In Carlo Ancelotti und Diego Simeone treffen beim Champions-League-Finale zwei Trainer aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Beide haben sehr großen Anteil am Erfolg ihrer Teams.

Madrid. Mit den Trainer Carlo Ancelotti und Diego Simeone stehen sich beim Champions-League-Endspiel am Sonnabend (20.45 Uhr/Liveticker auf abendblatt.de) zwischen Real und Atlético Madrid zwei grundverschiedene Typen gegenüber. Eines aber eint den 54 Jahre alten Italiener und den zehn Jahre jüngeren Argentinier: Beide haben sehr großen Anteil am Erfolg ihrer Mannschaft.

Simeone, schrieb die Sporttageszeitung Mundo Deportivo, sei „Kopf und Herz“ seines Klubs, die Kollegen von AS meinten, er sei „die Batterie, die den Duracell-Hasen Atlético schneller und schneller macht“. Diego Pablo Simeone, den sie „el Cholo“ nennen (der Mestize, eine Mischung aus Weißem und Eingeborenem), lasse so spielen, wie er es selbst als Profi (106 Länderspiele) tat, sagt Kollege Ancelotti: „Perfekt im Positionsspiel, mit hundertprozentiger Konzentration und großartigem Charakter.“ Und kompromisslos.

Wille und Kampf sind Grundvoraussetzung für die „Glaubensgalaktiker“, wie eine Zeitung Simeones Mannschaft im Vergleich zum „galaktischen“ Real nannte. Vom „Cholismo“ ist die Rede - und der beinhaltet, dass alle mitziehen müssen. „Wenn er unzufrieden ist, brüllt er uns an“, sagt Torwart Thibaut Courtois. Mit seinem Arbeitsethos hat Simeone, der in Argentinien als Coach zweimal Meister war, den einstigen Chaosklub Atlético auf links gedreht. Kein Wunder, dass ihn die Fans verehren. Auch, weil er ihre Sprache spricht, die der einfachen Leute aus den „Bloques“, der Arbeitergegend im Süden Madrids.

„Wenn ich Matsch sehe, werfe ich mich hinein“

Er hat den abgedroschenen Spruch „von Spiel zu Spiel“ denken zum Mantra erhoben, weil er seine Spieler als Wiedergänger der Leute sieht, die „Tag für Tag kämpfen müssen“. Über sich sagt er: „Wenn ich Matsch sehe, werfe ich mich hinein. Arbeit ist alles.“ Mit dieser Einstellung hat er Atlético als Kapitän 1996 zum historischen Double geführt, als Coach zum Triumph in Europa League und europäischem Supercup (2012), in Pokal (2013 im Finale bei Real) und Meisterschaft (2014). Wer den dank Yoga noch immer durchtrainierten Anzugträger am Spielfeldrand erlebt, glaubt, dass er nach wie vor mitspielen könnte. Nötig ist das nicht, schließlich haben seine Profis „solche Eier“, wie er nach dem Finaleinzug sagte, während er mit den Händen eine fußballgroße Kugel formte.

Wie Simeone hat auch Ancelotti einen guten Draht zu seinen Spielern. Der Erfolg in dieser Saison sei „einzig und allein“ der Verdienst des früheren Mittelfeldstrategen (26 Länderspiele), sagt Cristiano Ronaldo. Der Coach habe nach dem Abschied von José Mourinho „alles verändert, vor allem die Mentalität der Spieler“. In seiner Arbeit bedient sich Ancelotti Charme und Witz. Ob Bayern München Schwächen habe, wurde er vor dem Halbfinal-Rückspiel gefragt. „Ja“, antwortete er und formte mit der Hand ein Tordreieck, in das er mit einem Finger reinstieß, „wenn man den Ball da hinschießt.“

„Hau ab und fress dich mit Tortellini voll“

Einen Fan, der den Lebemann mit Bauchansatz einst beschimpfte („Hau ab und fress dich mit Tortellini voll“), raunte er zu: „Leck mich doch am Arsch!“ Er lasse es nicht zu, „dass jemand einen ordentlichen Teller Tortellini beleidigt“, erklärte er seinen Ausbruch. Beim AC Mailand, mit dem Ancelotti als Profi und Trainer je zweimal die Champions League gewann, liefen den Spielern laut Paolo Maldini gelegentlich die Tränen runter, „weil wir über seine Ansprachen so lachen mussten“.

Da passt es, dass Ancelotti in einer Komödie an der Seite von Terence Hill („Keiner haut wie Don Camillo„) spielte. Sein Witz und taktisches Genie haben den Bauernsohn weit gebracht, Ancelotti war Meister in drei Ländern. Die „Décima“, der zehnte Titel in der Königsklasse, sei „sehr nah“, sagt er, „wir dürfen nur keine Angst haben“. Humor hilft eher.