Die deutsche Tennis-Vizemeisterin hofft, nach langwieriger Suche endlich die gewünschte Langzeitlösung gefunden zu haben. Ihr vergangenes Jahr war turbulent.

Hamburg. Carina Witthöft ist anspruchsvoll. Auch, was ihre Trainerwahl angeht. Nachdem zig Coaches bei der Wentorferin durchfielen und Mutter Gaby immer wieder einspringen musste, wurde die deutsche Vizemeisterin im Tennis nun endlich fündig: Torben Beltz heißt ihre Wunsch-Langzeitlösung. Der Itzehoer ist der langjährige Coach von Angelique Kerber.

Anfangs hatte ihn die aktuelle Weltranglisten-177. gar nicht in Erwägung gezogen. „Ich dachte: ,Ja gut, der hat vorher eine Top-Ten-Spielerin trainiert. Der wird wohl kaum Lust haben auf eine, mit der er wieder auf kleine ITF-Turniere fahren muss.‘“ Hatte er aber doch, und Carina Witthöft ist heilfroh: „Das ist nervig, wenn alle paar Monate der Coach gewechselt wird, weil man nicht zufrieden ist und man nie intensiv an etwas arbeiten kann.“

Beltz, 37, sitzt neben ihr am Tisch im Clubhaus der Tennisschule Witthöft in Jenfeld. Vater Kai und Mutter Gaby, beide 50, sind auch dabei, es ist ja ihre Anlage. Wie die Kerber-Eltern sind die Witthöfts beide Trainer. Erschwert das Beltz’ Arbeit? „Nein. Wenn man sich austauscht und etwas zurückbekommt von jemandem, der Ahnung hat, ist das doch super!“, sagt Beltz diplomatisch.

Etwas erschrocken und auch amüsiert guckt er, als Familie Witthöft sehr offen vom turbulenten Jahr 2013 erzählt. Das war nicht nur Carinas erste volle Profisaison nach dem Abitur, in der sie mit ihrem Hauptfeldeinzug in Wimbledon erstmals aufhorchen ließ. Sie stand auch schon gleich am Scheideweg: Nicht immer stimmte die Einstellung, und es kam zum heftigen Streit mit ihrer Mutter. „Wir sind ziemlich aneinandergecrasht. Das ging mir echt an die Substanz“, erzählt Gaby Witthöft. Zeitweise hielt Carinas Freund Phillip als Turnierbegleitung her.

Im Herbst musste die 19-Jährige schließlich sogar Bewerbungen schreiben für Ausbildungen als Versicherungs- und Immobilienkauffrau. „Sie musste auch ein Praktikum in einem Tennisshop absolvieren“, sagt Kai Witthöft. Carina meckert: „Ich musste Regale putzen!“ Der Vater, der auch als Manager auftritt, meint: „Carina hat mal gesehen, wie hart man im bürgerlichen Leben arbeiten muss – neben dem Tennisplatz, auf dem sie vorher vor Selbstmitleid zerfloss.“ Der Mutter fällt das Loslassen schwer, aber sie ist auch erleichtert. „Alle sind jetzt total glücklich“, sagt der Vater. Zu Carinas holpriger Trainersuche erklärt er: „Das Problem war, dass sie von uns so hohe Qualität gewohnt war.“

Beltz hört sich das alles ruhig an. Er ist kein Lautsprecher. Bundestrainerin Barbara Rittner sagte mal, dass er mit seiner einfühlsamen Art gut zur sensiblen Kerber passe. Nun ist die forsch-selbstbewusste, witzig-offene Carina das Gegenteil von „Angie“. Es könnte trotzdem gut passen, vor allem, weil der stets positive, unerschütterte HSV-Fan Beltz Spielerinnen immer begeistern kann. Die oft schlecht gelaunte Kerber heiterte er mit Wetten auf („Wenn du gewinnst, fahr‘ ich Achterbahn“).

Nach der Trennung von Kerber im Herbst genoss er die sonst so knappe Familienzeit mit Partnerin Stephie und den Töchtern Charlotte und Mathilda im heimischen Wilster. Er traut Witthöft Ähnliches zu wie Kerber, „weil sie das aktuelle aggressive Spiel spielt, gut aufschlägt und sich jetzt bereit erklärt hat, alles zu geben für die Karriere“. Aus seiner Zeit als Damencoach in Wahlstedt kennt er auch Mona Barthel und Julia Görges. Carina sei die „junge Wilde“. Die ersten Highlights sind im April die WTA-Turniere in Katowice (Polen), Stuttgart und Oeiras (Portugal). Trainiert wird bei Witthöfts, meist auf den zwei Hartplätzen nach dem Vorbild der Australian Open und US Open. Diese wurden extra für Carina verlegt.