Nach 48 Jahren und 1011 Begegnungen als Spieler und Trainer war der Auftritt in seiner Heimatstadt Mönchengladbach das letzte Bundesligaspiel für Jupp Heynckes. Seine Zukunft ist weiterhin ungewiss.

Mönchengladbach. Erst stockte die Stimme, dann flossen die Tränen: Jupp Heynckes hat die Bühne Fußball-Bundesliga nach 48 Jahren und 1011 Begegnungen mit großen Emotionen verlassen. „Das ist ein bewegender Moment für mich. Die Borussen-Fans haben mir einen wunderbaren Abschied beschert. Das zeigt mir, dass das meine Heimat ist“, sagte Heynckes nach dem 4:3 (2:3)-Erfolg von Meister Bayern München bei Borussia Mönchengladbach - dann wurde der 68-Jährige von seinen Gefühlen übermannt.

Im Presseraum des Borussia-Parks brandete lautstarker Applaus auf, während Heynckes vergeblich gegen die Tränen ankämpfte. Jeder war sich der Bedeutung dieses Augenblicks bewusst: Ein ganz Großer seiner Zunft tritt ab. Auch die Spieler des FC Bayern wollten ihren Coach nach einer Saison der Rekorde, die schon vor Wochen mit dem Gewinn des 23. Meistertitels einen ersten Höhepunkt hatte, standesgemäß verabschieden. „Ich habe in der Kabine gesagt, dass es mir viel bedeuten würde, das letzte Spiel zu gewinnen. Ich habe gemerkt, dass sich die Spieler nachher gefreut haben, dass sie mir das Geschenk gemacht haben“, sagte Heynckes, der seine Mannschaft nach dem 29. Sieg im 34. Spiel zu Sauerbraten und Bier einlud.

Eine große Feier gab es bereits am Freitagabend. Heynckes traf sich mit der Gladbacher Pokalsiegermannschaft von 1973. „Das war wunderbar. Ich hatte einige Spieler 40 Jahre nicht gesehen“, sagte Heynckes, der sich dafür entschuldigte, dass er sein Team einen Tag vor dem Spiel alleine ließ: „Normalerweise mache ich so etwas nicht.“ Emotionen gab es auch schon vor dem turbulenten Spiel an seiner alten Wirkungsstätte. Von der Gladbacher Vereinsführung erhielt Heynckes Blumen und eine Foto-Collage, vor der Fankurve hing ein Spruchband mit der Aufschrift „Ein echtes Fohlen dreht seine letzte Runde - Mach’s gut, Jupp!“.

„Es wäre nur noch emotionaler geworden, wenn es am Bökelberg gewesen wäre“, sagte Heynckes in Erinnerung an die fantastischen und unvergesslichen Momente im alten Gladbacher Stadion. Bevor sich der Weltmeister von 1974 aber vielleicht endgültig in den Ruhestand verabschiedet, will er seine Trainerkarriere mit dem Triple krönen. Mit dem Champions-League-Finale am 25. Mai in London gegen Borussia Dortmund und mit dem DFB-Pokalfinale am 1. Juni in Berlin gegen den VfB Stuttgart hat Heynckes mit dem Rekordmeister noch zwei große Ziele vor Augen. Er könnte sich in München mit zwei Siegen ein Denkmal setzen und Nachfolger Pep Guardiola ein schweres Erbe hinterlassen.

Einen Funktionärsposten schließt Heynckes aus

Es sei einfach so, dass alles um das Champions-League-Finale kreise, sagte Heynckes, der in Gladbach einen guten Gegner sah, „um für Wembley zu üben.“ Mit den ersten zehn Minuten mit Gegentreffern von Martin Stranzl (4.), Mike Hanke (5.) und Havard Nordtveit (10.) war Heynckes natürlich nicht zufrieden. „Ich hatte das Gefühl, dass die Mannschaft noch bei der Meisterfeier war“, meinte der Bayern-Coach, der im Anschluss aber ein stark spielendes Team der Gäste sah, das durch Javi Martinez (7.), den überragenden Franck Ribery (18. und 53.) und Arjen Robben (59.) das Spiel - fast problemlos - drehte. So interessierten im Anschluss weniger die 90 Minuten als vielmehr die Zukunft des Hauptdarstellers.

Einen Funktionärsposten schloss Heynckes erneut aus („Das kommt für mich nicht in Frage“), bleibt ein erneuter Wechsel ins Ausland. „Ich werde jetzt das Champions-League-Finale und das Pokalendspiel mit meiner Mannschaft bestreiten, und dann werde ich bekannt geben, was ich mache oder was ich nicht mache“, meinte Heynckes, der eine Entscheidung in den ersten Juni-Wochen öffentlich machen will. Doch egal, wo Jupp Heynckes vielleicht noch hingehen wird, emotionaler als der Abschied bei seiner alten Liebe Mönchengladbach kann es kaum mehr werden.