Kölns Trainer Stanislawski hatte bestätigt, dass sie der Grund für die Vertragsauflösung waren. Nun sind auch die Behörden gefragt.

KÖLN. Zahlreiche Vertreter des deutschen Fußballs haben entsetzt auf die Drohungen und Anfeindungen gegen den ehemaligen Kölner Profi Kevin Pezzoni reagiert. Ligapräsident Reinhard Rauball verurteilte die Angriffe mutmaßlicher Hooligans scharf. „Das ist unter keinen Umständen akzeptabel. Jetzt muss endgültig für jedermann klar sein, dass es ab einem bestimmten Punkt keinerlei Toleranz mehr geben kann“, sagte Rauball der „Welt am Sonntag“. Dies sei der Fall, „sobald Gewalt, in welcher Form auch immer, im Spiel ist.“

Rauball sei sich sicher, „dass die Verantwortlichen des 1. FC Köln alle nötigen Konsequenzen aus dem Fall ziehen werden. Es ist traurig, dass es eine kleine Minderheit erneut geschafft hat, sich so Gehör zu verschaffen.“ BVB-Trainer Jürgen Klopp meinte beim „LigaTotal“: „Fakt ist, dass das definitiv alle Grenzen gesprengt hat. Das geht überhaupt nicht.“

Der ehemalige Trainer des 1. FC Köln, Ewald Lienen, forderte nach den Attacken härteres Vorgehen der Behörden und einen rigorose Bestrafung. „Wenn sogenannte Fans sich auf den Weg machen Spieler zu Hause bedrohen, ist das für mich ein Straftatbestand. Das ist kriminell!“ Da müsse die Polizei einschreiten und solche Leute einen Anzeige bekommen. „Das ist absurd, dem müssen wir einen Riegel vorschieben.“

Stuttgart Sportdirektor Fredi Bobic sprach in der TV-Sendung „Doppelpass“ in Sport1 von einem „Skandal, dass es einen kleine Gruppe geschafft hat, die Vertragsauflösung von Pezzoni zu erzwingen“. Solche Vorfälle würden derzeit eine gefährliche Dimension annehmen. „Gegenüber denen müssen wir Null Toleranz zeigen. Wir müssen sie verfolgen wie normale Straftäter.“

Bremens Sportdirektor Klaus Allofs stellte bei „Sky90“ fest. „Es ist eine Katastrophe, das so etwas überhaupt möglich ist.“ Wenn einer ausgepfiffen werde auf dem Platz, müsse man zeigen: „Das ist einer von uns. Wenn ihr gegen Spieler X seid, seid ihr auch gegen die Mannschaft und auch gegen den ganzen Verein.“

Trainer Holger Stanislawski vom Zweitligisten Köln hatte Teile der Fans für den Weggang von Pezzoni verantwortlich gemacht. „Es sind Dinge vorgefallen, die Kevin das Fußballspielen in diesem Club nicht mehr ermöglichen“, erklärte Stanislawski nach dem Training am Samstag. Am Freitag hatte der Club mitgeteilt, dass der Vertrag mit dem 23 Jahre alten Mittelfeldspieler in gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst wurde.

Es freue ihn, dass ihm viel Verständnis für seine Entscheidung entgegengebracht würde, schrieb der Profi auf seiner Facebook-Seite. „Und wie viel Unverständnis wir gemeinsam gegenüber Mobbing, Beleidigungen, Gewalt & Co. haben. Dies hat weder auf oder neben dem Platz, noch im privaten Umfeld etwas zu suchen.“ Er freue sich nun auf neue sportliche Herausforderungen, hieß es in einem Grußwort an die Fans auf der offiziellen Internetseite von Pezzoni. Dessen Vater Franco Pezzoni berichtete: „Ich hatte große Angst um meinen Sohn. Es ging einfach nicht mehr. Wir mussten der Sache ein Ende machen.“

In einem offenen Brief äußerte sich auch das Team des 1. FC Köln. „Wir alle kennen unsere Rolle und unsere Verantwortung. Doch wir lassen als Mannschaft nicht zu, dass einzelne Spieler von einzelnen Chaoten gedemütigt und persönlich angegangen werden. Wir erwarten Fairness und Respekt im Umgang mit jedem einzelnen Spieler“, hieß es.

Laut Stanislawski wurde Pezzoni in den vergangenen Tagen durch Hooligans massiv bedroht. „Eine Gruppe von Menschen lauerte ihm in dieser Woche vor seiner Wohnung auf. Er wurde angepöbelt, es ist ein Zustand, der sich über längere Zeit aufgebaut hat“, sagte der Coach. Die Vertragsauflösung sei deshalb zum Schutz des Profis vorgenommen worden. „Wenn ein Spieler Angst haben muss, auf die Straße zu gehen, dann sind eindeutig die Grenzen überschritten“, meinte Stanislawski erschüttert.

Der Club sprach sich erneut klar gegen Gewalt aus und kündigte Konsequenzen an. „Vorfälle, wie wir sie jetzt leider im Umfeld des Fußballs diskutieren, sind das Werk einiger weniger Störer und Chaoten, die mit ihrem Verhalten den gesamten Verein und seine Fans in Verruf bringen“, sagte FC-Präsident Werner Spinner laut einer Vereinsmitteilung am Sonnabendabend.

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Derartige Täter würden wie in der Vergangenheit konsequent ausgesperrt, betonte er. „Sie erhalten Stadionverbote, werden aus dem Verein ausgeschlossen – sofern sie Mitglieder sind – und der FC wird eng mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten, um auch strafrechtlich gegen sie vorzugehen.“

Das FC-Team übte im Schreiben an die Fans Solidarität mit Pezzoni und forderte, dass Berufliches und Privates getrennt bleiben: „Wenn es nicht rund läuft, akzeptieren wir eure Kritik. Vor allem aber brauchen wir eure Unterstützung, um uns weiter zu verbessern. Das Gros der Fans hat uns das in den vergangenen Spielen gezeigt. Das ist klasse. Wir werden nicht zulassen, dass einige wenige Störenfriede das Bild des FC in der Öffentlichkeit bestimmen.“

Der FC betonte, dass zwei Tage vor der beidseitigen Vertragsauflösung Pezzoni den Verein „über Vorgänge in seinem persönlichen Umfeld informiert“ habe. Mit der Beendigung des Kontrakts habe der FC einer ausdrücklichen Bitte des Spielers entsprochen.

Pezzoni war am 19. Februar tätlich angegriffen worden. Am Karnevalssonntag erlitt er nach der Attacke eines Unbekannten einen Nasenbeinbruch. Er musste operiert werden, kehrte aber wenige Tage später ins Mannschaftstraining zurück. Zudem sei Pezzoni in den zurückliegenden Tagen über Facebook beleidigt und bedroht worden. Pezzoni war seit 2008 für den 1. FC Köln aktiv gewesen und hatte unter anderem 80 Bundesligaeinsätze bestritten.