Beim 2:0 gegen Juventus Turin im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League ließ der FC Bayern dem italienischen Meister keine Chance. Ein Wermutstropfen ist nur die Verletzung von Toni Kroos.

München. Auch ohne Tor-Gala wird der FC Bayern als „Super-Macht“ gepriesen – ein Zeichen an die europäische Elite war die Vorstellung der Extra-Klasse gegen Juventus Turin allemal. „Das war wahrscheinlich das beste Champions-League-Spiel dieser Saison“, betonte ein glücklich lächelnder Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge nach der „vielleicht besten Saisonleistung“ seiner Münchner. Mit dem 2:0 im Viertelfinal-Hinspiel machte der deutsche Fußball-Rekordmeister einen riesengroßen Sprung Richtung Halbfinale und untermauerte seine Ambitionen auf den Königsklassen-Titel. Das dritte Endspiel in vier Jahren ist längst keine ferne Vision mehr.

Überall aus dem zurückhaltenden Münchner Millionen-Ensemble hörte man nach einem „super Europapokal-Abend“ (Rummenigge) dieselbe Erfolgsformel: Der Schlüssel zum Erfolg, das sei die Defensivarbeit der gesamten Mannschaft gewesen. „Ideal ist die Art und Weise, was wir heute getan haben, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Wir sollten nach Turin fahren und genauso gegen den Ball agieren, wie wir es heute getan haben“, forderte Sportvorstand Matthias Sammer mit Blick auf das Rückspiel am kommenden Mittwoch – und warnte auch mal wieder. „Wenn wir nach Turin fahren und irgendwas anders machen wollen, glaube ich, können wir ein Problem bekommen.“ Dann fehlt der früh verletzte Spielgestalter Toni Kroos, dem gar das Saison-Aus droht.

Mit großen Schwierigkeiten in Turin rechnet nach dem Erfolg durch Treffer von David Alaba nach 25,02 Sekunden und Thomas Müller (63. Minute) aber eigentlich keiner mehr. „Jetzt braucht es schon ein Wunder“, schrieb die „Corriere dello Sport“; „Juve kaputt“ hieß es auf Deutsch in der „La Gazzetta dello Sport“. Und Turins Trainer Antonio Conte sieht die Münchner als einen Top-Anwärter auf den ersehnten Titel. „Bayern ist eine Super-Macht und deshalb auch ein Favorit auf den Gesamtsieg“, lobte der spürbar beeindruckte Conte die Mannschaft, die auch im Land von Top-Favorit FC Barcelona gepriesen wurde. „Eine Maschine von deutscher Ingenieurkunst“, hieß es in der Sportzeitung „Marca“.

Die Münchner traten wie schon regelmäßig im Liga-Alltag nun auch international total dominant auf – von einem Zeichen wollten sie aber nicht sprechen. „Das ist zu früh. Ich glaube, die besten Zeichen sind immer die, die man sich selber gibt. Weil das Kraft gibt“, betonte Sammer und wies darauf hin, dass die Bayern „besser verteidigt“ hätten als die Nationalelf bei der Niederlage im EM-Halbfinale gegen die Italiener. DFB-Schreck Andrea Pirlo kam nicht zur Entfaltung, Torwart-Legende Gianluigi Buffon sah bei den Gegentoren alt aus. „Bayern hat hoch verdient gewonnen. Sie haben gezeigt, dass sie stärker sind. Kompliment“, räumten die beiden Stars unisono ein.

Es müssen nicht immer neun Tore wie beim 9:2 gegen den Hamburger SV sein, auch so waren die Bayern-Fans unter den 68 000 Zuschauern verzückt. Mit hochkonzentriertem Pressing, enormer Einsatzbereitschaft und Defensivarbeit auf allen Positionen ließ das Team um Chefstratege Bastian Schweinsteiger Pirlo und die Seinen überhaupt nicht zur Entfaltung kommen. „Das war taktisch auf einem super Niveau“, analysierte Rummenigge. „Wir haben gute Voraussetzungen zum Weiterkommen, dennoch wird es ein schweres Spiel. Wir sollten nicht arrogant oder überheblich dort hinfahren.“

Innenverteidiger Daniel van Buyten hob stellvertretend für das Defensivverhalten aller die Abwehrarbeit von Stürmer Mario Mandzukic hervor. „Wenn ich sehe, dass er kommt und grätscht und er ist nur 20 Meter von uns entfernt, könnte ich ihm einen Kuss geben“, sagte der Belgier. „Wir haben diszipliniert gespielt, wir haben mit sehr viel Lust und Willen gespielt, wir wollten unbedingt einen guten Schritt machen.“

Weniger diszipliniert war da nur Franck Ribéry, der sich zu einem Revanchefoul gegen Arturo Vidal hinreißen ließ. Sicher nachvollziehbar nach den vielen Attacken gegen den Franzosen, aber eigentlich sollte Ribéry die Sperre von 2010, als er auch das Finale verpasste, eine Lehre sein. Nun fehlt Vidal – ebenso wie der Schweizer Nationalspieler Stephan Lichtsteiner ist er im Rückspiel gelb-gesperrt.

Dann muss auch Kroos nach einem Muskelbündelriss im Adduktorenbereich zuschauen. Der Nationalspieler fällt sechs bis acht Wochen aus. „Das ist natürlich sehr bitter, weil in den nächsten zwei Monaten viele Entscheidungen fallen“, sagte Trainer Jupp Heynckes, der sein Team glänzend auf Juve eingestellt hatte. Für ihn dürfte Arjen Robben ins Team rücken, wenn Müller die Kroos-Position in der Zentrale einnimmt. Möglicher Vertreter ist aber auch der Schweizer Xherdan Shaqiri, der im Bundesligaspiel am Samstag bei Eintracht Frankfurt auf eine Rückkehr in die Startformation hofft.

Bei den Hessen wollen die Bayern den 23. Meistertitel perfekt machen – und vielleicht doch ein bisschen auf die erste von drei möglichen Trophäen anstoßen. „Feiern ist ja immer relativ. Man braucht ja nicht bis in die Morgenstunden feiern. Wir haben dann eh 'ne weite Heimreise, aber erstmal müssen wir in Frankfurt gewinnen“, sagte Kapitän Philipp Lahm.