Arena-Geschäftsführer Uwe Frommhold spricht im Abendblatt-Interview über seine Pläne mit den Freezers und die Möglichkeit, ein drittes Heimteam in der O2 World zu beherbergen.

Hamburg. Einer der wichtigsten Gegenstände im Büro von Uwe Frommhold ist die Teemaschine. Hier kocht der Chef, der in Personalunion Geschäftsführer der Hamburg Freezers aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) und der O2 World ist, noch selbst. Erst als der 57-Jährige die Gäste vom Abendblatt mit Kräutertee der Sorte Verbena Citrus versorgt hat, kann das Gespräch richtig beginnen.

Hamburger Abendblatt: Herr Frommhold, Ihr Arbeitsmotto lautet „Arbeite hart, sei fair und habe Spaß“. Hart gearbeitet haben Sie immer, Spaß dürften Sie als Tabellenführer der DEL auch haben. Wie schwer war es, fair zu bleiben, als die Freezers Mitte Oktober Tabellenletzter waren und Trainer Benoît Laporte auf der Kippe stand?

Uwe Frommhold: Wir haben uns nie zum Trainer geäußert, denn er stand nie infrage. Uns hat in der Phase ausgezeichnet, dass wir ruhig geblieben sind. Wir wussten, dass wir eine gute Mannschaft haben und dass der Erfolg zurückkommen würde, wenn die vielen Verletzten wieder gesund wären. Dass wir als Tabellenführer ins Jahr 2014 gestartet sind, hätten wir allerdings auch nicht erwartet. Umso schöner ist es.

Sie wollen aber kaum verleugnen, dass es für Laporte eng geworden wäre, wenn das Team weiter verloren hätte.

Frommhold: Das ist reine Spekulation. Das Team hat nicht mehr verloren, was sicherlich damit zusammenhing, dass wir zugegriffen haben, als Torhüter Sébastien Caron auf dem Markt war. Das war die beste Entscheidung in dieser Saison, denn wir brauchten einen solchen Impuls. Alle haben hart gearbeitet, niemand hat sich hängen lassen in der schweren Phase. Aber Caron hat dem Team die Sicherheit gegeben, die gefehlt hatte.

Wie hart war es für Sie, dem in der Kritik stehenden Vorgänger Niklas Treutle, einem jungen Mann, den die Freezers eigentlich als Torwart der Zukunft aufbauen wollten, zu sagen, dass er ersetzt wird?

Frommhold: Es war keine Entscheidung gegen Niklas, sondern für das Team, und als solche hat er sie auch aufgefasst und akzeptiert. Dass er sich dann für einen Wechsel nach München entschieden hat, spricht für ihn. Er ist jung und muss spielen, um sich zu entwickeln. Und meine Philosophie ist, dass man Reisende nicht aufhalten soll.

Das scheint auch für Trainer Laporte zu gelten. Obwohl er das Team auf Platz eins geführt hat, haben die Freezers eine Option auf Verlängerung seines zu Saisonende auslaufenden Vertrags verstreichen lassen. Warum?

Frommhold: Wir sprechen grundsätzlich nicht über Vertragsinhalte. Ich kann aus meiner Sicht sagen, dass Benoît ein Supertrainer ist, der jungen Spielern viele Chancen gibt und sie auch weiterentwickelt. Wir wissen, was wir an ihm haben, umgekehrt weiß er aber auch, was er an uns hat.

Warum haben Sie ihn dann noch nicht weiter an sich gebunden?

Frommhold: Wir sehen derzeit nicht die Notwendigkeit. In den vergangenen beiden Jahren standen wir im Dezember auch weit oben, und dann kam die Januar-Depression und ein Absturz. Das ist keine Kritik an Benoît, aber wir wollen in diesem Jahr einfach abwarten, wie sich das Team entwickelt.

Können Sie verstehen, dass Laporte das als Misstrauensvotum auffasst?

Frommhold: Wenn dem so sein sollte: Jein. Natürlich wissen wir, dass das für ihn ein wichtigeres Thema ist als für uns, dennoch weiß er auch, dass wir im Oktober, als wir Letzter waren, ruhig geblieben sind, weil wir ihm vertrauen. Das gilt jetzt auch. Benoît und unser Sportdirektor Stéphane Richer hatten ein intensives Gespräch, und danach hat der Trainer versichert, dass das Thema für ihn abgehakt ist und er sich auf das Team konzentrieren wird. Im Frühjahr werden wir dann über die weitere Zusammenarbeit reden.

Die Gefahr ist da, dass Laporte nun bei einem guten Angebot geht, weil er sich nicht ausreichend wertgeschätzt fühlt.

