, Suarez, Neymar. - Trainer: Enrique

Bayern: Neuer - Rafinha, Benatia, Jerome Boateng, Bernat - Alonso - Lahm, Schweinsteiger, Thiago - Lewandowski, Thomas Müller (79. Götze). - Trainer: Guardiola

Schiedsrichter: Nicola Rizzoli (Italien)

Tore: 1:0 Messi (77.), 2:0 Messi (80.), 3:0 Neymar (90.+4)

Zuschauer: 95.639

Beste Spieler: Messi, Iniesta, Neymar - Neuer

Gelbe Karten: Alves (6), Pique (2), Neymar - Alonso (2), Benatia (2), Bernat (3)

Torschüsse: 16:7

(dpa/wal)