Am Freitag beginnen in Sotschi die Winter-Paralympics. Unbeschwerte Spiele scheinen angesichts der Krise auf der benachbarten Krim-Halbinsel aber nicht möglich.

Berlin. Die Krise auf der Krim wirft wenige Tage vor dem Start einen Schatten auf die Paralympics in Sotschi. Ein Boykott der am Freitag beginnenden Wettkämpfe durch das 13-köpfige deutsche Team wird es zwar nicht geben - angesichts der angespannten Situation auf der nur rund 500 Kilometer entfernten Halbinsel sind unbeschwerte oder die so oft zitierten „unpolitischen Spiele“ aber eigentlich nicht mehr möglich. „Die Paralympics bekommen einen schalen Beigeschmack“, stellte Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbands (DBS), im Gespräch fest.

„Ganz ohne Zweifel“ sei dies in Europa „die schärfste Krise seit dem Mauerfall“, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Montag. Bundeskanzlerin Angela Merkel warf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sogar „Verletzung des Völkerrechts“ vor - auf politischer Ebene sind die Vorbereitungen auf den G8-Gipfel gestoppt worden.

„Dass nun gerade das Gastgeberland für die diesjährigen Olympischen und Paralympischen Spiele eine Eskalation eines Konfliktes vorantreibt, ist nicht nur unter völkerrechtlichen Aspekten inakzeptabel“, erklärte Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, in einer Stellungnahme: „Sondern auch ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die in wenigen Tagen zu ihren Wettkämpfen nach Sotschi reisen werden.“

Konsequenzen im Bereich des Sports gibt es aber noch nicht. Am Sonntag erklärte lediglich die britische Regierung, aus Protest gegen Russlands Verhalten die Paralympics zu boykottieren. Auf Bitten der Regierung habe daher auch Prinz Edward, Schirmherr des britischen paralympischen Verbands (BPA), seinen geplanten Besuch in Sotschi abgesagt.

„Wegen der ernsten Situation in der Ukraine sind William Hague (britischer Außenminister, d. Red.) und ich der Überzeugung, dass es für britische Minister falsch wäre, die Spiele in Sotschi zu besuchen“, teilte Premierminister David Cameron per Twitter mit.

Entsprechende Überlegungen gibt es in Deutschland nicht. Ole Schröder, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium (BMI), wird Leiter der deutschen Delegation sein. Sollte sich die Sicherheitslage allerdings weiter zuspitzen, hält sich Beucher alle Wege und Mittel offen, um die deutschen Athleten zu schützen. Auch eine vorzeitige Abreise aus Sotschi sei nicht völlig auszuschließen.

„Wir müssen sicherstellen, dass keine Gefährdung für Leib und Leben besteht“, sagte Beucher, der im ständigen Austausch mit dem Auswärtigen Amt und dem BMI steht. Der pensionierte Lehrer will sich aber „nicht an Spekulationen beteiligen und die Lage nüchtern betrachten“.

Noch haben die deutschen Politiker Hoffnung, die Krise auf diplomatischem Weg zu lösen, dennoch: Auch die Paralympics dürften für Putin einen erheblichen propagandistischen Wert haben. Während sich knapp 500 Kilometer entfernt „die Lage täglich zuspitzt“ (Steinmeier), kann der russische Präsident Normalität vorspielen - mit den Sportlern als Hauptdarstellern.

Der Weltverband IPC ließ lediglich mitteilen, dass „das IPC in Sotschi ist, um ein internationales Großereignis auszurichten, und nicht, um in globale Politik hineingezogen zu werden“. Dies ist aber durch die Wahl des Austragungsorts schon längst geschehen.