Frommhold: Die Gefahr wäre aber auch da, wenn er einen längerfristigen Vertrag hätte und jemand käme, der ihm mehr bietet, als er bei uns bekommt. Deshalb bin ich total entspannt.

Der Vertrag von Richer wurde frühzeitig verlängert, obwohl auch er gerade bei den ausländischen Spielern nicht immer ein glückliches Händchen hatte. Ist das fair dem Trainer gegenüber?

Frommhold: Der Sportdirektor ist die wichtigste Personalie, er hat das Konzept entwickelt, das wir seit einigen Jahren verfolgen, er hat das Team – natürlich in Absprache mit dem Trainer – gebaut und die vielen jungen Deutschen geholt, um die uns viele Clubs beneiden. Insofern war es wichtig, ihn langfristig zu binden. Abgesehen davon teile ich Ihre Meinung hinsichtlich unserer ausländischen Spieler nicht.

Sie sind seit 15 Monaten Geschäftsführer, seitdem hat sich das Team sportlich gut entwickelt, und auch im Sponsoringsektor geht es voran. Was sehen Sie als Ihren wichtigsten Beitrag zum Höhenflug?

Frommhold: Ich sehe die Entwicklung nicht als Höhenflug und warne vor zu viel Euphorie. Wir nehmen das Wort Meisterschaft bewusst nicht in den Mund, weil uns ein Stück Bescheidenheit guttut. Natürlich wollen wir Meister werden, das sollte jeder wollen, der im Profisport tätig ist. Aber unser erstes Saisonziel bleibt, dass wir die Top sechs erreichen wollen. Wir haben noch nichts erreicht, höchstens eine gute Basis geschaffen. Wenn es etwas Besonderes gibt, auf das ich stolz bin, dann den Fakt, dass wir auf und neben dem Eis als homogene Mannschaft auftreten. Die Freezers 2014 – damit meine ich ausdrücklich auch die Mitarbeiter der Geschäftsstelle – sind eine echt gute Truppe. So etwas kann man nicht verordnen, das muss man gemeinsam entwickeln, und das ist uns gelungen.

Trotz der sportlichen Verbesserungen liegen Sie rund 900 Besucher hinter dem angepeilten Schnitt von 8500 zurück. Warum? Sind die Freezers zu teuer?

Frommhold: Ich denke, dass das Gesamtpaket, das wir bieten, das Eintrittsgeld wert ist. Ich habe leider etwas unterschätzt, dass viele im September noch keine Lust auf Eishockey haben. Es war mein erster Budgetplan, ich bin da etwas zu optimistisch rangegangen. Dazu kam, dass wir in den ersten Wochen nicht den Erfolg hatten, der gerade in Hamburg nötig ist, um die Menschen zu begeistern. Und auch der Spielplan, der uns mehrfach innerhalb von einer Woche drei Heimspiele gegen Topgegner beschert hat, war nicht zu unseren Gunsten. Aber die Vorverkaufszahlen für den Rest der Hauptrunde stimmen uns sehr positiv, dass wir den angepeilten Schnitt nahezu erreichen werden.

Ihnen war immer wichtig, keine Freikarten mehr zu vergeben. Sind die 7600 Besucher, die im Schnitt zu den Heimspielen kamen, jetzt alles zahlende Fans?

Frommhold: Es gibt, wie überall im Profigeschäft, weiterhin Partnerkarten für Sponsoren, aber das ist eine vierstellige Zahl für die gesamte Saison. Insofern sind wir da auf einem guten Weg.

Wie weit ist der Weg noch, um die angepeilte schwarze Null zu erreichen?

Frommhold: Wir sind da erheblich weiter als noch vor zwei Jahren, vor allem weil wir an der Sponsorenfront einiges aufgerissen haben. Wir haben uns völlig neu aufgestellt, sind zum Beispiel durch unseren „Nordpool“ interessant für den Mittelstand, bieten innovative Modelle wie „Sponsor of the day“ und haben mit 5vorFlug endlich wieder einen Hauptsponsor, der hervorragend zu uns passt. Aber wann wir die schwarze Null schaffen, kann ich nicht absehen.

Ist Freezers-Eigner Anschutz Entertainment Group (AEG), dem auch die O2 World gehört, denn zufrieden mit der Entwicklung, oder liegen die Verkaufspläne weiter in der Schublade?

Frommhold: Der Verkauf ist für mich kein Thema, bei AEG ist man derzeit mit den Freezers sehr zufrieden.

Machen Ihnen der zu niedrige Schnitt bei den Freezers und die sinkenden Zuschauerzahlen bei den Handballern Sorgen?

