Steuersünder Uli Hoeneß wurde mit einem 8:0-Votum in seinen Ämtern beim FC Bayern bestätigt. Für die Entscheidung der Aufsichtsratsmitglieder hagelt es nun Kritik.

Berlin. Nach seinem 8:0-Votum für Steuersünder Uli Hoeneß muss der Aufsichtsrat der FC Bayern AG immer mehr Kritik einstecken. Adidas-Vorstandschef Herbert Hainer, der auch Hoeneß-Vize im Kontrollgremium des deutschen Fußball-Rekordmeisters ist, erntete am am Mittwoch auf der Hauptversammlung des Sportartikelherstellers harschen Widerspruch für seinen Kurs in der Causa.

Experten für saubere Unternehmensführung bewerteten das Verhalten der Aufsichtsräte in der Steueraffäre um den Bayern-Präsidenten als Fehler und verpasste Chance. „Es war auf alle Fälle eine problematische Entscheidung, Uli Hoeneß im Amt zu belassen“, befand der Vorstand des Bundesverbands Compliance, Henning Herzog, am Mittwoch im Deutschlandfunk.

Die acht Mitglieder des Bayern-Aufsichtsrats hatten am Montag einstimmig beschlossen, dass Hoeneß trotz seines Steuerfalls sein Amt nicht ruhen lassen oder aufgeben soll. Nach seiner Selbstanzeige ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Hoeneß wegen Steuerhinterziehung, ein Haftbefehl gegen ihn wurde gegen die Zahlung einer Kaution in Millionenhöhe außer Vollzug gesetzt.

Adidas-Boss Hainer verteidigte das Festhalten an Hoeneß. „Wir sollten ihn nicht vorverurteilen, sondern abwarten, was Gerichte und Behörden beschließen“, sagte Hainer. Adidas hält 9,1 Prozent an der FC Bayern AG. Daneben ist auch Autobauer Audi an dem Club beteiligt. Neben dem Chef der VW-Tochter, Rupert Stadler, sitzt auch VW-Boss Martin Winterkorn im Aufsichtsrat des Vereins. Hauptsponsor Telekom wird von Finanzvorstand Timotheus Höttges vertreten, der sich am Mittwoch bei einer Telefonkonferenz nicht zum Thema Hoeneß äußern wollte.

Aktionärsschützer beobachten das Vorgehen des Aufsichtsrats mit Sorge. Wie ein „dunkler Schatten“ liege die Dauerdiskussion um Hoeneß über den Erfolgszahlen des Adidas-Konzerns, sagte Gerhard Jäger von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) und forderte den Rücktritt des Bayern-Chefs von allen Ämtern.

Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Renate Künast, sieht im Verhalten der Bayern-Aufsichtsräte „einen Ausdruck von Kumpanei“. Die Kontrolleure hätten sich „keinen Gefallen getan“, urteilte Künast in der ARD-Sendung „Menschen bei Maischberger“ am Dienstagabend. „Wie wollen die alle eigentlich noch gegen Korruption in den eigenen Unternehmen vorgehen?“, fragte Künast. Zuvor hatte bereits SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück die Entscheidung pro Hoeneß als falsch bezeichnet.

Schwere Bedenken äußerten auch Compliance-Fachleute, die auf die Einhaltung von Verhaltensmaßregeln, Gesetzen und Richtlinien in Unternehmen achten. „Es ist nicht gut, wenn ein Aufsichtsrat zu erkennen gibt: So schlimm ist eine zugegebene Steuerhinterziehung ja nicht“, sagte Christian Strenger, Mitglied der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, der „Welt“ (Mittwoch).

Dies widerspreche der Politik der Vorstände von VW, Audi, Adidas und Telekom, die sich in ihren Konzernen der sauberen Unternehmensführung verpflichtet haben. „Es ist nicht konsequent, wenn Vorstandschefs in den großen Konzernen auf Sauberkeit achten und dann als Aufsichtsräte beim FC Bayern die Zügel locker lassen“, kritisierte Strenger.

Auch Axel Smend, Beiratsvorsitzender der Deutschen Agentur für Aufsichtsräte, übte Kritik an den Bayern-Kontrolleuren. „Jemand, der in einem laufenden Strafverfahren steckt, hat einfach an der Spitze eines Aufsichtsratsgremiums nichts zu suchen“, sagte Smend der „Welt“.

Der frühere Chef der deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, nannte die Entscheidung des Bayern-Aufsichtsrats in der Causa Hoeneß „falsch“ und erklärte: „Damit geht das Signal raus, dass Steuerhinterziehung doch ein Kavaliersdelikt und weniger schlimm ist.“ Die Aufsichtsratsmitglieder seien durch ihr Votum „unglaubwürdig geworden“, fügte Ondracek im Interview des TV-Senders Sport1 hinzu. Auch für Uli Hoeneß könne es keine Ausnahme geben.

Die Vereinsführung des FC Bayern hatte das Votum der Aufsichtsräte dagegen mit Blick auf die entscheidenden Saisonwochen mit dem Champions-League-Finale am 25. Mai und dem Pokal-Endspiel eine Woche später begrüßt. Das Votum sei ein „Beweis der Qualität, Einheit und Stärke dieses Gremiums“, sagte Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Eine Entmachtung von Hoeneß hätte die Finalwochen mit der Aussicht auf das historische Titel-Triple mit einer Führungsdebatte belastet.