Trotz seiner Steueraffäre bleibt Uli Hoeneß Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern München. Das Führungsgremium lehnte ein Angebot des 61-Jährigen ab, sein Amt ruhen zu lassen.

München. Uli Hoeneß bleibt trotz seiner Steueraffäre der starke Mann des FC Bayern München. Der Aufsichtsrat des deutschen Fußball-Rekordmeisters mit Vertretern mehrerer Großsponsoren lehnte am Montag das Angebot des 61 Jahre alten Präsidenten ab, sein Amt als Vorsitzender des neunköpfigen Kontrollgremiums ruhen zu lassen, bis die Behörden über seine Selbstanzeige entschieden haben. Hoeneß habe in der Aufsichtsratssitzung „sein Bedauern über den Vorfall ausgedrückt und sich entschuldigt“, teilte der deutsche Meister in einer Presseerklärung am Montagabend mit.

„Im Interesse des FC Bayern“, der sich „voll und ganz auf das Erreichen der weiteren sportlichen Ziele“ im Champions-League-Finale am 25. Mai in London gegen Borussia Dortmund und im DFB-Pokalfinale am 1. Juni in Berlin gegen den VfB Stuttgart konzentrieren solle, habe der Aufsichtsrat der FC Bayern AG „nach intensiver Diskussion einvernehmlich entschieden“, dass Hoeneß sein Amt als Vorsitzender weiter ausüben solle, hieß es weiter.

Der Vereinspatron hat damit den Kampf um sein Spitzenamt fürs erste gewonnen. Es ist aber zunächst nur eine Atempause, denn die Causa Hoeneß könnte nach den Endspielen schnell wieder auf die Agenda kommen. „Der Aufsichtsrat wird die Angelegenheit weiterhin beobachten und sich bei Vorliegen neuer Erkenntnisse mit dem Thema befassen“, lautete der letzte Satz der Vereinsmitteilung.

Um 16.00 war der Aufsichtsrat am Montag in der Münchner Allianz Arena zusammengekommen. Hoeneß telefonierte auf dem Rücksitz, als er sich in das Stadion seines Vereins chauffieren ließ. In einer großen Limousine rollte er vorbei an der Schranke auf das Arenagelände – wie auch die anderen Mitglieder des Kontrollgremiums. Die zahlreichen Fotografen, Reporter und Kamerateams konnten dabei nur kurze Blicke auf die fein gekleideten Herren erhaschen. Wie Politiker fuhren die Räte vor oder ließen sich fahren.

Der vierköpfige Vorstand der FC Bayern AG um Karl-Heinz Rummenigge erschien ebenfalls in der Arena. Die Teilnahme des Quartetts bei der Sitzung war nicht ungewöhnlich, denn im täglichen Geschäft muss sich der Vorstand ungeachtet des öffentlichen Aufsehens in der Causa Hoeneß auch um das Kerngeschäft des Rekordmeisters kümmern. So muss der Aufsichtsrat etwa millionenschwere Investitionen absegnen wie zum Beispiel die Verpflichtung von Mario Götze von Borussia Dortmund, für den 37 Millionen Euro gezahlt werden sollen.

Kurz vor der Sitzung hatte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) Hoeneß noch öffentlich den Rücken gestärkt. „Es ist in meinen Augen vertretbar, wenn Uli Hoeneß bis zur vorläufigen Klärung der Angelegenheit durch die Staatsanwaltschaft als Präsident im Amt bleibt. Dafür hätte ich Verständnis“, sagte Seehofer der Online-Ausgabe der Münchner „Abendzeitung“. „Er muss nicht vorher zurücktreten, ehe die Behörden abschließend ermittelt haben. Dafür gibt es die Rechtsstaatlichkeit.“

Hoeneß droht nach seiner Selbstanzeige im Steuerfall eine strafrechtliche Verfolgung. „Ihn jetzt nicht vor Abschluss der Ermittlungen zum Rücktritt zu drängen, gebietet meiner persönlichen Auffassung nach der Respekt vor seinem Lebenswerk, das einzigartig ist“, betonte Seehofer.

Dem Aufsichtsrat, dem unter anderem die Vorstandsbosse von Audi (Rupert Stadler) und Adidas (Herbert Hainer) angehören, deren Unternehmen jeweils mit 9,1 Prozent Anteilseigner an der FC Bayern München AG sind, folgten anscheinend der Ansicht von Seehofer. Nicht wenige Beobachter hatten erwartet, dass gerade die Unternehmensführer wie Stadler und Hainer, aber auch Timotheus Höttges vom Hauptsponsor Telekom und VW-Chef Martin Winterkorn den Vorsitzenden Hoeneß dazu drängen könnten, spätestens nach dem Champions-League-Finale persönliche Konsequenzen aus seiner Steueraffäre zu ziehen.

Hoeneß verkörpert wie kein Zweiter den FC Bayern. Der Vereinspatron hatte im Vorfeld der Sitzung auch öffentlich auf seine Verdienste hingewiesen. Der Verein stünde „sportlich und wirtschaftlich“ so gut da „wie nie zuvor – und daran habe ich auch einen großen Anteil“, sagte er im „Zeit“-Interview.

In über 40 Jahren stand der Name Hoeneß für den Aufstieg des Vereins zum Konzern mit fast 400 Millionen Euro Umsatz und vielen Titelgewinnen. Hoeneß war erst Bayern-Spieler, dann 30 Jahre lang Manager und ist seit 2009 Präsident des Rekordmeisters. „Alles, was ich an Visionen hatte, wie ein Fußballverein aussehen sollte, hat sich erfüllt“, hatte er anlässlich der Feier zu seinem 60. Geburtstag im Januar 2012 erklärt. Der Vorstandsvorsitzende Rummenigge pries damals in seiner Rede seinen Freund und Weggefährten: „Du bist die Seele unseres Clubs!“ Das darf Hoeneß zumindest vorläufig bleiben. (dpa)