Frommhold: Nein, denn man sollte das nicht immer so negativ sehen. Beide Teams sind in den Top vier der Liga, was den Zuschauerschnitt angeht, sie locken Woche für Woche rund 8000 Menschen in die Arena. Das ist schon eine tolle Leistung. Natürlich wären wir gern immer ausverkauft. Aber Sorgen mache ich mir wirklich keine.

Nun kommen im Sommer als Konkurrent auch noch die Basketballer der Hamburg Towers dazu, die sich um eine Bundesliga- oder Zweitligalizenz bewerben und in Wilhelmsburg spielen werden. Schon jetzt ringen in Hamburg viele Sportteams um Sponsoren. Verkraftet Hamburg ein weiteres Profiteam?

Frommhold: Natürlich fischen wir alle im selben Teich, aber zum Glück ist der Teich in der Metropolregion Hamburg recht groß. Deshalb sehe ich dem Projekt Basketball sehr positiv entgegen. Ich finde es sehr spannend, dass die Towers nicht ganz oben anfangen wollen, sondern einen sehr soliden Unterbau schaffen, um sich von dort hochzuarbeiten. Das macht Sinn.

Zunächst soll das Team in Wilhelmsburg spielen. Aber was ist, wenn das Zuschauerinteresse so groß ist, dass auch die O2 World gefüllt werden könnte?

Frommhold: Dann sind uns die Basketballer herzlich willkommen. Topspiele könnten schon in der Premierensaison hier ausgetragen werden. Wir hatten natürlich auch eine Anfrage, ob die O2 World als Heimspielstätte infrage kommen könnte. Und ich glaube, dass wir auch das schaffen könnten. Ein drittes Heimteam ist möglich.

Wie soll das logistisch gehen?

Frommhold: Was in den USA in Los Angeles oder New York geht, ist doch auch in Hamburg möglich. Wir können prüfen, ob man beispielsweise Handball und Basketball auf demselben Bodenbelag spielen könnte. Das Problem mit den unterschiedlichen Spielfeldmarkierungen könnte möglicherweise gelöst werden, indem man das Parkett einmal wendet. Aber ich denke, das müsste innerhalb von zwei Stunden machbar sein, sodass es denkbar wäre, an einem Tag mittags Handball zu spielen und abends Basketball. Aber erst einmal sollten wir den Basketballern Zeit geben, sich zu entwickeln.

Die Entwicklung der Hallensportarten in Deutschland wird angesichts der Übermacht des Fußballs immer schwieriger.

Frommhold: Das stimmt, aber ich kann es nicht ändern, und es bringt auch nichts, darüber zu jammern. Unsere Aufgabe ist zu gucken, was wir tun können, um die Fans für uns zu begeistern.

Könnte die Fußball-WM 2022 ein Wendepunkt werden? Wenn sie im Winter ausgetragen werden würde, könnte doch eine dauerhafte Umstellung des Fußballkalenders neue Freiräume für den Hallensport in Deutschland bringen.

Frommhold: Darüber mache ich mir Gedanken, wenn es so weit ist.

Für die Olympischen Sommerspiele zwei Jahre später wird ein Ausrichter gesucht, Hamburg wird dafür immer wieder ins Spiel gebracht. Wie sehen Sie eine solche mögliche Bewerbung?

Frommhold: Ich fand die letzte Bewerbung Hamburgs großartig, man hat die Begeisterung, die in der Stadt entstanden ist, greifen können. Das Wichtigste wäre, diese Begeisterung wieder zu entfachen. Wenn die Stadt als Gesamtheit nicht dahintersteht, macht es keinen Sinn. Man muss den Menschen angesichts von misslungenen Finanzierungen für Bauvorhaben wie der Elbphilharmonie glaubhaft erklären, warum ein solches Großprojekt Sinn macht und wie die Nachhaltigkeit gesichert ist. Aber wenn die Frage der Finanzierbarkeit beantwortet ist, sollte man sich die Bewerbung zutrauen.

Verraten Sie uns zum Abschluss doch bitte, was Sie sich für 2014 wünschen – als Chef der Freezers und der O2 World.

Frommhold: Als Arenachef ist mir das wichtigste Anliegen, dass bei uns niemand zu Schaden kommt – kein Besucher, kein Künstler, kein Sportler, kein Arbeiter. Alles andere ist fast in trockenen Tüchern, der Kalender sieht sehr gut aus. Als Freezers-Chef wünsche ich mir Heimrecht im Play-off-Viertelfinale. Und dann schauen wir mal, was geht.