Mit Erzgebirge Aue trifft der Mittelfeldspieler am Sonnabend auf seinen Ex-Club. Dort wurde er im vergangenen Sommer bedroht und angegriffen.

Aue. Pfiffe, Schmäh-Rufe oder Respekt und aufmunternder Applaus? Kevin Pezzoni weiß noch nicht, was ihn am Sonnabend erwartet. Der Defensivspieler kehrt mit seinem neuen Club Erzgebirge Aue zum 1. FC Köln zurück (13.00 Uhr) - in der Domstadt hatten ihn Fans auf brutale Weise weggemobbt. Nun stellt sich der Rückkehrer in der Höhle des Löwen. „Er wird spielen. Da muss er durch“, sagte Aues Trainer Karsten Baumann.

Pezzoni hat auch gar nicht darum gebeten, ihm das brisante Aufeinandertreffen zu ersparen. Er brennt auf seinen Einsatz und spürt angeblich keine Berührungsangst. „Ich hatte eine schöne Zeit in Köln“, sagt der 23-Jährige fast ungläubig, räumt aber auch ein: „Das letzte halbe Jahr muss ich ausklammern. Das war natürlich nicht befriedigend.“ Nicht befriedigend ist noch gelinde ausgedrückt. Pezzoni bekam zum Ende seiner Kölner Zeit die geballte Wut der Fans zu spüren. Erst der Faustschlag im Karneval, der ihm einen Nasenbeinbruch einbrachte, dann die Bedrohung durch Hooligans vor der Haustür und bei Facebook, die pikanterweise nach dem schwachen Hinspiel des FC gegen Erzgebirge Aue (0:2) am 27. August hochkochten. Der Spieler zog die Reißleine und löste seinen Vertrag auf.

Während der 1. FC Köln damals beteuerte, in voller Verantwortung für den Spieler gehandelt zu haben, kritisierte Pezzoni die Vertragsauflösung später. Er hätte gern weiter am Rhein gespielt, doch ihm sei die vorzeitige Beendigung nahe gelegt worden. „Die restlichen Monate waren für meine Familie, meine Freunde und mich sehr doof, wir konnten kaum noch vor die Haustür gehen. So etwas gehört nicht in den Fußball. Zum Glück ist das aber vorbei und ich kann wieder frei aufatmen“, sagte der Abwehrspieler.

In Köln bemüht man sich vor dem Wiedersehen um Sachlichkeit. „Pezzo spielt jetzt für Aue und nicht mehr für uns. Einem ganz normalen Spiel steht nichts im Wege“, sagte FC-Trainer Holger Stanislawski. Der 43 Jahre alte Coach hatte den Fall an die Öffentlichkeit gebracht. „Ich denke, das ist keine Situation, die ihn oder mich besonders stark betrifft. Wir werden ihn ganz normal begrüßen, da gibt es überhaupt keine Probleme.“

Pezzoni will sich nun ganz auf seine neue Aufgabe in Aue konzentrieren. Im Erzgebirge fühlt sich der zweimalige U21-Nationalspieler wohl. „Hier ist alles sehr familär“, sagt der 80-malige Bundesligaspieler, der mit seiner Erfahrung den Aufwärtstrend der Sachsen vorantreiben soll. Nach dem Zwischenspurt von drei Siegen und einem Unentschieden hat sich die Mannschaft von Trainer Baumann vor der Winterpause auf Rang elf der Tabelle hochgearbeitet. Auf welcher Position Pezzoni bei seiner Heimkehr in die WM-Arena eingesetzt wird, blieb offen. Wahrscheinlich darf der gebürtige Frankfurter in der Innenverteidigung ran, weil dort Tobias Nickenig gesperrt ist. Im Testspiel gegen Lyngby BK (2:2) zeigte Pezzoni auf jeden Fall eine passable Leistung. „Ich werde es kurzfristig entscheiden“, sagte Baumann.

Nach einigen Monaten Auszeit, in denen sich Pezzoni mit seiner Verlobten Justin auch auf eine einsame Hütte in der Schweiz zurückzog, ist sein Kopf nun wieder frei. „Verein und Mannschaft haben mich super aufgenommen und ich bin einfach nur froh, endlich wieder Fußball spielen zu dürfen“, sagte er vor seinem ersten Spiel nach gut fünf Monaten.