Roger Federer und Tommy Haas ziehen mit glatten Siegen in die nächste Runde ein. 7000 Fans jubeln den beiden auf dem Centre-Court zu

Hamburg. Aus dem Ball, den Tommy Haas nach dem siegbringenden Punktgewinn über das Dach des Centre-Courts hinausprügelte, konnte man zweierlei ablesen. Zum einen, dass Deutschlands bester Tennisprofi noch genug Kraft hat, um beim ATP-Turnier am Rothenbaum weitere Schritte in Richtung Titelgewinn zu gehen. Zum anderen, dass er sich ärgerte, unnötig Kraft vergeudet zu haben gegen den Argentinier Carlos Berlocq, den er beim Stand von 6:2 und 5:1 schon an den Rand einer Niederlage gebracht hatte. Im Gefühl des sicheren Sieges leistete sich der 35-Jährige jedoch Konzentrationsmängel und musste deshalb noch vier weitere Spiele überstehen, ehe am Donnerstagnachmittag der Viertelfinaleinzug durch das 6:2, 6:4 nach 76 Spielminuten feststand.

„Ich war am Ende etwas nervös und wollte das Match zu verkrampft zumachen. Aber insgesamt habe ich aggressiver gespielt und gutes Tennis gezeigt“, sagte Haas. Beides stimmte. Der Wahl-Amerikaner zeigte sich in seiner Geburtsstadt im Vergleich zum Dreisatzsieg am Mittwoch gegen den Slowenen Blaz Kavcic deutlich verbessert. Um Berlocq, der in der vergangenen Woche im schwedischen Bastad den ersten ATP-Titel seiner Karriere gewonnen hatte, müde zu spielen, blieb er zwei Meter hinter der Grundlinie und scheuchte den in der Weltrangliste an Position 46 notierten Argentinier über den Court. Dass der 29-Jährige bei jedem Ballwechsel stöhnte, als habe man ihm die Last der ganzen Welt auf die Schultern geladen, ließ Haas lange Zeit kalt. „Erst am Ende hat es mich etwas gestört. Aber so ist sein Spiel“, sagte er.

Unter dem Beifall der 7000 Zuschauer auf dem nicht ganz ausverkauften Centre-Court, insgesamt kamen 10.000 auf die Anlage, glänzte der Weltranglistenelfte mit punktgenauen Grundschlägen und seinen ansatzlosen Rückhandstopps, und als er schließlich seinen vierten Matchball nutzte, konnte der Traum der Fans, die auf ein Finale zwischen Haas und dem Schweizer Topstar Roger Federer hoffen, weitergehen. Der Grand-Slam-Rekordsieger setzte sich gegen den Tschechen Jan Hajek in 71 Spielminuten mit 6:4 und 6:3 durch und leistete damit seinen Beitrag zur Fortsetzung des Traums.

Allerdings ist der Weltranglistenfünfte noch immer ein ziemliches Stück von der Form entfernt, die ihn in den Augen vieler zum besten Spieler aller Zeiten hatte werden lassen. Zwar blitzt die Leichtigkeit, mit der der 31-Jährige aussichtslos scheinende Situationen in Punkte ummünzt, bisweilen auf. Aber es schleichen sich auch Fehler in das Spiel des Maestros, die sogar ihn selber überraschen. Nur mit Humor konnte er verarbeiten, wie leichtfertig er gegen Hajek, die Nummer 140 der Welt, fünf Matchbälle vergeben hatte. „Da hat jemand draußen auf der Straße gerufen, ob er einen Ball haben kann, und da habe ich ihm einfach einen rausgeschlagen“, sagte er in seinem charmanten Schweizer Akzent, und hatte damit nach den Sympathien auch die Lacher des Publikums auf seiner Seite.

Tatsächlich tut sich der vierfache Hamburg-Champion noch etwas schwer mit der Umstellung auf seinen neuen Schläger, der einen vergrößerten Kopf aufweist. Auch die Bälle, Tretorn Series plus, die vorrangig auf kleineren Turnieren eingesetzt werden, sind ungewohnt langsam, zudem sei der Platz leicht uneben. „Aber ich gewöhne mich nach und nach daran und bin sicher, dass ich von Match zu Match besser in Fahrt kommen werde“, sagte Federer.

Wie sehr die Tennisbegeisterung in Hamburg in diesen Tagen in Fahrt gekommen ist, zeigen die Vorverkaufszahlen. Für das Wochenende sind bereits fast alle Tickets vergriffen, eine Öffnung des teils abgehängten Oberrangs ist nur bei einem Finale Haas gegen Federer eine Option. Für die Viertelfinalspiele an diesem Freitag sind 80 Prozent der 7500 Eintrittskarten abgesetzt.

Haas bekommt es dabei mit Fabio Fognini zu tun, jenem Italiener, dem er in der vergangenen Woche in Stuttgart im Viertelfinale mit 2:6 und 4:6 unterlegen war, und der anschließend im Schwabenland seinen ersten ATP-Titel gewonnen hatte. „So etwas gibt viel Selbstvertrauen, entsprechend wird er hier auftreten. Gegen ihn muss ich richtig beißen“, sagte der Vorjahresfinalist.

Federer hat in der Runde der besten acht ein Rendezvous mit Florian Mayer. Der Bayreuther schlug den Spanier Feliciano Lopez nach überzeugender Leistung 7:6 (7:1), 6:2 und zog zum vierten Mal in Serie ins Rothenbaum-Viertelfinale ein. „Wenn ich eine Chance habe, Roger zu besiegen, dann hier“, sagte der 29-Jährige, der alle vier Duelle mit dem Schweizer verloren hat. Auf Sand allerdings traf man sich noch nie. Vielleicht ist das der Untergrund, um Träume zu zerstören.