Der Schweizer siegt erstmals auf Sand gegen Nadal und stoppt dessen Serie von 81 Erfolgen.

Hamburg. Noch einmal baute er Körperspanung auf, lehnte sich leicht zurück und ballte die Fäuste. Dann eilte Roger Federer ans Netz, empfing die Glückwünsche seines Kontrahenten, ehe ihn sein Weg in seine Loge führte, um seiner Freundin und Managerin Mirka (29) küssend zu danken. 2002, als Federer erstmals am Rothenbaum gesiegt hatte, saß dort noch sein schwedischer Trainer Peter Lundgren, gestern klatschte sich unter anderen Boxweltmeister Wladimir Klitschko mit Federers Freundin ab. Aber wer wie Federer dreimaliger "Weltsportler des Jahres" ist, der siegt auch ohne Coach.

Diese Erfahrung machte am Sonntag auch Rafael Nadal (20). Den spanischen Power-Player besiegte der Schweizer Tennis-Stilist nach 1:55 Stunden im Finale mit 2:6, 6:2 und 6:0. Nadals beispiellose Siegesserie von 81 Erfolgen auf Sand seit April 2005 war damit ebenso Geschichte wie Federers vierter Sieg in der Hansestadt. "Ich habe mich in den vergangenen Jahren richtig in Hamburg verliebt", schickte Federer den warmherzigen Applaus der 12 600 Fans auf dem nicht ganz ausverkauften Centre-Court verbal auf die Tribünen zurück.

Nach der Bekanntgabe der Trennung von seinem australischen (Teilzeit-)Trainer Tony Roche - am Rothenbaum 1969 gegen den Niederländer Tom Okker siegreich - in der Vorwoche in Rom musste sich Federer erst neu finden. Und nach dem in 40 Minuten verlorenen ersten Satz gegen Nadal schien das ein vergebliches Unterfangen. Seine Fehler bei den Grundschlägen hielten sich nicht im Rahmen, zu oft traf der Weltranglistenerste den Filzball zu unpräzise. Muskelmann Nadal, dessen linker Schlagarm dem der Puppe "Big Jim" gleicht, nahm Federer dank seiner Topspin-Vorhand-Peitsche gleich zweimal den Aufschlag ab. Auch zu jenem Zeitpunkt, gab Federer in einer Art Selbstanalyse später preis, sei er noch von seinem Sieg überzeugt gewesen. "Als ich im Finale von Monte Carlo gegen Rafael stand, hatte ich keinen Plan", erzählte Federer. Nadal sei der Einzige, gegen den er sich einen zurecht legen müsse, schlussfolgerte der Alleskönner. Ergo nahm er sich vor, diesmal "immer aggressiv zu bleiben". "Du darfst dich gegen ihn nicht zurückfallen lassen und ihm die Winkel für seine Schläge bieten", sagte sich Federer.

Und siehe da, im zweiten Satz war plötzlich alles Roger! Zwar musste der Schweizer gegen den fitten Mallorquiner die Punkte weiter hart erarbeiten, als Federer mit einer krachenden Vorhand longline Nadal jedoch den Aufschlag zum 3:1 abnahm, kam er in richtig in Schwung. Mehr und mehr diktierte der Mann für alle Beläge das Geschehen, ließ Nadal per Rückhand longline oder Vorhand cross laufen und rückte ans Netz. Weil das auch Nadal tat, entwickelte sich ein Weltklasse-Match, das im dritten Satz unerwartet einseitig wurde: Federer hatte einen derartigen Lauf, dass er Nadal im sechsten Duell auf Asche nicht nur erstmals besiegte, erstmals unterlag der Spanier auf "seinem" Untergrund glatt mit 0:6. Das traumhafte Ende eines Albtraumes. Der weltbeste Sandmann dagegen ähnelte am Ende fast einem biederer Handwerker - und muss nun für die French Open nächste Woche in Paris trotz zweier Titel als Herausforderer gelten.

"Ich spiele besser als je zuvor. Wenn ich schon mal verliere, dann gegen ihn - er ist der Mann", lobte Nadal die Nummer eins. Der Weltranglistenzweite gestand: "Ich war heute doch etwas müde. Physisch war es okay, aber psychisch nicht ganz." Offenbar hatte Nadal der dramatische 2:6, 6:3, 7:5-Halbfinalsieg gegen Lleyton Hewitt (Australien) nach fast drei Stunden doch zugesetzt. Auch Federer hatte sich am Vortag beim 4:6, 6:4, 6:2 gegen Nadals Mentor Carlos Moya (30) erst freispielen müssen.

  • Im Doppel-Finale siegten die Brüder Bob und Mike Bryan (USA) 6:3, 6:4 gegen die Titelverteidiger Hanley/Ullyett (Australien/Simbabwe).