Boxerin Susi Kentikian hat ihren WBA-WM-Titel im Fliegengewicht verteidigt. Zufrieden ist die ehrgeizige Hamburgerin aber nicht. Ihr Plan misslang, endlich mal wieder einen Kampf durch Knockout zu gewinnen.

Stuttgart. Nein, eine tiefe Zufriedenheit hatte sich bei Susi Kentikian auch dann noch nicht eingestellt, als sie rund 90 Minuten nach ihrem Kampf bei der Dopingkontrolle saß und das vorangegangene Geschehen noch einmal Revue passieren ließ. Zwar hatte sie ihren WBA-WM-Titel im Fliegengewicht in der Stuttgarter Porsche-Arena verteidigt, ziemlich souverän sogar per einstimmigem Punktsieg (98,5:94, 99:91,5, 97:95,5) gegen die italienische Europameisterin Simona Galassi. Aber das, was sie sich vorgenommen hatte, das war ihr nicht gelungen: Endlich mal wieder einen Kampf durch Knockout zu gewinnen!

Im Mai 2008 gegen Mary Ortega hatte die 26 Jahre alte Hamburgerin das zuletzt geschafft, und weil fünfeinhalb Jahre Warten ziemlich quälend sein können für eine Sportlerin, die den Kampfnamen „Killer Queen“ trägt, stand die Vorbereitung ganz im Zeichen eines vorzeitigen Siegs. Sogar ihre Einmarschmusik hatte die gebürtige Armenierin verändert, der Queen-Klassiker „Killer Queen“ dröhnte wieder, wie in alten Zeiten, aus den Boxen. „Ich habe das selbst entschieden, wollte einfach die Atmosphäre von damals wieder aufleben lassen“, sagte Kentikian, „leider hat es mir kein Glück gebracht.“

Zwei Dinge waren es, die im 35. Profikampf den 17. Knockout verhinderten. Zum einen war die 152 cm kleine Powerfrau so fixiert auf den finalen Schlag, dass sie zu oft die boxerischen Finessen vergaß, die sie früher zur unberechenbaren Furie gemacht hatten. Die linken Kopfhaken zum Beispiel kamen sehr gut, aber zu selten. Zum anderen, und das ist der weitaus gewichtigere Grund, war Galassi eine starke Gegnerin, technisch sehr gut ausgebildet, athletisch trotz ihrer 41 Jahre auf hohem Niveau. Sie verstand es, ihre Reichweitenvorteile zu nutzen, Kentikian selten in den Infight kommen zu lassen und auch, mit ihrer rechten Führhand immer wieder Nadelstiche zu setzen. Kentikian war zwar die deutlich aktivere Boxerin, die klareren Treffer aber konnte die Italienerin verzeichnen. Dass sie sich nach den zehn gutklassigen Runden als Siegerin feiern ließ, war allerdings doch etwas übertrieben.

„Ich denke, das war ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte Kentikians Trainer Magomed Schaburow, „sie wollte den K.o. zu sehr erzwingen, hat aber auch einige sehr gute Kombinationen gezeigt.“ Außerdem, so der Coach, müsse man anerkennen, dass die Gegnerinnen mittlerweile eine so hohe Klasse hätten, dass ein vorzeitiger Sieg kaum noch zu erzielen sei. „Im Frauenboxen hat sich sehr viel verbessert, seit es olympisch ist. Das spürt Susi in jedem Kampf, und das war vor fünf Jahren eben noch ganz anders“, so Schaburow. „Susi ist nicht mehr die ‚Killer Queen’, aber daran müssen sich alle noch gewöhnen.“

Eingeschlossen in diese Aussage ist wohl auch die Sportlerin selbst, denn das Ziel, Galassi vorzeitig zu besiegen, hatte sie sich selbst gesteckt. „Ich muss aber akzeptieren, dass man das nicht erzwingen kann, deshalb glaube ich auch, dass mich solche Kämpfe weiterbringen“, sagte Kentikian. „Ich habe nicht viel abbekommen, habe mich so gut gefühlt, dass ich noch viel mehr hätte machen können. Deshalb denke ich, dass ich mit dem Sieg zufrieden sein muss.“

Wie es in 2014 für sie weitergeht, darüber gilt es mit ihrem Promoter Felix Sturm in Ruhe zu sprechen. Zunächst einmal freute sich die Athletin auf ein paar freie Weihnachtstage. „Aber nach Weihnachten werde ich sofort wieder ins Training einsteigen. Ich bin hungrig und werde hart arbeiten, um noch besser zu sein und irgendwann wieder vorzeitig zu siegen“, sagte sie. So ganz ist die „Killer Queen“ eben doch noch nicht aus ihrem Kopf gestrichen.