Es geht in die K.o.-Phase bei der Frauen-EM. Die DFB-Damen treffen im Viertelfinale auf Italien und wollen nach der ersten EM-Niederlage seit 20 Jahren in der Gruppenphase gegen Norwegen, nun wieder als Einheit auftreten.

Växjö. Jetzt gibt es keine Ausreden mehr: Die deutschen Fußball-Frauen müssen sich im Viertelfinale gegen Italien wieder als spiel- und kampfstarke Einheit präsentieren. Sonst ist der EM-Titel futsch, und die Diskussion um Bundestrainerin Silvia Neid würde Fahrt aufnehmen. Nicht zuletzt deshalb formulierte Teammanagerin Doris Fitschen eine klare Forderung an das Team, das bisher bei der Europameisterschaft in Schweden unter seinen Möglichkeiten blieb. „Man kann gegen Italien ausscheiden. Das ist eine sehr schwer zu spielende Mannschaft. Aber wenn man ausscheidet, kommt es darauf an, wie man ausscheidet.“

Gefordert sind in der ungemütlichen Situation an diesem Sonntag (18.00 Uhr/ARD und Eurosport) vor allem die älteren und erfahrenen Spielerinnen wie Torhüterin Nadine Angerer, die Innenverteidigung mit Annike Krahn und Saskia Bartusiak sowie die Doppel-Sechs mit der nach einem Infekt wieder genesenen Lena Goeßling und Nadine Keßler. Auch Topstürmerin Celia Okoyino da Mbabi ist nach eigenem Anspruch eine Führungsspielerin. Doch auch die Torjägerin ließ bislang zu viele Chancen liegen. Schließlich hat die DFB-Elf nur beim 3:0 gegen Island getroffen, viel zu wenig für den hoch gehandelten Rekord-Europameister, der seine Favoritenrolle verloren hat.

Neid war mit der Defensiv-Leistung ihrer Elf bisher zufrieden, mit der Torausbeute hingegen nicht. „Auffällig war in den Spielen gegen die Niederlande und Norwegen, dass wir den Ball oft ins Tor legen wollten. Man kann auch mal aus der Distanz schießen“, sagte sie am Samstag. Man müsse sich mehr Chancen erarbeiten und auch konsequent den Abschluss suchen. Gegen Island habe das viel besser geklappt, so Neid, die gegen Italien wieder alle an Bord hat. Lena Goeßling hat ihre Erkältung auskuriert, Jennifer Cramer ihre Gelb-Sperre abgesessen. Dass Melanie Leupolz das Abschlusstraining im Stadion ausließ, war eine Vorsichtsmaßnahme. „Sie hatte kleine Probleme mit der Leiste, ist aber nicht so schlimm“, betonte die Trainerin.

Die 28-jährige Krahn ist eine der wenigen wirklichen Kämpfertypen in der Elf. So ist es kein Wunder, dass die Bochumerin vor allem „die Körpersprache“ der Teamkolleginnen im mit 0:1 verlorenen letzten Gruppenspiel gegen Norwegen monierte. „Die Körpersprache fehlte definitiv, dass man den unbedingten Willen sieht, das Spiel noch zu drehen.“ Auch Okoyino da Mbabi war das aufgefallen. Dabei habe man auch in diesem Jahr schon bewiesen, dass man nach Rückständen zurückkommen könne, betonte die Stürmerin: „Wie beim 3:3 gegen Frankreich oder beim 3:3 gegen die USA.“

Auch Neid fand wenig Gefallen am fahrigen Auftritt gegen Norwegen, gegen die „nickeligen“ und „ausgebufften“ Italienerinnen könne man sich ein derart unkonzentriertes Verhalten nicht leisten. „Sie haben eine spielerisch gute Mannschaft, die kombinieren kann, sind zweikampfstark und nickelig. Das wird eine echte Herausforderung.“

Der 49-Jährigen ist klar, dass auch sie verstärkt in den Fokus gerät, wenn es gegen Italien schief läuft. Auch wenn der eigens anreisende DFB-Präsident Wolfgang Niersbach ihr demonstrativ den Rücken stärkte. Doch es wäre es nach dem bitteren Scheitern bei der verkorksten Heim-WM vor zwei Jahren schon die zweite Viertelfinal-Niederlage bei einen großen Turnier unter Neids Führung.

Da hilft auch die glänzende Bilanz zwischen WM und EM wenig. Denn der Weltranglisten-Zweite verlor von 30 Partien seit dem denkwürdigen 0:1 gegen Japan am 9. Juli 2011 in Wolfsburg nur zweimal: am 13. März dieses Jahres im Algarve-Cup-Finale (0:2 gegen die USA) und eben am vergangenen Mittwoch gegen Norwegen. Darüber hinaus stehen 20 Siege und acht Remis bei einem Gesamt-Torverhältnis von 100:22 zu Buche.

Keiner im DFB-Team hat Lust darauf, dass gegen Italien die dritte Pleite folgt. „Wenn wir unsere Leistung bringen, sind wir schwer zu schlagen“, befand Bartusiak. Ansonsten sollten sich alle Angerers Appell zu Herzen nehmen, den die Spielführerin direkt nach der Norwegen-Pleite ans Team richtete: „Wenn wir nicht bald den Arsch hochkriegen, wird das kein gutes Turnier!“