Für den Weltfußballer ist das Endspiel in Lissabon ein ganz persönliches Heimfinale. „Von der Zehnten träumen alle Madridistas, jetzt sind wir nur noch einen Schritt von ihr entfernt.“

Lissabon. Der Empfang für Weltfußballer Cristiano Ronaldo war eines Königs würdig. Als der Superstar des spanischen Rekordmeisters Real Madrid am Donnerstagabend am noblen Hotel Tivoli eintraf, säumten über 300 Fans die Avenida da Liberdade im Herzen Lissabons. Einige waren auf Zäune geklettert, um einen kurzen Blick auf ihr Idol zu erhaschen. Doch „König“ Cristiano ließ sich nicht huldigen, er eilte mit konzentriertem Blick vom Bus in die Hotellobby, die Gedanken wohl bei der „Décima“.

Dieser zehnte Titel in der Champions League ist seit 2002 die große Sehnsucht von Real Madrid - und Ronaldo soll sie am Sonnabend im Endspiel gegen den Stadtrivalen Atlético (20.45 Uhr / im Liveticker auf abendblatt.de) endlich stillen. „Wir jagen diesen Pokal seit vielen Jahren und spüren diesen positiven Druck seit dem Tag, an dem wir nach Madrid gekommen sind“, sagt der 29-Jährige: „Von der Zehnten träumen alle Madridistas, jetzt sind wir nur noch einen Schritt von ihr entfernt. Wir müssen gewinnen.“

Für Ronaldo könnte es kaum eine bessere Bühne geben als Lissabon und das Estádio da Luz von Benfica. Als er elf Jahre alt ist, kommt der Junge von der Blumeninsel Madeira in die Stadt, sieben Jahre spielt er dort für Sporting - eine anfangs sehr schwere Zeit. Die anderen Jungs machen sich über seinen Dialekt lustig, ein Wachstumsschub und Herzrhythmusstörungen stellen gar seine Laufbahn infrage. Er kämpft sich durch und debütiert mit 17 für die „Leões“ (Löwen). „Es wird ein ganz besonderes Finale, in meinem Land, in meiner Stadt“, sagt er.

Und das, obwohl er bei den Profis von Sporting nur eine Saison aktiv war, ehe es ihn zu Manchester United zog. Mit dem englischen Rekordmeister gewann er die Champions League 2008 gegen den FC Chelsea mit Michael Ballack. Ein Jahr darauf unterlagen Ronaldo und Co. dem FC Barcelona, und der Angreifer schloss sich für die Rekordsumme von 94 Millionen Euro den Königlichen an.

Schon damals war der Auftrag klar: Bring uns endlich diesen verdammten zehnten Titel! 80.000 Fans jubelten ihm bei seiner Vorstellung im vollgepackten Bernabéu zu, und Präsident Florentino Pérez raunte ihm ins Ohr: „Sie erwarten nur dein Bestes.“

„Ich fühle mich gut und werde bei hundert Prozent sein“

Ronaldo traf von Beginn an, wie er wollte. In jetzt fünf Jahren Real erzielte er 177 Tore in 165 Ligaspielen, in der Champions League brachte er es auf 50 Treffer (51 Spiele) - doch die „Décima“ blieb ein unerfülltes Versprechen. In den vergangenen drei Jahren scheiterte Real jeweils im Halbfinale.

Diesmal soll alles anders werden. Ronaldo hat Madrid mit dem Rekordwert von 16 Toren erstmals seit zwölf Jahren wieder ins Endspiel geführt. Dort soll, ja muss die Krönung folgen. Ronaldo, schrieb das portugiesische Sportblatt A Bola nach dem kurzen Augenschein am Donnerstagabend, scheine „in guter Form“ zu sein.

Seine verschiedenen Blessuren hat „CR7“ rechtzeitig auskuriert. „Ich fühle mich gut und werde bei hundert Prozent sein“, sagt er. Am Donnerstag, beim letzten Training in der Heimat, übte er 25 Minuten mit der Mannschaft und 20 alleine - das muss für Atlético reichen.

Dass der vorlaute Nachbar sich dem Weltklub Real überlegen fühlt, macht Ronaldo nur noch angriffslustiger. „Sie sagen, dass sie Favorit sind? Gut, sehr gut. Wir werden es ja auf dem Platz sehen...“, sagt er lächelnd.