Hamburgs Schwimm-Star Markus Deibler macht sich nach seinem Triumph von Doha nicht nur Gedanken über seine Olympia-Distanzen. Begeisterung über Empfang am Flughafen.

Hamburg. Markus Deibler, 24, lächelte verlegen, als er am Montagmorgen kurz nach halb elf das Terminal zwei des Hamburger Flughafens Fuhlsbüttel betrat. 40 Jugendliche, Schwimmtalente der Eliteschule des Sports am Alten Teichweg, die extra für ihn schulfrei erhalten hatten, jubelten ihm zu, klatschten Beifall, zwei hielten goldene, sternförmige Luftballons mit der Aufschrift „Super, Markus!“ in die Höhe. Der wusste in diesem Moment nicht so recht, was er sagen sollte.

„Mit einem solchen Empfang hatte ich nicht gerechnet“, gestand er schließlich gerührt, „toll, dass ihr alle gekommen seid.“ Als die Fotografen und Kameraleute ihn um Bilder baten, kramte er seine Goldmedaille aus der Hosentasche, hängte sie sich um. Später reichte er sie herum mit der Bitte, „sie doch wiederzubekommen“.

Markus Deibler, seit Oktober 2009 Mitglied des Hamburger Schwimm-Clubs, scheint sich erst daran gewöhnen zu müssen, dass er als Weltmeister und Weltrekordler über 100 Meter Lagen ab sofort ein wesentlich mehr gefragter Mann ist. Die Lockerheit, die bislang sein Auftreten prägte, war diesmal einer gewissen Anspannung, einem Schuss Verantwortungsbewusstsein gewichen. Vielleicht war es aber einfach nur Müdigkeit. Seit seinem Triumph bei der Kurzbahn-Weltmeisterschaft (25-Meter-Becken) am Vorabend in Doha (Katar) hatte Deibler auf dem sechsstündigen Flug nach Frankfurt lediglich für ein paar Minuten die Augen schließen können. „Bei meiner Länge von 1,97 Metern findet man in den engen Sitzen keine ideale Position zum Schlafen.“

Hellwach war er dagegen im Becken gewesen. Seine beiden Hauptkonkurrenten, Olympiasieger Ryan Lochte aus den USA und den Russen Wladimir Morosow, hatte er stets im Blick, beide schwammen links von ihm. Und als er nach der Hälfte der Strecke nur knapp hinter ihnen lag, „wusste ich, dass alles möglich ist“. Nach 25 Metern Schmetterling und 25 Metern Rücken, seiner schwächsten Lage, kamen seine starken Disziplinen Brust und Kraul. Deibler holte Zug um Zug auf, zog auf der letzten Bahn an Lochte, dann an Morosow vorbei. Aber erst beim Blick auf die Videowand, als sein Name ganz oben stand und hinter seinen 50,66 Sekunden ein „WR“ für Weltrekord, „habe ich realisiert, dass ich gewonnen habe“.

In seiner Eisdiele auf St. Pauli wird es künftig den Weltmeister-Becher geben

Markus Deibler ist der erste Deutsche, der nach Verbot der leistungsfördernden Hightech-Anzüge vor fünf Jahren Weltrekord schwamm. „Das macht mich schon ein bisschen stolz. Ich dachte nicht, dass ich solch eine Leistung drinhabe. Ich habe mich vorher immer gefragt: Wie machen das die anderen?“ Nun ist er das Maß aller Dinge. Längere Tauchphasen nach der Schmetterling- und Rückenlage und damit bessere Wenden waren das Ergebnis des Videostudiums nach dem Halbfinale mit deutschem Rekord. „Dass ich im Finale noch einmal fast eine Sekunde schneller bin, hat mich dann doch überrascht.“

Der Triumph in Doha ist auch ein Triumph des Teams am Hamburger Olympiastützpunkt in Dulsberg. Trainerin Petra Wolfram gewöhnte ihn über die vergangenen Jahre kontinuierlich an immer stärkere Belastungen, Mannschaftsarzt Michael Ehnert von der Asklepios Klinik St. Georg begleitete den Anpassungsprozess mit medizinischem Rat. Das Ergebnis: In diesem Jahr stand Markus Deibler das erste Mal eine Saison ohne längere Krankheit durch. „Wenn er gesund bleibt“, sagt Wolfram, „wird er sich weiter verbessern.“

Nächstes Ziel sind nun die Sommerspiele 2016 in Rio. Dort soll Markus Deibler die 200 Meter Lagen schwimmen, – die 100 Meter sind nicht olympisch –, aber auch über 100 und 200 Meter sieht Wolfram noch Potenzial. Für Bruder Steffen Deibler, der nach einer Grippe in der Vorbereitung geschwächt in Doha antrat, ist Markus’ Weltrekord der Beweis, „dass wir gut und richtig trainieren“. Markus Deibler fällt das nicht immer leicht: „Ich bin nicht derjenige, der jeden Morgen schreit: Juhu, ich darf ins Training gehen. Ich mach’s letztendlich für den Erfolg.“

Bleibt noch eine Frage: Gibt es jetzt in seiner Eisdiele auf St. Pauli den Weltmeister-Becher? „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht“, sagt Markus Deibler, „klar ist nur, dass er aus vier Kugeln bestehen wird.“