Der Bayern-Coach spricht offen über seinen Wunsch, das spanische Talent vom FC Barcelona an die Isar zu locken - und zeigt sich begeistert vom Trainingslager in Italien.

Riva del Garda. Bislang galt Mario Götze als Wunschspieler von Pep Guardiola, doch mit diesem Etikett hat der neue Trainer des FC Bayern überraschend einen anderen versehen: „Ja“, sagte Guardiola am Donnerstag zum Abschluss des Trainingslagers der Münchner auf die Frage, ob es denn stimme, dass er Thiago Alcantara vom FC Barcelona verpflichten wolle: „Ich will diesen Spieler.“ Er habe Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Sportvorstand Matthias Sammer gebeten, ihm diesen Wunsch auch zu erfüllen, ergänzte der neue Trainer. „Ich brauche die Qualitäten von Thiago im Mittelfeld“, sagte Guardiola (42), „ich glaube, er ist gut für uns.“ Weitere Transfers schloss er aus, es gilt: „Thiago oder nichts!“

Der Verkauf von Mario Gomez an den AC Florenz hat dem Triple-Sieger angeblich 21 Millionen Euro gebracht, das Geld könnte er beinahe komplett weiterleiten nach Barcelona. Dort besitzt der 22 Jahre alte Mittelfeldspieler einen Vertrag bis 2015, er könnte aber gegen eine festgelegte Ablöse von 18 Millionen vorzeitig aussteigen. Ein Wechsel des hoch veranlagten Thiago Alcantara, gerade eben als Kapitän der spanischen U21-Europameistermannschaft zum besten Spieler der EM gewählt und zudem von Guardiolas Bruder Pere beraten, hätte erhebliche Auswirkungen. „Thiago kann auf der Sechs, der Acht, der Zehn, der Elf und der Sieben spielen“, sagte Guardiola.

Beinahe im gleichem Atemzug erwähnte er, dass Javi Martinez, bislang auf der Sechser-Position verortet, ja auch einen „super“ Innenverteidiger abgebe, wie dessen Zeit bei Athletic Bilbao zeige. Guardiola berichtete auch, der Transfer von Götze sei die Sache von Rummenigge und Sammer gewesen, „ich habe ihnen gesagt, Mario ist ein super, super Spieler, aber ich brauche Thiago“. Thiago hätte ihm gereicht. Wohl auch deshalb, weil der gebürtige Italiener, Sohn des brasilanischen Weltmeisters Mazinho (1994), erstens praktisch alles spielen kann und zweitens auch schon weiß, was Guardiola von seinen Spielern taktisch erwartet. Thiago Alcantara hat 68 Spiele für den FC Barcelona absolviert und drei für die A-Nationalmannschaft.

Unabhängig davon zeigte sich Guardiola mit dem Trainingslager am Nordufer das Gardasees einigermaßen zufrieden. „Ich glaube, wir sind ein bisschen besser als vor einer Woche“, sagte er und versicherte: „Ich bin zufrieden mit den Spielern - wir haben einen Schritt nach vorne gemacht.“ Richtig zusammengefunden haben die Spieler und ihr neuer Trainer bisher aber noch nicht, was nach zwei Wochen aber auch nicht zu erwarten war. Als „komisch“ bezeichnete etwa Franck Ribery das neue System, womit er aber wohl eher „ungewohnt“ meinte.

Der FC Bayern und Guardiola, da treffen die „Tradition der Mannschaft und des FC Bayern auf Peps Ideen“, so hat Sportvorstand Matthias Sammer ein wenig verschwurbelt erklärt. Wesentlich klarer war der Satz: „Wenn wir das nicht annehmen, wäre das negativ.“ Das bedeutet: Verein, Mannschaft, alle sollen und müssen sich auf ganz schnell auf Guardiola einlassen, auf seine Pläne für das Große und Ganze - und im Detail. Das gilt auch für Thiago Alcantara, der dem Trainer offensichtlich verdammt wichtig ist. Durch eine Verpflichtung seines Wunschspielers würde Guardiola auch den Konkurrenzkampf verschärfen, denn wenn er ihn tatsächlich so dringend braucht, wird Thiago Alcantara auch spielen.

Guardiola hat damit kein Problem, betont er: „Wir haben sechs Wettbewerbe zu spielen, wir brauchen die ganze Mannschaft.“ Und dennoch: Neben dem womöglich Neuen wollen auch Franck Ribery, Arjen Robben, Toni Kroos, Xherdan Shaqiri, Götze, Mario Mandzukic und Claudio Pizarro spielen - und Bastian Schweinsteiger ist ja auch noch da. Sorgen, dass die Münchner Spieler seine Ideen und sein Taktik nicht begreifen und umsetzen können, macht sich Guardiola ebenfalls nicht. „Sie sind sehr intelligente Spieler“, sagte er, „ich bin mir dessen bewusst, zu 100 Prozent.“ Und überhaupt sei sein System doch sehr einfach: „Rennen, rennen, rennen - elf Spieler greifen an, elf Spieler verteidigen.“ Dann lacht Guardiola und ergänzt: „Ich bin mir sicher, alles wird gut. Aber ich bin mir auch sicher, dass es am Anfang nicht einfach wird.“ Mit Thiago Alcantara ginge es vermutlich ein bisschen besser.